720/AE XX.GP

 

der Abgeordneten Dr. Martina Gredler, Partnerinnen und Partner

betreffend Ratifikation des Vertrages von Amsterdam

Am 2. Oktober wurde in Brüssel der „Vertrag von Amsterdam“, durch welchen die

Europäische Union nach dessen Ratifizierung eine neue Verfassung erhalten wird,

von den Außenministern der EU - Staaten unterzeichnet. Nun muß er noch von allen

EU - Staaten gemäß ihrer verfassungsrechtlichen Vorschriften ratifiziert werden, damit

er am ersten Tag des zweiten auf die Hinterlegung der letzten Ratifikationsurkunde

folgenden Monats in Kraft treten kann.

Durch diesen Vertrag - der natürlich nur ein Kompromiß zwischen den 15

Mitgliedstaaten sein kann - wird versucht, die Integration Europas weiter zu vertiefen

und die Erweiterung der EU vorzubereiten. In einigen Bereichen wurden auch

bemerkenswerte Fortschritte erreicht: Freiheit, Demokratie, Rechtstaatlichkeit und

Achtung der Menschenrechte werden zu Grundprinzipien erklärt, eine

Gemeinschaftskompetenz in den Bereichen Einwanderung, Asyl sowie die

Integration des Schengen - Vertrages wird zumindest angestrebt, ein

beschäftigungspolitischer Koordinations - und Überwachungsmechanismus

geschaffen, die nachhaltige Entwicklung im Umweltschutz festgeschrieben,

wenigstens zaghafte Verbesserungen und Vereinfachungen im Bereich der

Institutionen beschlossen (z.B. Verringerung der Rechtsetzungsverfahren, Ausbau

des Mitentscheidungsverfahrens) sowie vor allem die ,,Petersberg“- Aufgaben der

WEU in den EU - Vertrag integriert, um die sicherheitspolitische Identität der EU zu

stärken.

In vielen Bereichen wären weitergehende Reformen wünschenswert gewesen: Die

EU tritt nicht der Europäischen Menschenrechtskonvention bei, weder ein

europaweites menschenrechtskonformes Asylrecht, noch ausreichende Rechte für

Drittstaatenangehörige wurden geschaffen, die Betrugsbekämpfung ist weiterhin nur

halbherzig verankert, die Transparenz der EU - Entscheidungen ist nicht

gewährleistet, klare Bestimmungen zum Ausstieg aus der Atomkraft fehlen, die

Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments bleiben viel zu gering, die

Entscheidungsstrukturen im Rat und in der Kommission sind nicht auf die EU -

Erweiterung ausgerichtet und eine gemeinsame europäische Verteidigung wurde

nicht beschlossen.

Trotzdem ist der Vertrag von Amsterdam eindeutig ein Schritt in die richtige Richtung

und sollte daher so bald als möglich in Kraft treten. Für Österreich wäre es dabei

gerade in Hinblick auf die baldige Übernahme der EU - Ratspräsidentschaft

angebracht, eine Vorreiterrolle zu übernehmen und die Ratifikation nicht zu

verzögern, um sich dann unbelastet den künftigen Reformnotwendigkeiten widmen

zu können. Deutschland hat immerhin schon am 5.3.1998 die Ratifikation vollzogen.

Ein Grund für die bisherige Verzögerung scheint die Tatsache zu sein, daß Teile des

neuen Artikel 17 nur schwer mit dem österreichischen Neutralitätsgesetz vereinbar

sind. So heißt es in Absatz 1, daß auf die schrittweise Festlegung einer

gemeinsamen Verteidigungspolitik hingearbeitet und durch immer engere

institutionelle Beziehungen zur WEU auf deren Integration in die EU hingearbeitet

wird. Vor allem jedoch lautet der Absatz 2: „Die Fragen, auf die in diesem Artikel

Bezug genommen wird, schließen humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze,

friedenserhaltende Aufgaben sowie Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung

einschließlich friedensschaffender Maßnahmen ein“ (Hervorhebung durch die

Abgeordneten). Durch die so erfolgte Integration der ,,Petersberger Aufgaben“ der

WEU kann die EU im Sinne dieses Artikel theoretisch auch ohne Beschluß des UN -

Sicherheitsrates tätig werden. Bei unveränderter Aufrechterhaltung des

Neutralitätsgesetzes könnten EU - Aktionen durch Österreich behindert werden und

entstünden - im günstigsten Fall - Probleme mit der Ein - und Durchfuhr von Waffen

und Truppen durch Österreich.

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend, jedoch

spätestens bis 15. April 1998 den EU - Vertrag in der Fassung des Amsterdamer

Vertrages zur Ratifikation zuzuleiten.

Gleichzeitig wird die Bundesregierung aufgefordert, dem Nationalrat darüber Bericht

zu erstatten, ob und aus welchem Grund Artikel 17 des Amsterdamer Vertrages,

insbesondere dessen Absatz 2, mit dem Bundesverfassungsgesetz über die

Neutralität Österreichs (BGBl. 1955/211) und dem sich daraus ableitenden

völkerrechtlichen Status Österreichs vereinbar ist.“

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Außenpolitischen Ausschuß

beantragt.