XX.GP.-NR

555/A(E)

 

Dringlicher Antrag

 

des Abgeordneten Rudolf Anschober, Freundinnen und Freunde

 

betreffend "Heeresgeheimdienste - 12 Jahre Wildwuchs sind genug"

 

April 96: Zusammenlegung der Geheimdienste

 

"Für die Auflösung des Heeresnachrichtenamtes (HNA) sprach sich am Montag SPÖ-Klubobmann Peter Kostelka in einer Pressekonferenz aus. Die Geheimdienste im Innen- und im Verteidigungsministerium sollten in eine Einrichtung zusammengelegt und der gesamten Bundesregierung unterstellt werden. In der Staatspolizei soll demnach nur der "operative Teil" verbleiben, im Verteidigungsressort das Abwehramt als "militärischer Abwehrschirm" für das Bundesheer. Er, Kostelka, möchte diese Zusammenlegung der Geheimdienstaktivitäten im Zuge der geplanten Reform der STAPO noch in diesem Jahr auf eine gesetzliche Basis stellen.

 

Nach Ansicht Kostelka's sind zwei Geheimdienste nicht notwendig, Parallelstrukturen müßten beseitigt werden. Darüber hinaus dürften Geheimdienste nicht "Privateigentum" von Ministern sein. Die zusammengefaßte nachrichtendienstliche Einrichtung sollte daher der gesamten Bundesregierung unterstellt werden. "Es kann z.B. nicht so sein, daß der Außenminister nicht weiß, wie die internationale Sicherheitslage vom HNA eingeschätzt wird." Jedenfalls will Kostelka diese Neugestaltung der Geheimdienste im Zuge der STAPO-Reform umsetzen. "Man wird über das eine nicht reden können, ohne das andere zu sehen", so der SPÖ-Klub-Chef." (APA vom 15.4.1996)

 

"Verteidigungsminister Werner Fasslabend unterstrich die strikte Ablehnung seines Ressorts für eine Zusammenlegung der Herresnachrichtendienste mit der Staatspolizei. Das Heeresnachrichtenamt genieße "höchste internationale Anerkennung" und er werde es "sicherlich nicht zulassen, daß etwas mit dieser hervorragenden Qualität demontiert werden soll."

 

Die Einrichtung der Heeresnachrichtendienste und die Festlegung ihrer Kompetenzen muß nach Meinung Fasslabend's nicht gesetzlich geregelt sein - "auch bei allen anderen Ämtern ist das gesetzlich nicht geregelt", meinte er. Auf die Frage der mangelnden Transparenz des HNA und des Heeresabwehramtes meinte er, es liege "in der Natur der Sache", daß nicht alle Angelegenheiten in die Öffentlichkeit gelangen. Im betreffenden Unterausschuß könne aber "alles gefragt werden". (APA vom 16.4.1996)

 

Tatsächlich ist die momentane Organisation des Heeresabwehramtes und des Heeresnachrichtendienstes und insbesondere die Arbeit dieser beiden Dienste für jeden Bürger dieses Landes undurchschaubar und auch politisch unkontrollierbar. Im Lauf der Zeit ist in völligem politischen Wildwuchs ein Staat im Staat entstanden - konkrete gesetzliche Arbeitsrahmen fehlen.

 

Nach einem schrittweisen Wachsen ab 1955 und einer offiziellen Gründung 1972 wurde der Nachrichtendienst 1985 in zwei Teile zerschlagen. Zu diesem Zeitpunkt erfolgten erste politische Weisungen über den generellen Arbeitsrahmen, aber auch seit diesem Zeitpunkt erfolgte keinerlei konkrete gesetzliche Verankerung in den wesentlichen Arbeitsbereichen.

 

Während im Bereich der Exekutive ein Sicherheitspolizeigesetz geschaffen wurde, fehlen entsprechende Regelungen für die Heeresdienste nach wie vor.

 

Eine effiziente politische Überprüfung der Arbeit der beiden Heeresnachrichtendienste ist derzeit aufgrund der fehlenden Kontrollbefugnisse der zuständigen Kontroll-Unterausschüsse nicht möglich. Die österreichischen Regelungen für die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste liegen deutlich unter dem Niveau der restlichen EU-Länder. Die Debatten im parlamentarischen Kontrollausschuß des Nationalrates haben dies vollinhaltlich bestätigt. So wurde bis heute selbst dem Abgeordneten Anschober verweigert, Einsicht in seinen eigenen Akt zu nehmen.

 

Laut APA-Aussendung des damaligen Sicherheitssprechers der SPÖ, Robert Elmecker, "stellt sich nämlich die Frage, welchen personellen und materiellen Aufwand das Verteidigungsministerium für die Heeresnachrichtendienste einsetze und welchen Nutzen dies für den Staat bringe. Die beiden Heeresnachrichtendienste seien mindestens so reformbedürftig wie die Staatspolizei, weshalb es auch keine Tabus in dieser Diskussion geben könne. Außerdem müsse die Koordinierung, wie bereits im Koalitionsübereinkommen festgehalten, zwischen den Diensten verbessert werden. Selbstverständlich sei die Rechtsgrundlage für die Tätigkeit der Heeresdienste unzureichend, ergänzte der SP-Sicherheitssprecher.

 

"Elmecker betonte weiters, daß die Aussagen des Verteidigungsministers hinsichtlich der internationalen Anerkennung und der hervorragenden Qualität des Heeresnachrichtenamtes zu hinterfragen seien. Bei manchen Lageberichten des Nachrichtenamtes dränge sich nämlich der Verdacht auf, daß die Urheberrechte nur bedingt bei der österreichischen Stelle liegen müssen." (siehe auch APA vom 17.4.1996)

 

 

Juli 96: Angeblich Einigung über die Zusammenarbeit der drei Geheimdienste

 

"Die drei Geheimdienste Staatspolizei, Heeresnachrichtenamt und Abwehramt werden ab 1997 enger zusammenarbeiten. Die Nachrichtendienste werden der Kontrolle der gesamten Bundesregierung und nicht nur des jeweiligen Ministeriums unterstehen. Darauf haben sich Innenminister Caspar Einem und ÖVP-Klubobmann Andreas Khol geeinigt. Nachrichtendienste werden künftig von einem Regierungsbeirat kontrolliert, bestehend aus dem Kanzler und den Ressort-Chefs für Inneres, Äußeres, Verteidigung und Justiz. Laut Einem werde mit der engeren Zusammenarbeit die politische Auftragslage für die Geheimdienste klarer. Vor allem würden sie vom Geruch befreit, Privatarmeen einzelner Politiker zu sein. Die Schaffung einer gemeinsamen Regierungs-Oberhoheit über die Geheimdienste des Innen- und Verteidigungsministeriums bedarf einer Gesetzesänderung, die Einem vorbereitet und die im Herbst beschlossen werden soll. Mit der Einigung ist ein Fortschritt im Kapitel Sicherheit des Arbeitsübereinkommens der Koalitionsregierung erzielt worden. Im Übereinkommen heißt es wörtlich: "Die Zusammenarbeit der Staatspolizei, des Heeresnachrichtenamtes und des Abwehramtes ist zur Erstellung von Sicherheitsanalysen und Lagebildern zu intensivieren." (APA vom 26.7.1996)

 

Laut APA-Aussendung vom 29.11.1996 drängte die SPÖ auf eine rasche gesetzliche Realisierung zur besseren Kontrolle der Geheimdienste. Zu diesem Zweck hat Klubobmann Peter Kostelka im Nationalrat einen Antrag über die Aufgabenbefugnisse und Kontrolle vom staatspolizeilichen Nachrichtendienst, Heeresnachrichtendienst und Heeresabwehrdienst eingebracht. Laut "Salzburger Nachrichten" sagte ÖVP-Klubobmann Andreas Khol Verhandlungen über den Antrag zu. Kostelka will eine Umsetzung noch in der ersten Hälfte des Jahres 1997 erreichen.

 

Den Heeresgeheimdiensten und auch der Staatspolizei soll es erschwert werden, immune Abgeordnete und oberste Staatsorgane zu bespitzeln und die Ergebnisse an die Öffentlichkeit zu tragen. Zum Zwecke der Koordinierung soll eine "Staatsschutzkommission" eingerichtet werden. Dieser gehören ein vom Bundeskanzler zu bestimmender Staatssekretär im Kanzleramt als Vorsitzender an, ferner der Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, der Generaltruppeninspektor, der Generalsekretär im Außenministerium und die vom jeweils zuständigen Minister mit der Leitung eines Dienstes beauftragten Beamten. Die Staatsschutzkommission hat dem Staatsschutzrat nach Ablauf eines Kalenderjahres binnen dreier Monate schriftlich über die Tätigkeit der Dienste in diesem Kalenderjahr zu berichten. Dem Staatsschutzrat gehören der Bundeskanzler, die Minister für Auswärtige Angelegenheiten, Inneres Justiz und Landesverteidigung an.

 

September 97: Entwurf des BMLV betreffend ein Militärbefugnisgesetz

 

Anfang August 1997 wurde nun vom Bundesministerium für Landesverteidigung ein Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über Aufgabenbefugnis im Bereich der militärischen Landesverteidigung (Militärbefugnisgesetz-MBG) erarbeitet und den Parlamentsklubs der Regierungsparteien sowie dem hauptbetroffenen Innenministerium zur Vorbegutachtung übermittelt. Dieses Militärbefugnisgesetz hat im wesentlichen folgenden Inhalt:

 

Organe, militärische Bereiche:

Gemäß § 3 sollen militärische Organe nach diesem Bundesgesetz Soldaten und Angehörige der Heeresverwaltung sein. Die militärischen Bereiche umfassen neben den militärischen Dienststellen und Anlagen auch den Raum militärischer Übungen sowie Bereiche außerhalb dieses Einsatzraumes, die für die Erfüllung des Einsatzzweckes von Bedeutung sind und außerdem die Standorte von Heeresgut. Heeresgut sind alle beweglichen Sachen, die die militärischen Organe benützen (§ 4). Dies würde bedeuten, daß jeder temporäre Standort etwa eines Heeresfahrzeuges und dessen nicht definierte Umgebung zum "militärischen Bereich" werden würde, in dem die "Militärischen Organe" sämtliche neuen Befugnisse ausüben könnten.

 

Das heißt in letzter Konsequenz, daß das gesamte Bundesgebiet militärischer Bereich sein kann.

 

Besonderer Aufgabenbereich der militärischen Organe:

Die besonderen Aufgaben der militärischen Landesverteidigung umfassen lt. diesem Gesetzesentwurf

_SONDZEICHEN 224 \f "Symbol" \s 11 \h_ den Schutz und die Sicherung von nichtmilitärischen Personen, soweit dies im Interesse der Landesverteidigung erforderlich ist,

_SONDZEICHEN 224 \f "Symbol" \s 11 \h_ die militärische Luftraumüberwachung,

_SONDZEICHEN 224 \f "Symbol" \s 11 \h_ die nachrichtendienstliche Aufklärung insbesondere zur Sicherung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres dienen soll sowie

_SONDZEICHEN 224 \f "Symbol" \s 11 \h_ die nachrichtendienstliche Abwehr, die einen möglichst hohen Grad an militärischer Sicherheit garantieren soll. Dazu gehört neben der Sicherung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres auch die Abwehr mit gerichtlicher Strafe bedrohter Handlung gegen nichtmilitärische Personen, an deren Schutz und Sicherung die Landesverteidigung Interesse hat sowie gegen Sachen wie zB Heeresgut. Damit umfaßt die nachrichtendienstliche Abwehr praktisch alle Aufgaben, die der Sicherheitspolizei lt. unserem BVG vorbehalten sind. Diese Regelung widerspricht aber auch den Bestimmungen der Strafprozeßordnung. Mit diesem Entwurf wird praktisch neben der Sicherheitspolizei eine Militärbehörde mit allumfassenden Aufgaben eingerichtet.

 

Befugnisse:

Zur Aufgabenerfüllung wurden den militärischen Organen lt. dem vorliegenden Gesetzesentwurf Befugnisse eingeräumt, die weit über die der Sicherheitspolizei hinausgehen.

 

Personenkontrolle:

Gemäß § 18 sollen militärische Organe unter anderem berechtigt sein, Personenkontrollen durchzuführen, wenn sie annehmen, daß von diesen Personen eine Gefahr für die Erfüllung der Aufgaben der militärischen Landesverteidigung ausgehen. Unter diesem Aspekt kann praktisch jede Person von Organisationen, die sich kritisch zum Bundesheer äußern, bzw. Personen von Zivildienstorganisationen ohne Angaben von weiteren Gründen kontrolliert werden.

 

Festnahme von Personen:

Weiters sind die militärischen Organe berechtigt, Personen vorläufig festzunehmen, wenn sie einer gerichtlich strafbaren Handlung verdächtigt werden und zwar zur sofortigen Feststellung des Sachverhaltes und im Fall von Verwaltungsübertretungen zur Vorführung der Vollzugsbehörde erster Instanz.

 

Personendurchsuchung:

Gemäß § 22 können militärische Organe Personen durchsuchen, wenn sie zB Zeugen einer gerichtlich strafbaren Handlung sind ("mit einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung gegen Personen oder Sachen in Zusammenhang stehen") oder einen Gegenstand bei sich haben, von dem eine Gefahr für die Erfüllung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung ausgeht, das heißt, Journalisten, die Recherchen betreffend die militärische Landesverteidigung anstellen, können jederzeit durchsucht werden. Aus den gleichen Gründen können militärische Organe bei Gefahr im Verzug Grundstücke und Häuser betreten und durchsuchen.

 

Sicherstellung von Sachen:

Gemäß § 24 sollen die Organe berechtigt sein, Sachen zu beschlagnahmen wenn dies zur Erfüllung von Einsatzaufgaben im Einsatzraum (Übungsgebiet) erforderlich ist.

 

Unmittelbare Inanspruchnahme von Leistungen:

Gemäß § 34 darf im Rahmen einer Übung jeder Soldat während einer militärischen Übung Leistungsgegenstände unmittelbar in Anspruch nehmen, die sich im Einsatzraum befinden, wenn dies zur Erfüllung der Einsatzaufgabe unerläßlich ist, d.h., jeder Soldat kann im Rahmen einer militärischen Übung Fahrzeuge privater Personen in Anspruch nehmen, wenn dies zur Erreichung des Übungszieles notwendig ist (§ 41).

 

Unmittelbare Zwangsgewalt:

Zur Durchsetzung dieser Rechte dürfen die militärischen Organe unmittelbare Zwangsgewalt ausüben und zwar auch durch körperliche Gewalt, Hilfsmittel der körperlichen Gewalt und Diensthunde, dienstlich zugelassene Waffen sowie unter Verwendung aller anderen Arten von Waffen, wenn keine geeignet erscheinende Dienstwaffe zur Verfügung steht.

 

Waffengebrauch:

Gemäß § 45 ist der Waffengebrauch zur Verhinderung jeder strafbaren Handlung, zur Überwindung des Widerstandes gegen eine Befugnisausübung oder zur Abwehr einer von einer Sache drohenden Gefahr für Personen oder Sachen zulässig, wenn andere Mittel keinen Erfolg versprechen.

 

Lebensgefährdender Waffengebrauch:

Zur Erzwingung der Festnahme oder Verhinderung der Flucht einer Person, die einer gerichtlich strafbaren Handlung verdächtigt wird, ist selbst mit Lebensgefährdung verbundener Waffengebrauch zulässig. Gegen Unbeteiligte ist ein lebensgefährdender Waffengebrauch auch dann zulässig, wenn dies unvermeidbar erscheint, um eine Menschenmenge von Gewalttaten abzuhalten, die die Sicherheit von Personen oder Sachen (Beschädigung von Heeresgut!) gefährden. Im Rahmen der militärischen Landesverteidigung (einsatzähnliche Übung) ist der lebensgefährdende Waffengebrauch auch ohne den oben angeführten Voraussetzungen erlaubt.

 

Datenermittlung-, verarbeitung und Observation (Lauschangriff & Rasterfahndung):

Die militärischen Dienststellen dürfen zur nachrichtendienstlichen Aufklärung und Abwehr praktisch sämtliche Daten ermitteln, verarbeiten und aktualisieren, wobei die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes wesentlich eingeschränkt werden sollen. Die Datenermittlung betreffend alle Personen, die sich kritisch zum Bundesheer äußern oder verhalten ("eine Gefährdung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres zum Ziel hat") ist mit der Begründung der Verhinderung gerichtlich strafbarer Handlungen durch Observationen, Einholung von Auskünften und mittels Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten möglich.

 

Dies bedeutet, daß nach diesem Gesetzesentwurf sich das Militär die Möglichkeit eines völlig unkontrollierten Lauschangriffes einräumen will. Ebenso ist durch die Ermöglichung der Datenermittlung aus anderen nichtmilitärischen Dienststellen sowie deren Verknüpfung jederzeit ein "Rastern" möglich. Lauschangriff und Rasterfahndung wurden im Bereich des Innenministeriums jahrelang diskutiert und gegen den vehementen Widerstand von Grünen, Datenschützern und Bürgerrechtsaktivisten nun doch beschlossen - beim Militär sollen sie ohne jegliche Begleitkontrolle, ohne jegliche richterliche Genehmigungspflicht durch die Hintertür Wirklichkeit werden.

 

Zum Zwecke des Schutzes von Personen und Sachen dürfen Daten auch von Personen, die sich im räumlichen Umfeld aufhalten, ermittelt und verarbeitet werden. Eine Auskunft ist abweichend von der vierwöchigen Frist im Datenschutzgesetz erst binnen drei Monaten zu erteilen und kann mit dem Argument, daß die militärische Sicherheit oder die Einsatzbereitschaft des Bundesheeres gefährdet oder beeinträchtigt würde, also mit demselben Argument, mit dem die Daten ermittelt werden können, verweigert werden.

 

Platzverbot und Wegweiserecht:

Gemäß § 19 soll der Bundesminister für Landesverteidigung ermächtigt werden, per Verordnung ein Platzverbot in einem militärischen Bereich (Umfeld eines Heeresfahrzeuges) auszusprechen, wenn angenommen wird, daß im großen Umfang die Erfüllung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung verhindert oder behindert werden, wobei diesbezüglich den militärischen Organen ein Wegweiserecht, also auch mit Zwangsgewalt (Waffengebrauch), eingeräumt wird.

 

Resümee:

Zusammengefaßt kann gesagt werden, daß lt. diesem Entwurf für ein Militärbefugnisgesetz zwar der konkrete Rahmen für die Heeresgeheimdienste nicht geklärt wird, dafür jedoch eine Serie neuer Befugnisse für das Militär fixiert wird - statt eines Militärbefugnisgesetzes wurde ein Militärermächtigungsgesetz geschaffen.

 

Mit diesem Gesetz würde ein Staat im Staat errichtet und der Willkür Tür und Tor geöffnet werden. Allein die Tatsache, daß dieser Entwurf die Zustimmung der militärischen Behörden findet, zeigt in erschreckendem Maße, welche demokratische Gesinnung offensichtlich zumindest bei Teilen der Behörden unserer Landesverteidigung vorherrschen und stärken daher die Zweifel, wieweit die Militärbehörde die Aufgaben einer umfassenden Landesverteidigung, wie sie in Artikel 9a BVG festgelegt sind, nämlich die Aufrechterhaltung und Verteidigung der immerwährenden Neutralität und den Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit sowie die demokratischen Freiheiten der Einwohner zu schützen, überhaupt erfüllen wollen.

 

In Sachen Neutralität besonders bizarr und unverträglich ist auch die geplante Legitimierung einer Datenweitergabe an ausländische Militärbehörden, sofern dies den Interessen dieser ausländischen Militärbehörden dient.

 

Status quo

 

Derzeit werden von den Heeresnachrichtendiensten pro Jahr nach Schätzungen der Grünen ca. 5.000 Akten mit personenbezogenen Daten bearbeitet. Das Budget der Heeresnachrichtendienste für die technische und personelle Ausrüstung übersteigt bei weitem das der STAPO. Konkrete Rechte der betroffenen BürgerInnen, wie sie im Sicherheitspolizeigesetz für die STAPO festgelegt sind, gibt es nicht. Eine Akteneinsicht für die betroffenen BürgerInnen wurde bis heute verweigert.

 

Wie der Bundesminister für Landesverteidigung bestätigt (siehe o.a. APA-Zitate), sind bis heute die Aufgaben und Befugnisse der Heeresnachrichtendienste gesetzlich nicht geregelt. Angesichts der Menge der jährlich von den Heeresnachrichtendiensten gesammelten Daten über Personen bestätigt sich der Verdacht, daß mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf nur der Status quo hinsichtlich der militärischen Nachrichtendienste festgeschrieben werden soll.

 

Gesetzliche Regelung der Aufgaben und Befugnisse der Heeresnachrichtendienste

Im Sinne des Schutzes der demokratischen Freiheiten der BürgerInnen Österreichs erscheint es notwendiger denn je, die Aufgaben und Befugnisse der Heeresnachrichtendienste unter Berücksichtigung der demokratischen Grundrechte der BürgerInnen und unter Achtung einer größtmöglichen Transparenz festzuschreiben, um die Heeresdienste auf den Boden von Transparenz, Bürgerrechte und Demokratieverträglichkeit zurückzuholen.

 

In einem solchen Gesetz wollen folgende 10 Punkte berücksichtigt werden:

 

1.             Zusammenlegung der drei Nachrichtendienste des Innen- und Verteidigungs­ministeriums zu einer einzigen Einrichtung, mit einer staatspolizeilichen und heeres­nachrichtendienstlichen Abteilung;

 

2.             die Aufgaben der staatspolizeilichen Abteilung sollen auf die Gefahrenerforschung nach den Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes zum Zwecke der Erstellung sicherheitspolizeilicher Analysen und die der heeresnachrichtendienstlichen Abteilung sollen auf die Beobachtung und Analyse von militärisch oder sicherheitspolizeilich bedeutsamen Ereignisse und Entwicklungen im Ausland beschränkt werden;

 

3.             Unterstellung dieses Nachrichtendienstes einer Staatsschutzkommission, bestehend aus einem vom Bundeskanzler zu nominierenden Mitglied als Vorsitzenden, dem Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit im Bundesministerium für Inneres, dem Generaltruppeninspektor im Bundesministerium für Landesverteidigung, dem Generalsekretär im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten, die vom jeweils zuständigen Bundesminister mit der Leitung dieses Dienstes beauftragten Beamten sowie je einem Vertreter der im Hauptausschuß vertretenen Parteien, wobei der Bundesminister für Landesverteidigung wie der Bundesminister für Inneres dieser Kommission regelmäßig über die Ergebnisse der Tätigkeit der Nachrichtendienstlichen Abteilungen zu unterrichten haben;

 

4.             keine Übertragung von Aufgaben betreffend die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit an die Organe der militärischen Landesverteidigung, wie sie den Sicherheitsbehörden obliegen - damit Verzicht auf das Schaffen von Parallelstrukturen der Dienste zur Exekutive;

 

5.             Gewährung von Akteneinsicht und Auskunft für die betroffenen BürgerInnen im Sinne der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 24.10.1995 zum Schutze natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Dienstverkehr;

 

6.             keine Legitimierung von Grundrechtseingriffen durch ein zu schaffendes Militärbefugnisgesetz;

 

7.             die Überprüfung des jährlichen Budgets für die nachrichtendienstliche Abteilung hat durch den ständigen Unterausschuß, der zur Kontrolle der Heeresnachrichtendienste eingerichtet ist, zu erfolgen;

 

8.             jedem Mitglied des Kontrollunterausschusses der Heeresnachrichtendienste ist ein Einberufungsrecht und Zeugennominierungsrecht analog den Bestimmungen der "Parlamentarischen Kontrollkommission" (PKK) des Deutschen Bundestages einzuräumen;

 

9.             jedes Mitglied des Kontrollunterausschusses der Heeresnachrichtendienste besitzt ein uneingeschränktes Akteneinsichtsrecht analog den Bestimmungen der PKK;

 

10.           die Staatsschutzkommission hat jährlich einen Bericht über die Tätigkeit der nachrichtendienstlichen Abteilung analog zur Praxis in den USA vorzulegen.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

D r i n g l i c h e n   A n t r a g

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Der Bundesminister für Landesverteidigung wird aufgefordert, dem Ministerrat bis 31.12.1997 den Entwurf eines Bundesgesetzes über die Organisation, Aufgaben, Befugnisse und Kontrolle der Nachrichtendienste (Dienstegesetz-DG) mit folgendem Inhalt vorzulegen:

 

o             Zusammenlegung der drei Nachrichtendienste des Innen- und Verteidigungsministeriums zu einer einzigen Einrichtung - mit einer staatspolizeilichen und einer heeresnachrichtendienstlichen Abteilung;

 

o             dabei sollen die Aufgaben der heeresnachrichtendienstlichen Abteilung auf die Beobachtung und Analyse von militärisch oder sicherheitspolizeilich bedeutsamen Ereignissen und Entwicklungen im Ausland beschränkt werden;

 

o             Unterstellung dieses Nachrichtendienstes einer Staatsschutzkommission, bestehend aus einem vom Bundeskanzler zu nominierenden Mitglied als Vorsitzenden, dem Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit im Bundesministerium für Inneres, dem Generaltruppeninspektor im Bundesministerium für Landesverteidigung, dem Generalsekretär im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten, die vom jeweils zuständigen Bundesminister mit der Leitung dieses Dienstes beauftragten Beamten sowie je einem Vertreter der im Hauptausschuß vertretenen Parteien, wobei der Bundesminister für Landesverteidigung wie der Bundesminister für Inneres dieser Kommission regelmäßig über die Ergebnisse der Tätigkeit der nachrichtendienstlichen Abteilung zu unterrichten hat;

 

o             keine Übertragung von Aufgaben betreffend die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit an die heeresnachrichtendienstliche Abteilung, da diese Aufgaben ausschließlich den Sicherheitsbehörden obliegen sollen;

 

o             keine Legitimierung von Grundrechtseingriffen durch ein zu schaffendes Militärbefugnisgesetz;

 

o             Gewährung von Akteneinsicht und Auskunft für die betroffenen BürgerInnen im Sinne der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 24.10.1995 zum Schutze natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr;

 

o             Erstellung eines Berichtes über die Tätigkeit der nachrichtendienstlichen Abteilungen durch die Staatsschutzkommission bis zum 31.3. eines jeden folgenden Jahres.

 

 

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieses Antrages gem. §§ 74a (2) iVm
93 (1) GOG verlangt.