810/AE XX.GP
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Stoisits, Freundinnen und Freunde
betreffend Aufklärung über geraubte bzw. abgepreßte Kunstgegenstände in österreichischen
Museen, sowie deren Rückgabe
Während der Naziherrschaft wurden vor allem jüdischen Bürgern Österreichs unzählige
Kunstgegenstände geraubt oder abgepreßt. Die Besitzer selbst mußten emigrieren, viele
wurden in den Konzentrationslagern der Nazis ermordet. Die geraubten oder abgepreßten
Kunstgegenstände gelangten zu einem nicht unbeträchtlichen Teil in den Besitz der
österreichischen Museen.
Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges wurden zwar Kunstgegenstände ihren
rechtmäßigen Besitzern zurückgegeben, restituiert, vor allem jenen Besitzern aber, die nach
der Verfolgung durch die Nazis aus begreifbaren Gründen nicht mehr nach Osterreich
zurückkehren wollten, wurde oftmals die bedingungslose Ausfuhr ihrer restituierten
Kunstgegenstände seitens der Republik Österreich verweigert. Eine Ausfuhrgenehmigung
wurde nur erteilt, wenn die Besitzer z.T. zentrale Werke ihrer Sammlung der Republik
Österreich “schenkten”, was nichts anderes heißt, als daß diese Werke ihren rechtmäßigen
Besitzern mehr oder weniger abgepreßt wurden. - In der Tageszeitung “Der Standard”
finden sich seit 21. Februar 1998 täglich Berichte über derartige Vorgänge.
Aus diesem Grund befinden sich noch heute in den österreichischen Museen zahlreiche
Kunstgegenstände, die entweder während der Nazizeit geraubt oder aber ihren Besitzern
nach dem zweiten Weltkrieg von der Republik Österreich abgepreßt worden sind.
Die Erforschung und Aufklärung dieser Geschichte, die Feststellung der wahren
Besitzverhältnisse sowie die Rückgabe jener Kunstgegenstände, die während und nach der
Naziherrschaft unrechtmäßig oder unter erpresserischen Begleitumständen in den Besitz der
österreichischen Museen gelangten, sollte ein dringendes Anliegen und eine moralische
Pflicht der Republik Österreich sein.
Federführend in dieser Untersuchung sollten allerdings nicht die Museen sein, wenn auch
ihre Mitarbeit notwendig sein wird. Die Museen haben nämlich bis heute wenig getan, um
die problematische Herkunft jener Objekte zu thematisieren, die vor und nach 1945 aus
jüdischen Sammlungen in ihren Besitz gelangten oder dort verblieben. Die Museen sind
zudem Partei bei einer derartigen Aufarbeitung, denn wenn sich heraustellt, daß viele
Objekte unrechtmäßig oder durch erpresserische Methoden seitens der Republik in ihren
Besitz gelangt sind, werden sie diese Gegenstände den Besitzern zurückgeben müssen.
Daher sollte umgehend eine Expertenrunde unter Beteiligung von internationalen Fachleuten
eingesetzt werden, die freien Zugang zu
allen Archivmaterialen haben und wissenschaftlich
seriös erheben soll, wie und unter welchen Umständen Museumsobjekte in die Hände der
Museen gekommen sind. Schließlich sollten geraubte oder abgepreßte Kunstgegenstände
ihren Besitzern zurückgegeben werden.
Nach mehr als 50 Jahren darf diese beschämende Geschichte des Raubes von
Kunstgegenständen durch die Nazis und der Abpressung durch die Republik Österreich
nicht mehr verdrängt oder vertuscht werden, sondern die Republik Österreich sollte sich
endlich zu dieser Geschichte bekennen und entsprechende Taten setzen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten wird ersucht, eine
Expertenrunde unter Beteiligung von internationalen Fachleuten einzusetzen, die freien
Zugang zu allen Archivmaterialen haben und wissenschaftlich seriös erheben soll, wie und
unter welchen Umständen Museumsobjekte während und nach der Nazizeit in die Hände der
österreichischen Museen gelangt sind.
Weiters wird die Ministerin ersucht, eine Anlaufstelle (Clearing - und Servicestelle) für
Anfragen von jenen Menschen einzurichten, die Besitzansprüche anmelden. Sie wird auch
ersucht, alle Voraussetzungen zu schaffen, um die während und nach der Naziherrschaft
unrechtmäßig oder unter erpresserischen Begleitumständen in den Besitz österreichischer
Museen gelangten Kunstgegenstände ihren rechtmäßigen Besitzern zurückgeben zu können.
Schließlich wird die Ministerin ersucht, im jährlich von ihr herausgegeben Kulturbericht
Zwischenberichte über den Stand der Forschungsarbeiten und der etwaigen Rückgabe von
Kunstgegenständen zu geben bzw. nach Abschluß dieser Arbeiten einen Endbericht.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Kulturausschuß vorgeschlagen.