557/AE XX.GP
Entschliessungsantrag
der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde
betreffend Neuregelung der gesetzlichen Bestimmungen zur Sterilisation Minderjähriger,
geistig behinderter oder psychisch kranker Menschen
Im Zuge der in Schweden bekanntgewordenen Zwangssterilisationen an behinderten
Menschen wurde auch die österreichische Praxis in dieser Problematik öffentlich gemacht.
In einer gesetzlichen Grauzone werden (oft unter falschem Titel) behinderte Frauen
sterilisiert, meist ohne deren Einverständnis.
Experten sprechen davon, daß 50 % der geistig behinderten Frauen sterilisiert sind, in einer
Studie des Frauenministeriums gab bei einer Befragung von geistig behinderten Frauen jede
4. Frau an, sterilisiert zu sein.
Die Sexualität Behinderter und Fragen der Verhütung werden in Österreich zweifellos
massiv tabuisiert.
Viele behinderte Mädchen werden daher bereits als Minderjährige sterilisiert. Damit erspart
man sich die Auseinandersetzung mit ihrer Sexualität, ein grausamer Nebeneffekt ist jener,
daß sie damit in hohem Maße sexuellem Mißbrauch ausgesetzt sind. Laut einer Studie des
Frauenministeriums werden zwei Drittel aller geistig behinderten Frauen sexuell mißbraucht
- meist von Personen im Umfeld der Betreuer oder in der Familie. Anstatt die Opfer zu
schützen ist die derzeitige Praxis ein optimaler Schutz für die Täter.
Nach dem geltenden Recht ist eine Sterilisation Minderjähriger mit der Zustimmung der
Eltern, auch ohne gerichtliche Genehmigung, möglich. Bei einwilligungsunfähigen,
großjährigen geistig behinderten oder psychisch kranken Menschen muß der Sachwalter
oder das Pflegschaftsgericht zustimmen.
Das Gesetz enthält derzeit keine ausreichenden, klaren Regeln der Voraussetzungen für die
Zulässigkeit der Sterilisation. Auch fehlt es an Verfahrensvorschriften, die eine sorgfältige
Prüfung der Zulässigkeit einer Sterilisation gesetzlich sicherstellen, wie etwa die Pflicht zur
Einholung eines Gutachtens und zur Anhörung der betroffenen Person.
Die in Osterreich praktizierte Form der „vorbeugenden Zwangssterilisation“ verstößt
eindeutig gegen die seit 1. August geltende Verfassungsbestimmung, wonach niemand
wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgenden
Der Nationalrat wolle beschließen.‘
Der Bundesminister für Justiz wird aufgefordert, bis 31. März 1998 einen Cesetzesentwurf
zur Neuregelung der Sterilisation von Minderjährigen, geistig behinderten sowie psychisch
kranken Menschen vorzulegen, sowie dazu eine Arbeitsgruppe im Justizministerium
einzurichten, zu der auch Vertreter der „Selbstbestimmt-Leben-Bewegung“ eingeladen
werden.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuß vorgeschlagen.