437/A XX.GP
Antrag
der Abgeordneten Dr. Haider, Rosenstingl und Kollegen
auf Durchführung einer Prüfung durch den Rechnungshof gemäß §99(2) GOG
Der Nationalrat wolle beschließen:
Der Rechnungshof wird mit einer Sonderprüfung der Gebarung des Bundesministerium für
Verkehr, der HL-AG und der ÖBB hinsichtlich der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und
Zweckmäßigkeit des Projektes Semmeringbasistunnel unter Berücksichtigung der bisher
gesammelten Erfahrungen sowie der geplanten Finanzierungsmodelle in allen Varianten
beauftragt.
Begründung:
Bereits seit Jahren bestehen massive Zweifel an der Sinnhaftigkeit, vor allem aber der
Wirtschaftlichkeit der Errichtung des Semmeringbasistunnels, Vor allem die Tatsache, daß hier-
eine teure Investition in eine Bahnstrecke erfolgen soll, die in absehbarer Zeit für den
Fernverkehr durch eine gänzlich anders trassierte Neubaustrecke ("Südostspange), für die es
auch schon in Gestalt der Erklärung zur Hochleistungsstrecke die ersten Rechtsakte gibt,
zumindest teilweise ersetzt werden soll, erscheint alles andere als im Interesse des sparsamen
Umganges mit öffentlichen Mitteln gelegen.
Die in diesem Zusammenhang stets als Begründung herangezogene Studie der Firma "Prognos"
über die Wirtschaftlichkeit und verkehrspolitische Bedeutung des Tunnels wurden bereits vor
Jahren vom Rechnungshof insoferne kritisiert, als es ihr jedenfalls nicht gelingt, die betriebs-
und volkswirtschaftliche Sinnhaftigkeit ohne schwerwiegende Einschränkungen nachzuweisen.
Entscheidende Punkte waren dabei aus der Sicht des Rechnungshofes:
* Wichtige Pro-Argumente werden sogar von Prognos in Teilbereichen widerlegt,
* Das Prognos-Gutachten errechnet große Vorteile aus der Einrichtung einer derzeit nicht
nachgefragten, jedoch zuschußträchtigen ("ökonomisch und ökologisch suboptimalen")
Verkehrsart (inländische Rollende Landstraße).
* Die im Bundesbahngesetz 1992 bereits vorgegebene Schwerpunktverlagerung weg von den
(inländischen) Gütersubventionen wird nicht berücksichtigt.
* Sie berücksichtigt nicht die Tatsache, daß die Vor- und Nachlaufstrecken und nicht der
Paßübergang über den Semmering den eigentlichen Leistungsengpaß darstellen.
Doch auch die Durchführung der bisherigen Arbeiten, die bereits eine gewaltige
Kostenexplosion erkennen läßt - alleine der Sonderstollen kostet nach aktuellen Schätzungen
mit knapp einer Milliarde etwa das Doppelte der vorgesehenen Summe - weist darauf hin, daß
hier die Vorbereitungen in rechtlicher wie technischer Hinsicht unzulänglich gewesen sein
müssen. Eine analoge Kostenexplosion ist daher auch bei der Errichtung des Haupttunnels zu
befürchten.
Letztlich ist auch der offensichtliche Mißerfolg bei der Suche nach privaten
Finanzierungsformen, die ja ausdrücklich staatliche Garantien ausschließen sollten,
festzustellen: Die in der Amtszeit des nunmehrigen Bundeskanzlers Klima als Verkehrsminister
begonnene und mehrfach verlängerte Interessentensuche war ausdrücklich auf eine reine
Privatfinanzierung ausgerichtet, wobei das private Konzessionskonsortium laut Klima die
Refinanzierung über eine "Art Mautgebühr" durchführen sollte, die dann von den ÖBB zu
bezahlen wäre.
Genau dieser Punkt erweist sich nun aber als undurchführbar: Weil die Errichtungskosten
insgesamt steigen, würde diese "Mautgebühr", das Benutzungsentgelt, derartige Hohen (bis zu
1 Mrd. S/Jahr, also rund ein Viertel der derzeit für sämtliche ÖBB-Strecken gezahlten Summe! )
erreichen, daß der ÖBB-Chef Draxler bereits seit geraumer Zeit warnt, die ÖBB konnten sich
dies keinesfalls leisten ("In ganz Europa gibt es kein Infrastrukturprojekt, daß sich mir aus
Benutzungsentgelten finanzieren kann. Private-Partnership mit privater Mehrheit ist
kein geeignetes Modell zur Finanzierung großer Infrastrukturprojekte"), was zuletzt in der
Forderung nach einer öffentlichen Finanzierung gipfelte. Dies sei auch deswegen sinnvoll, weil
eine teilweise Privatfinanzierung ohnedies nur den Nachteil weniger günstiger Zinsen als für
den Bund (Triple-A) mit sich brachte.
Darüber hinaus zeigt sich, daß die privaten Anbieter keineswegs bereit sind, ohne staatliche
Garantien zu investieren, womit klar ist, daß der Steuerzahler nicht nur einen Großteil der
Kosten, sondern darüber hinaus das volle Risiko zu tragen hatte.
Es zeigt sich also, daß die seinerzeit - im Hinblick auf die behauptete Wirtschaftlichkeit -
zugesagte echte Privatfinanzierung offensichtlich unmöglich ist, weil das Projekt eben
einerseits wesentlich teurer und andererseits weniger einträglich, damit insgesamt unwirtschaftlicher
ist als zunächst angegeben.
Um diesen Sachverhalt rechtzeitig, also vor der endgültigen Auftragsvergabe einer objektiven
Beurteilung zu unterziehen, erscheint es erforderlich, daß der Rechnungshof aufgrund der
bisher vorliegenden Erfahrungen (insbesondere im Zuge der Errichtung des Erkundungstollens)
und Planungen sowie der Erfahrungen mit vergleichbaren Projekten im In- und Ausland die
Sinnhaftigkeit und Wirtschaftlichkeit des Projektes selbst sowie der vorgesehenen
Finanzierungsformen prüft. .
In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Sonderprüfung gemäß §99(2) GOG aufgrund der Unterstützung
durch 20 Abgeordnete ohne Beschluß des Nationalrates durchzuführen.