689/AE XX.GP

 

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Maria Schaffenrath und PartnerInnen

betreffend die Integration von Schulversuchen in das Regelschulwesen

Das Verständnis von Schulversuchen und ihre Funktion im Rahmen des öster

reichischen Schulsystems hat sich im Laufe der Jahre weitreichend verändert.

Während das Schulorganisationsgesetz ihren Sinn in der „Erprobung besonderer

pädagogischer oder schulorganisatorischer Maßnahmen“ (§ 7) sieht, haben sie

in der schulpolitischen Realität den ursprünglichen Charakter eines pädago

gischen Experimentes vielfach verloren. Schulversuche dienen vielmehr als

Instrument zur Umsetzung pädagogischer Ideen und Modelle an einzelnen

Schulstandorten. Der Politologe Anton Pelinka spricht im Zusammenhang mit

Schulversuchen von der „Suche nach einer Schulpolitik, die die Hürden der

Zweidrittelregelung gleichsam unterläuft“. Ohne direkte Veränderung der Schul -

gesetze soll auf diese Weise eine „niederschwellige“ Reformpolitik ermöglicht

werden - unterhalb der Reizschwelle der Schulgesetze selbst, aber dennoch mit

relevanten Folgen.

Damit dienen Schulversuche aber immer weniger als Motor für die Reform der

Schulgesetzgebung sondern mehr und mehr als Ersatz für eine Weiterentwicklung

der gesetzlichen Grundlagen des Schulwesens. Allerdings ist diese Form der

ersatzweisen Modernisierung der Schulrealität mit einem gravierenden Nachteil

behaftet. Da die wesentliche Instanz zur Genehmigung von Schulversuchen bei den

Landesschulräten bzw. beim Wiener Stadtschulrat liegt, führt die gegenwärtige

Situation zu einer faktischen Föderalisierung der Schulpolitik. Die Übernahme von

bestimmten pädagogischen oder schulorganisatorischen Modellen mittels Schulver-

such ist vom Einverständnis des jeweiligen Landesschulrates abhängig - auch wenn

der entsprechende Schulversuch in anderen Ländern längst zur Zufriedenheit der

Beteiligten durchgeführt wird. Diese Form der schulpolitischen Föderalisierung be -

deutet, daß die auf der jeweiligen Landesebene dominierende Partei die Möglichkeit

erhält, Schule verstärkt nach ihren jeweiligen ideologisch geprägten Vorstellungen

zu gestalten, anstatt den Wünschen der Eltern, Schülerinnen und Lehrerinnen nach

den jeweils besten Modellen Rechnung zu tragen.

Eine Verbesserung der Situation ließe sich durch eine Systematisierung im Umgang

mit Schulversuchen erreichen: ein obligatorisches Evaluierungsverfahren innerhalb

eines definierten Zeitraumes muß die Qualität und Sinnhaftigkeit eines Schulver -

suches auf wissenschaftlicher Basis klären. Wenn dieses Verfahren zu einer positi -

ven Bewertung führt, erhält dieser Schulversuch den Status einer neuen Schul -

variante. Das bedeutet, daß das entsprechende pädagogische oder organisatorische

Modell bei gesicherter Finanzierung von jeder Schule, für die es geeignet ist,

übernommen werden kann. Voraussetzung ist lediglich die Zustimmung des Schul -

gemeinschaftsausschusses bzw. des Schulforums, nicht aber die politische Geneh -

migung durch den Landesschulrat bzw. Wiener Stadtschulrat.

Die unterzeichneten Abgeordneten steifen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat möge beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, Maßnahmen zu setzen, die folgenden

Forderungen Rechnung tragen:

1. Alle Schulversuche müssen innerhalb eines definierten Zeitraums einer wissen -

schaftlichen Evaluation unterzogen werden, in der die Qualität dieses pädagogi -

schen und/oder schulorganisatorischen Modells festgestellt wird.

2. Positiv evafuierte Schulversuche erhalten den Status einer Schulvariante.

3. Eine Schufvariante ist ein pädagogisches und/oder schulorganisatorisches

Modell, das von allen geeigneten Schulen oder klassen übernommen werden

kann. Voraussetzung der Einrichtung ist die gesicherte Finanzierung sowie die

Zustimmung des Schulforums bzw. Schulgemeinschaftsausschusses.“

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Unterrkichtsausschuß beantragt.