551/AE XX.GP
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde
betreffend Nicht - Ratifizierung der derzeitigen Fassung der Menschenrechtskonvention
zur Biomedizin (früher Bioethik - Konvention) des Europarates durch Österreich
Die Menschenrechtskonvention zur Biomedizin (besser bekannt unter dem früheren Namen
Bioethik-Konvention) wurde am 19.11,1996 im Europarat verabschiedet. Es fehlt noch die
Ratifizierung durch mindestens 5 Mitgliedsstaaten, damit die Konvention in Kraft tritt, die
mehr als 740 Mio. Menschen in Europa betrifft.
Mit dem Argument, die Konvention enthalte lediglich Mindeststandards, weiterreichende
nationale Vorschriften können beibehalten werden und in Zusatzprotokollen werden noch
strittige Fragen geklärt werden, hat auch Österreich im November der Konvention
zugestimmt.
Es besteht jedoch die Gefahr, daß wegen der Konkurrenz der Forschungsstandorte der
Druck ausgeübt wird, die nationalen ethischen Standards bei der Forschung und
Anwendung von Biologie und Medizin nach unten anzugleichen. Nur durch eine
überarbeitete, den Maßgaben der bestehenden völkerrechtlichen ethischen Standards
folgende Konvention, kann ein ethischer Dammbruch verhindert werden.
Vor allem folgende schwerwiegende Kritikpunkte machen es unserer Meinung nach
unmöglich, die Konvention zum jetzigen Zeitpunkt zu ratifizieren:
1. Dem Schutz von nicht einwilligungsfähigen Menschen, das sind Neugeborene, Kinder,
geistig Behinderte, Demenz- oder Alzheimerkranke, Notfall- oder Schlaganfallpatienten
wird nicht Rechnung getragen. Fremdnützige Forschung an diesem Personenkreis wird
möglich gemacht.
Das Menschenrechtsübereinkommen zur Biomedizin fällt damit hinter bestehende
völkerrechtliche Grundsätze, wie zum Beispiel den Nürnberger Ärztekodex von 1947,
zurück.
2. Die Schutzstandards für Embryonen sind nicht ausreichend gewährleistet. Mit der
Beschränkung auf einen "angemessenen Schutz des Embryos“ ist die verbrauchende
Embryonenforschung nicht hinreichend rechtsklar ausgeschlossen.
3. Verfahren und verbindliche Aussagen für die Zulassung von Gentests sowie
datenschutzrechtliche Bestimmungen zur Weitergabe der Ergebnisse genetischer Tests
fehlen völlig.
4. Es fehlt weiterhin ein Verbot der Patentierbarkeit menschlicher Gene.
5. Nur die Auswahl des Geschlechts eines Kindes ist nach dem Konventionstext bei der
Anwendung von Techniken der Fortpflanzungsmedizin grundsätzlich unzulässig. Andere
Selektionskriterien sind nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Damit wird eine Option für
eine eugenisch begründete Auswahl von Embryonen offengelassen.
6. Die rechtlichen Instrumentarien sind nicht geeignet, um die in dem Übereinkommen
enthaltenen Rechte und Grundsätze mit der notwendigen Rechtssicherheit und
Rechtsklarheit durchzusetzen.
Vor allem fehlt eine Individualklagemöglichkeit vor dem Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte, von Personen gegen die Verletzung von Bestimmungen aus diesem
Abkommen, selbst wenn sie selbst geschädigt worden sind. Patientenverbände und
Behindertenorganisationen können auch nicht im Rahmen der Verbandsklage Verstöße
gegen die Konvention geltend machen. Auf Ersuchen der Vertragsparteien kann der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte lediglich beratende Stellungnahme zu
Rechtsfragen abgeben.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Menschenrechtskonvention zur Biomedizin
(früher Bioethik-Konvention) des Europarates nicht zu ratifizieren.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Außenpolitischen Ausschuß vorgeschlagen.