802/A XX.GP
der Abgeordneten Dr. Günther Leiner, Dr. Rasinger, Schuster, Donabauer
und Kollegen
betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz geändert wird
Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Bundesgesetz, mit dem das Apothekengesetz geändert wird
Das Apothekengesetz, RGBl. Nr.5/1907, zuletzt geändert durch die Bundesgesetze
BGBl. Nr.1105/1994, BGBI. Nr. 379/1996 und 53/1998, wird wie folgt geändert:
1. § 29 Abs. 4 lautet wie folgt:
“(4) Die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ist bei Neuerrichtung
einer öffentlichen Apotheke mit dem Zeitpunkt zurückzunehmen, mit dem der Arzt die
Bewilligung zurücklegt oder seine ärztliche Berufsausübung am Berufssitz, für den die
Bewilligung erteilt wurde, einstellt, wenn die Wegstrecke zwischen Berufssitz des
Arztes und Betriebsstätte der neu errichteten öffentlichen Apotheke vier
Straßenkilometer nicht überschreitet.”
2. In § 30 Abs. 1 wird der letzte Satz durch folgenden Satz ersetzt:
“Diese Einschränkungen gelten nicht für innerhalb dieses Umkreises rechtmäßig
bestehende ärztliche Hausapotheken.”
In formeller Hinsicht wird vorgeschlagen, diesen Antrag unter Verzicht auf eine
erste Lesung dem Gesundheitsausschuß
zuzuweisen.
Begründung
Primäres Ziel der Gesundheitspolitik ist eine hochwertige und flächendeckende
medizinische Versorgung der Bevölkerung. Dies muß auch für die medikamentöse
Versorgung der Bevölkerung - unabhängig vom Wohnort des Patienten - gelten.
Durch das System der ärztlichen Hausapotheken und der öffentlichen Apotheken ist
dieses grundsätzliche Ziel der Gesundheitspolitik erreicht; insbesondere durch die
Entwicklung der letzten 15 Jahre, in welchen sich die Zahl der öffentlichen Apotheken
und der ärztlichen Hausapotheken auf 1050 bzw. 970 verdoppelt hat.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit seinem Erkenntnis G 37/97 vom 2.3.1998
hinsichtlich der Apotheken - Bedarfsprüfung die Bedarfsprüfung zur Niederlassung
einer öffentlichen Apotheke mit sofortiger Wirksamkeit (nach Veröffentlichung im
Bundesgesetzblatt, 53/1998, 1. April 1998) aufgehoben und die Rechtslage für
hausapothekenführende Ärzte grundlegend verändert. Das Erkenntnis bedeutet
inhaltlich eine Beibehaltung des Existenzschutzes für bereits bestehende Apotheken,
die anderen beschränkenden Voraussetzungen für niederlassungswillige Apotheker
wurden jedoch aus dem Gesichtspunkt des Grundrechtes der Erwerbsfreiheit
aufgehoben. Der § 29 Abs. 4 betreffend Pflicht zur Rücknahme der Bewilligung zur
Haltung einer ärztlichen Hausapotheke wurde nicht geändert.
Daher sollte diese Bestimmung an die neue Rechtslage im Apothekenrecht angepaßt
und das mühsam ausgehandelte Gleichgewicht zwischen öffentlichen Apotheken und
ärztlichen Hausapotheken innerhalb einer Übergangsfrist, die im Sinne des
Vertrauensschutzes an die Berufsausübung des hausapothekenführenden Arztes
gebunden wäre, erhalten werden. So soll die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen
Hausapotheke bei Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke mit dem Zeitpunkt
zurückgenommen werden, mit dem der Arzt die Bewilligung zurücklegt oder seine
ärztliche Berufsausübung einstellt, wenn die Wegstrecke zwischen Berufssitz des
Arztes und Betriebsstätte der neuen öffentlichen Apotheke vier Kilometer nicht
überschreitet.
Denn es ist damit zu rechnen, daß bei kurz/mittelfristig anzunehmenden 200
Apothekenneugründungen es ohne gesetzliche Initiative zur Schließung von 200 bis
400 Hausapotheken kommen kann. Das hat unabsehbare Folgen für die Bevölkerung
im ländlichen Bereich: Mehrwege vor allem von Bewohnern in entlegenen Gebieten,
alte Menschen, für die jeder zusätzliche Weg ein Erschwernis ist, Familien ohne Auto,
noch dazu schlechte oder gar keine öffentliche Verkehrsmittel, Probleme am Abend
und am Wochenende in Bezug auf den Bereitschaftsdienst. Je dünner ein Gebiet
besiedelt ist, um so vorteilhafter ist die Führung einer ärztlichen Hausapotheke. Neben
der Verstärkung des negativen Effekts ,,Landarztsterben” ist auch zu berücksichtigen,
daß Hausärzte ihre Präparate bislang um durchschnittlich 5,5 Prozent billiger
verkaufen als die Apotheken. Auch für die soziale Krankenversicherung ist mit
Mehrkosten zu rechnen.
Diese Anpassung der Rechtsstellung der hausapothekenführenden Ärzte scheint auch
verfassungsrechtlich geboten. Zum einen entspricht es allgemeiner Rechtssprechung
zum Grundrecht der Erwerbsfreiheit, daß rechtmäßige Erwerbsbetätigungen nicht
ansatzlos untersagt werden dürfen, zum anderen ergeben sich aus dem Grundsatz des
Vertrauensschutzes des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes Erfordernisse einer
"Übergangsgerechtigkeit”.
Es besteht die berechtigte Sorge, daß in den nächsten Jahren von diesem Erkenntnis
hunderte ärztliche Hausapotheken betroffen sein werden. Denn das zitierte Erkenntnis
des Verfassungsgerichtshofes hätte ohne die in diesem Antrag vorgesehene Anpassung
des § 29, welche die Zurücknahme der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen
Hausapotheke im Falle einer Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke vorsieht,
wenn letztere innerhalb einer Wegstrecke von vier Straßenkilometern zur ärztlichen
Hausapotheke liegt, eine Reduzierung der Hausapotheken zur Folge. Eine solche
Reduktion dieser für die ländliche Bevölkerung so wichtigen Einrichtung entspricht
nicht den gesundheitspolitischen Zielsetzungen der unterfertigten Abgeordneten,
weshalb mit dem gegenständlichen Antrag für den Schutz bestehender ärztlicher
Hausapotheken eingetreten wird.