600/AE XX.GP

 

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Schaffenrath und PartnerInnen

betreffend den sukzessiven Ersatz des Ziffernnotensystems durch Pädagogisch

sinnvolle Systeme der Leistungsrückmeldung

Österreich ist einer der letzten europäischen Staaten, dessen schulisches

Beurteilungssystem noch immer fast ausschließlich auf Ziffernnoten aufgebaut ist.

Dabei hat sich die - wissenschaftlich breit abgesicherte - Erkenntnis, daß „Noten“

eine denkbar schlechte Form der Leistungsbeurteilung sind, durchaus bereits bis

Österreich durchgesprochen: In schöner Regelmäßigkeit wird in Studien, Sym-

posien, Diskussionen festgestellt, welche negativen Folgen mit dem „Notenkult“

verbunden sind:

Ziffernbenotung orientiert sich im wesentlichen an der Gruppennorm und nicht an

der Sachnorm, d. h. bewertet wird nicht das Können des einzelnen, sondern das

Verhältnis zum Stand der Klasse.

Noten täuschen Objektivität vor, wo doch alle Untersuchungen bestätigen, daß

gleiche Leistungen von verschiedenen Lehrern völlig unterschiedlich bewertet

werden.

Noten helfen nicht, denn sie beinhalten keine Analyse der Fehlerursachen und

gegeben keine Hinweise für bessere Lernstrategien.

Noten sind eher leistungshemmend als —fördernd, denn die gehäufte Rückmeldung

von Mißerfolgen und der erniedrigende Vergleich mit den Klassenkameraden hemmt

die Leistungsbereitschaft der langsamer lernenden Schüler.

Schließlich werden Noten oft als Disziplinierungsinstrument eingesetzt. Die Note als

„Waffe in der Hand des Lehrers, um seine Schüler in Schach zu halten . . .„ist in

Österreichs Klassenzimmer leider tägliche Realität.

Alternativen Formen der Leistungsbeurteilung bzw. —rückmeldung ist in Österreich

dasselbe Schicksal beschieden, wie allen ideologisch umkämpften pädagogischen

Innovationen: Sie fristen ein Schattendasein in Form von Schulversuchen oder

aufgrund der Initiative mutiger Landesschulräte in einzelnen Bundesländern und

haben somit eher Venitilfunktion als Vorbereitungscharakter zur Übernahme in das

Regelschulwesen.

Dabei zeigen die Ergebnisse — vor allem in vielen Grundschulen —, daß alternative

Formen der Leistungsbeurteilung, wie ‚Verbale Beschreibung“, „Pensenbücher“,

„direkte Leistungsvorlage“ u.ä. nicht nur zu einer verbesserten Motivation der

Schülerinnen und zu einem intensiveren Austausch mit den Eitern führen, sondern

insgesamt positive Auswirkungen auf den Unterricht mit sich bringen: Lehrerinnen

werden zu einer gründlicheren Reflexion der eigenen Ziele, einem genauerem

Beobachten der SchülerInnen und in der Folgen zu einer verstärkten Indivi-

dualisierung des Lehrangebotes gebracht.

Gerade ein positives Bekenntnis zu schulischer Leistung und ihrer gerechten

Beurteilung erfordert daher eine sukzessive Ergänzung des Ziffernnotensystems

durch pädagogisch sinnvolle Systeme der Leistungsrückmeldung.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, umgehend jedoch längstens bis 30. Jänner 1998

Maßnahmen zu setzen, die folgenden Forderungen Rechnung tragen:

1) Eine zusammenfassende Darstellung der derzeit an öffentlichen Schulen im

Rahmen von Schulversuchen stattfindenden „alternativen“ Formen der

Leistungsrückmeldung bzw. —beurteilung.

2) Die Übernahme der derzeit durchgeführten und positiv evaluierten

Schulversuche in das Regelschulwesen.

3) Die Schaffung der legistischen Voraussetzung für die zusätzliche Anwendung

von modernen Formen der Leistungsrückmeldung bzw. —beurteilung wie:

‚Verbale Beschreibung“, „Pensenbücher“ oder „Direkte Leistungsvorlage“ in

allen Schulstufen.“