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der Abgeordneten Dr. Kier und Partner/innen
betreffend Novellierung der Fremdengesetze
Die bisherige Vollzugspraxis der 1991 -93 erlassenen bzw. in Kraft getretenen
Fremdengesetze hat eine Reihe gravierender Mängel ergeben, die dringend zu
beheben sind. Der Verfassungsgerichtshof mußte bezüglich Formulierung und
Auslegung des Aufenthalts-, Fremden- und Asylgesetzes schon mehrmals
korrigierend eingreifen; Flüchtlings- und Ausländerhilfsorganisationen sowie
engagierte Rechtsanwälte haben wiederholt aufgezeigt, daß aufgrund der Gesetzes-
lage systematisch Flüchtlinge in Länder abgeschoben werden, wo sie weiterhin
Verfolgung ausgesetzt oder monatelang in Schubhaft genommen werden und daß
langjährig im Land befindlichen ausländischen Mitbürgern das Aufenthaltsrecht
entzogen oder ihnen die Familienzusammenführung verweigert wird.
ln diesem Zusammenhang hat beispielsweise auch das lnstitut für Höhere Studien in
der Studie ''lntegrationsindex zur rechtlichen lntegration von Ausländerlnnen in
ausgewählten europäischen Ländern'' (Wien, 1995) festgehalten, daß Österreich
bezüglich lntegration von Ausländern den schlechtesten Koeffizienten aller
untersuchten Staaten aufzuweisen hat, was den lntegrationsgrad von Ausländern in
Östereich betrifft.
ln Österreich ansässige Vertreter des UN-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR),
das 1994 feststellte, daß Österreich kein sicheres Drittland sei, haben nicht nur wie
Amnesty lnternational, Caritas und andere Menschenrechtsorganisationen die
Fremdengesetze kritisiert, sondern beispielsweise auch einen konkreten Reform-
vorschlag für das Asylgesetz vorgebracht.
Und schließlich hat der Bundesminister für lnneres im September 1995 eine
''Diskussionsgrundlage'' für ein Fremdenrechtsänderungsgesetz vorgestellt, das
bereits einige Grundsätze für menschlichere Ausländergesetze enthielt, vor allem,
was den Familiennachzug, die Aufenthaltsverfestigung und die Asyl-Drittlandklausel
betrifft. Doch die bisher vorgeschlagenen Reformen sind halbherzig urd konnten
überdies nicht einmal bei den Regierungsparteien durchgebracht werden.
lnnenminister Einem hat für Januar 1995 einen weiteren Gesetzesentwurf
angekündigt, der auch andere als die bisher vorgeschlagenen Änderungen
enthalten sollte.
Folgende Grundsätze müssen bei einer Novellierung der Fremdengesetze
umgesetzt werden:
- Das Recht auf Familienleben ist in der Europäischen Menschenrechtskonvention
verbrieft (Art. 8 MRK). Daher sind Familienzusammenführungen aus der jährlichen
Quotenverordnung auszunehmen und im Falle einer eventuellen Verhängung eines
Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung der Schutz des Privat- und
Familienlebens (§ 19 FrG) stärker gesetzlich zu verankern.
- Studenten und Hochschulpersonal sind von den Bestimmungen des Aufenthalts-
gesetzes auszunehmen, da ihr Aufenthalt von den Hochschulstudiengesetzen
ausreichend determiniert ist.
- Ehepartner und Kinder von Österreichern haben automatisch und sofort eine
Aufenthaltsberechtigung zu erhalten. Scheinehen werden durch die derzeit
festgelegte halbjährige Wartefrist eher begünstigt.
- Maßnahmen zur Aufenthaltsverfestigung: Ausländer müssen nach fünfjährigem
Aufenthalt einen Rechtsanspruch auf eine unbefristete Aufenthaltsbewilligung
erhalten. Nach 8 Jahren Aufenthalt darf ein Aufenthaltsverbot nicht mehr erlassen
werden. Die ''zweite Generation'' (in Österreich aufwachsende Kinder von
Ausländern) darf von Sichtvermerksversagung und Aufenthaltsverboten ebenfalls
nicht erfaßt werden und sollte automatisch ein unbefristetes Aufenthaltsrecht
erhalten.
- lm Asylgesetz ist die Drittlandklausel dahingehend zu ändern, daß Flüchtlinge nicht
in Drittstaaten abgeschoben werden dürfen, wenn sie dort zwar sicher waren, aber
in Zukunft nicht mehr sicher sind und kein faires Asylverfahren garantiert ist, was in
jedem Einzelfall zu überprüfen ist. Auch muß es Flüchtlingen ermöglicht werden, auf
dem Landweg legal nach Österreich einzureisen.
- Das vorläufige Aufenthaltsrecht muß jedem Asylwerber bis zum rechtskräftigen
Abschluß seines Verfahrens gewährt werden. Flüchtlinge dürfen nicht mehr während
eines laufenden Verfahrens in Schubhaft genommen werden - auch dann nicht,
wenn sie sich nicht ausweisen können. Nach Ende des Asylverfahrens ist ein
vorläufiges Aufenthaltsrecht zu gewähren, wenn der abgewiesene Asylwerber in
kein anderes Land abgeschoben werden kann.
- ln allen Ausländer betreffenden Angelegenheiten dürfen etwaige fremden-
polizeiliche Maßnahmen erst dann ergriffen werden, wenn Verfahren nach dem
Aufenthalts-, Fremden- oder Asylgesetz letztinstanzlich abgeschlossen wurden und
Rechtskraft erlangt haben.
- Für Zuwanderer und im lnland lebende Ausländer ist durch eine bessere
Koordination und Anpassung der Fremden- und Sozialgesetze (vor allem Asyl-,
Fremden-, Ausländerbeschäftigungs-, Beschäftigungssicherungsgesetz und
verschiedene Bestimmungen im ASVG) eine höhere Rechtssicherheit zu schaffen.
ln diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für lnneres wird auf-
gefordert, umgehend einen Gesetzesentwurf für eine Novellierung der Fremden- und
Sozialgesetze im Sinne der in der Begründung zu diesem Antrag formulierten
Grundsätze dem Nationalrat vorzulegen.
In formellen Sinn wird beantragt, den Antrag dem Ausschuß für Innere Angelegen-
heiten zuzuweisen