700/AE XX.GP

 

der Abgeordneten Mag. Stadler, Dr. Krüger

und Kollegen

betreffend Weiterentwicklung der Volksanwaltschaft

Die seit 1. Juli 1977 bestehende Volksanwaltschaft hat in den nunmehr 20 Jahren ihres

Bestehens eine überaus positive Entwicklung genommen und ist zu einer nicht mehr

wegzudenkenden Kontroll - und Rechtsschutzeinrichtung geworden. Sie ist Ausdruck einer

dynamischen Weiterentwicklung des demokratischen und rechtsstaatlichen Systems in unserem

Lande. In diesem Prozeß werden vor allem Phänomene sichtbar, denen durch wiederholte

Anpassungen Rechnung getragen wurde: eine zunehmend kritische Haltung der Bürger

gegenüber den staatlichen Institutionen einerseits und eine konsequente Verbesserung des

Rechtsschutzes - besonders bezogen auf die Grundrechte — andererseits.

Entsprechend allgemeinen staatsrechtlichen Grundsätzen und insbesondere im Hinblick auf die

verfassungsmäßig garantierte Unabhängigkeit (Art. 148a Abs. 4 B - VG) hat die

Volksanwaltschaft ihren gesetzlichen Auftrag selbst zu interpretieren. Sie hat dies stets im

Sinne einer umfassenden Prüfkompetenz getan (arg.. Prüfung von „Mißständen in der

Verwaltung“ Art. 148a Abs. 1 B - VG).

Die Prüftätigkeit der Volksanwaltschaft ist als eine wesentliche Ergänzung der klassischen

Kontrolle der Verwaltung in rechtlicher (vgl. Art. 129 B - VG) und politischer (Art. 52 ff)

Hinsicht aufzufassen. Sie soll, wie sich aus den Gesetzesmaterialien, internationalen (insb.

skandinavischen) Vorbildern und der wissenschaftlichen Erörterung anläßlich ihrer Einrichtung

ergibt, das bestehende Rechtsschutzsystem ergänzen, indem möglichst einfach und

unbürokratisch ein als Unrecht empfundenes Verhalten der Verwaltung bekämpft wird. Dies ist

als Bemühen zu verstehen, Rechtsstaat und Demokratie „geräumiger“ zu gestalten und im

dargestellten Sinne fortzuentwickeln. Dabei steht die Absicht des Verfassungsgesetzgebers im

Vordergrund, die Position des einzelnen gegenüber einer oft als übermächtig empfundenen,

immer komplizierter und undurchschaubarer werdenden Verwaltung entscheidend zu

verbessern.

Das Aufzeigen von Mißständen (148a B - VG) und deren Beseitigung im Wege von

Empfehlungen (148 c B - VG) stellt für den Bürger den Hauptzweck volksanwaltschaftlicher

Tätigkeit dar. In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, daß die Volksanwaltschaft

darüber hinaus aus Anlaß eines einzelnen Beschwerdefalles generelle Empfehlungen für das

Verhalten der öffentlichen Verwaltung in gleichgelagerten Fällen erteilt. Auch wenn in

Einzelfällen Mißstände nur aufgezeigt und formal gegenüber dem geprüften Organ festgestellt

werden können, entsteht ein mittelbarer Nutzen dadurch, daß grundsätzliche Verbesserungen

bewirkt werden.

Um so bedauerlicher ist es, daß in der Vergangenheit diesen Anregungen in einer Vielzahl von

Fällen ohne nähere Begründung nicht entsprochen wurde. So findet sich im vorliegenden 20.

Bericht im Anhang 1 eine seitenlange tabellarische Aufzählung von legislativen Anregungen

der Volksanwaltschaft, die teilweise durch viele Jahre zurückliegende Prüfungsfälle veranlaßt

wurden. So wurde etwa die Anregung, das Bundesgesetz über die Gewährung von

Hilfeleistungen an Verbrechensopfer zu verbessern, bereits erstmalig im 2. Bericht der

Volksanwaltschaft ausgesprochen.

In den vergangenen 20 Jahren haben sich aber bei der Prüftätigkeit der Volksanwälte auch

Problembereiche und Kontrolldefizite ergeben, zu deren Behebung die Änderung der

verfassungsgesetzlichen Rahmenbedingungen der Volksanwaltschaft erforderlich wäre.

Die Volksanwaltschafi hat daher einen Entwurf für eine Novelle des Bundes -

Verfassungsgesetzes zur Erweiterung der Kompetenzen der Volksanwaltschaft erarbeitet und

ihre Anregungen den Präsidenten des Nationalrates sowie den parlamentarischen Klubs

übermittelt.

Die Vorschläge der Volksanwälte betrafen folgende Bereiche:

• Erweiterung der Kontrollzuständigkeit auf ausgegliederte Rechtsträger, ähnlich der

Zuständigkeit des Rechnungshofes;

• Aufnahme einer (erstreckbaren) Frist von 4 Wochen für die Behörden zur Erteilung der

erforderlichen Auskünfte;

• Teilnahme der Volksanwälte an den Verhandlungen der Ausschüsse (Unterausschüsse) des

Nationalrates und des Bundesrates;

Vorlage des jährlichen Tätigkeitsberichts auch an den Bundesrat.

Tatsächlich wurde bisher lediglich die Forderung nach Vorlage der jährlichen

Tätigkeitsberichte an den Bundesrat umgesetzt: der 20. Bericht der Volksanwaltschaft ist der

erste Bericht, der auch dem Bundesrat vorgelegt wurde.

Bezüglich der übrigen Punkte bestand bisher seitens der Koalitionsparteien keine Bereitschaft

zur Umsetzung.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher den nachstehenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, innerhalb von drei Monaten den Entwurf eines

Bundesverfassungsgesetzes zur Weiterentwicklung der Volksanwaltschaft vorzulegen, der die

Umsetzung der folgenden Punkte vorsieht:

• Erweiterung der Kontrollzuständigkeit der Volksanwaltschaft auf ausgegliedert

Rechtsträger analog der Zuständigkeit des Rechnungshofes,

• Aufnahme einer erstreckbaren Frist von vier Wochen für die Behörden zur Erteilung der

erforderlichen Auskünfte an die Volksanwaltschaft,

• Teilnahme der Volksanwälte an den Verhandlungen der Ausschüsse (Unterausschüsse) des

Nationalrates und des Bundesrates,

• Verpflichtung der Bundesregierung, die Nichtumsetzung legislativer Anregungen innerhalb

einer Frist von drei Monaten zu begründen.

Es wird ersucht, den Antrag dem Verfassungsausschuß zur Beratung zuzuweisen.