772/AE XX.GP

 

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Dr. Krüger, Mag. Dr. Grollitsch, Dr. Haider, Haigermoser, Mag. Stadler

und Kollegen

betreffend Neugestaltung des Universitätswesens in Österreich

Die österreichischen Universitäten stehen kurz vor der Jahrtausendwende vor neuen Heraus -

forderungen: Eine zunehmende Identitätskrise der Hochschulen, überlange Studienzeiten und

hohe Drop - Out - Quoten der Studierenden, Qualifikationsdefizite bei den Absolventen, man  -

gelnde Infrastrukturen sowie eine gestiegene ökonomische Bedeutung von Wissenschaft und

Technologie setzen die Universitäten unter Zugzwang. Massive Kritik ist dabei auch von der

Professorenschaft zu verzeichnen: Sie beklagen das zu geringe Zeitausmaß für Forschung

aufgrund ausufernder Administrationstätigkeiten und eines bürokratisch und starr organisier -

ten Lehrbetriebes.

Vor diesem Hintergrund scheint es nicht verwunderlich, daß durch OECD - Studien bereits vor

Jahren festgestellt wurde, daß unsere Universitäten äußerst bürokratisch strukturiert sind und

es ihnen an Praxis bzw. Wirtschaftsnähe fehlt. Österreich bekommt von der OECD eine Aka -

demisierungsquote von nur 7 % ausgewiesen, was im internationalen Vergleich eine alarmie -

rende Größe darstellt. Des weiteren wurde auch kritisiert, daß die österreichischen Universitä -

ten in den Bereichen Forschung und Lehre weit hinter dem OECD - Durchschnitt nachhinken.

Das bedeutet weiters, daß das österreichische Universitätswesen durch fehlenden Wettbewerb,

wenig Effizienzanreize, ein überbordendes Eigenleben der Verwaltung und durch permanente

politische Einflußnahme gekennzeichnet ist, obwohl das UOG wie auch das mittlerweile in

Kraft befindliche UniStG den Universitäten weitgehende Autonomie einräumen sollten. Bei

der Umsetzung des UOG 93 werden nach wie vor enorme Umsetzungsschwierigkeiten an den

Universitäten festgestellt, tatsächliche Reformen des offensichtlich nicht mehr zeitgemäßen

Hochschulwesens wurden bis dato weder von den verantwortlichen Organen noch vom zu -

ständigen Bundesminister vorgelegt, so daß es sich bei der vielgepriesenen Autonomie der

Universitäten wohl nur um eine "Scheinautonomie“ bzw. eher um eine „Mangelverwaltung"

des BMWV handelt.

Um der von der OECD aufgezeigten Kritik begegnen zu können und das Abdriften des öster -

reichischen Universitätswesens hintanzuhalten, müssen diesen Defiziten praktikable Lösun -

gen und ein zügiges Vorgehen gegenübergestellt werden, um so rasch als möglich eine Neu -

orientierung und weitgehende Reformschritte einleiten zu können.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr wird ersucht, die entsprechenden gesetzli -

chen Maßnahmen in Richtung einer Neuorientierung des österreichischen Universitätswesens

unter Einbeziehung nachstehender Forderungen zu schaffen:

Organisation der Universitäten:

• Entlassung der Universitäten aus ihrer Unmündigkeit durch Einräumung voller Autonomie

und Rechtsfähigkeit.

• Die Universitäten sind als Stiftungen einzurichten. Jede Universität erhält volle Budgetho -

heit und zur Erfüllung ihres öffentlichen Auftrages erhält diese - unter der Auflage der Op -

timierung der Teilrechtsfähigkeit - von der öffentlichen Hand Mittel zur Verfügung ge -

stellt. Als Ausgangspunkt werden die derzeitigen Aufwendungen für die Universität unter

Beachtung des aktuellen Lehrangebotes sowie der Studentenzahl zugrundegelegt. Darüber

hinaus ist jede Universität dazu verhalten, für die Finanzierung ihrer Ausgaben selbst, z.B.

durch Sponsoring, Beiträge sowie durch den Verkauf von Leistungen, zu sorgen.

• Die Akkreditierung privater Universitäten muß analog zu den öffentlichen Einrichtungen

ermöglicht werden, wobei in diesem Fall der Staat die Vorfinanzierung garantieren muß

und im Zuge der Rückzahlung Zinsenzuschüsse gewährt werden.

Forschung und Lehre:

• Der öffentliche Auftrag der Universitäten ergibt sich daraus, daß diese als Teil des österrei -

chischen Bildungswesens die Aus -, Weiter - und Fortbildung der Bevölkerung zu bewerk -

stelligen hat.

• Postgraduale Ausbildung muß ein fixer Bestandteil jeder Fakultät sein, von der sowohl

Lehrende als auch Absolventen gleichermaßen profitieren können: die Vermittlung neue -

ster Forschungsergebnisse steht im Austausch gegen ein Feedback aus den Erfahrungen in

der Praxis. Dies bedeutet nicht nur eine Homogenisierung wissenschaftlichen Outputs,

sondern darüber hinaus auch eine Qualitätskontrolle von Lehre und Lehrenden.

• Jede Universität kann frei bestimmen, welche Studienrichtungen von ihr angeboten wer -

den. Somit müssen sich die Universitäten um Studenten bemühen und sind damit gezwun -

gen, innovativ und am neuesten Stand der Forschung zu sein und auf die Ausbildungswün -

sche der Nachfragenden vor dem Hintergrund sich ständig ändernder ökonomischer Anfor -

derungen einzugehen. Der Staat zieht sich als Anbieter und bestimmender Faktor zurück

und sollte nur noch dann entscheidend eingreifen, wenn auf der Nachfrageseite die Chan -

cengleichheit in Gefahr ist. Werden von der öffentlichen Hand bestimmte Angebote einge -

fordert, so ist hierfür vertraglich zwischen der jeweiligen Universität und der öffentlichen

Hand die Finanzierung sicherzustellen.

• Das Verhältnis von Forschung und Lehre muß in einem ausgewogenen Verhältnis zuein -

ander stehen: einer qualifizierten Lehrtätigkeit kann auf Antrag ein Forschungssemester

folgen. Darüber hinaus müssen universitäre und außeruniversitäre Forschungseinrichtun -

gen sowie Forschungsförderungsinstitutionen in sinnvoller Interaktion zueinander stehen.

• Die Bildung universitärer Ausbildungszentren mit Fächerbündelung ist anzustreben, um

vorhandene Ressourcen optimal auszuschöpfen und Duplizitäten zu vermeiden.

Wissenschaftliches Personal:

• Das zur Erfüllung der Aufgaben erforderliche Personalmanagement obliegt allein der Uni -

versität. Jeder staatliche Einfluß im Bereich des Personalwesens ist dadurch ausgeschlos -

sen.

• Lehre und Forschung sind von auf Zeit (5 Jahre) befristet angestellten Professoren auszu -

üben, wobei sowohl die Anstellung als auch die Verlängerung in die jeweilige Autonomie

der Universität fällt. Die Pragmatisierung im universitären Bereich ist abzuschaffen. Be -

reits im Beamtenverhältnis befindliche Bedienstete werden im Fall ihrer Bestellung zum

Professor karenziert. Dabei bestehen keine Unterschiede zwischen einem von außen kom -

menden und einem aus dem Bereich der Universität ausgewählten Professor. Der Titel Pro -

fessor ist eine Funktionsbezeichnung. Beim Vorweis einer außerordentlichen Qualifikation

bzw. bei besonderen Leistungen auf dem Gebiet der Lehre und der Forschung kann das

Kuratorium eine längerfristige Beschäftigung vorsehen.

• Das Personal (wissenschaftliches und administratives Personal) der Universität wird von

dieser aufgrund von Dienstverträgen entlohnt. Soweit derzeitige Bundesbedienstete be -

schäftigt sind, welche vom Bund entlohnt werden, erfolgt von seiten der Universität eine

Refundierung der Personalkosten.

Verwaltung der Universitäten:

Die Verwaltung der Universität erfolgt durch ein Kuratorium, welches sich zum einen aus

Vertretern des wissenschaftlichen und administrativen Personals und zum anderen aus Stu -

denten, vom Wissenschaftsausschuß des Nationalrates sowie der in Betracht kommenden

Landtage nominierten und vom Sponsorbeirat entsandten Vertretern zusammensetzt. Als

beratende Organe fungieren ein aus Sponsoren zusammengesetzter Beirat sowie ein Gre -

mium, das aus anerkannten Persönlichkeiten der Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur etc. ge -

bildet wird.

Das Kuratorium bestellt zur operativen Führung sowohl nach innen als auch nach außen

ein Management, welches zumindest aus drei Personen besteht.“

In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Antrag unter Verzicht auf die Erste Lesung dem

Ausschuß für Wissenschaft und Forschung zuzuweisen.