885/A XX.GP

 

Da der gegenständliche Selbständige Antrag gemäß § 99 Abs. 2 GOG durch 20 Abgeordnete unterstützt wurde, ist die Gebarungsüberprüfung durch den Rechnungshof auch ohne Beschluß des Nationalrates durchzuführen. Das Verlangen wird daher gemäß § 99 Abs. 5 GOG dem Präsidenten des Rechnungshofes mitgeteilt werden.


der Abgeordneten Dr. Haider, Mag. Stadler, Apfelbeck und Kollegenbetreffend die Durchführung einer Sonderprüfung des Rechnungshofes gemäß § 99 GOG - NR

Das derzeitige Dienst - und Besoldungsrecht der öffentlich Bediensteten vermag die

Anforderungen einer modernen Verwaltung, die sich als angebotsorientiertes

Dienstleistungsunternehmen versteht, in keiner Weise zu erfüllen; es hat sich als

leistungsfeindlich und mobilitätshemmend erwiesen. Auch die Besoldungsreform 1994

brachte nur geringfügige Veränderungen.

 

Die Unzulänglichkeit der Besoldungsreform zeigte sich zeigte sich seit ihrem

Inkrafttreten immer wieder allein durch die Notwendigkeit ständiger Novellierungen zur

Bereinigung offenkundiger Fehler.

 

Von Regierungsseite wurden daher seit Jahren immer wieder Dienstrechtsreformen

angekündigt, wobei einmal von einem Bundesarbeitnehmergesetz, dann von einem

Bundesangestelltengesetz und später wieder von einer Reform des

Vertragsbedienstetengesetzes gesprochen wurde.

 

Bis jetzt ist von all dem nichts auch nur ansatzweise verwirklicht worden. Die

Verhandlungen zwischen Regierung und Gewerkschaft blieben bisher ohne Ergebnis.

Auch die Frage, in welchen Bereichen weiterhin öffentlich - rechtliche Bedienstete, also

Beamte, eingesetzt werden sollen, wurde zwar immer wieder erörtert ohne daß bis jetzt

ein sichtbares Ergebnis in Form einer sachgerechten Abgrenzung gefunden worden

wäre.

 

Das geltende Dienstrecht wird jedoch von seiten des Dienstgebers immer wieder bewußt

unter Hinweis auf seine Unzulänglichkeit verletzt. So vor allem dann, wenn es gilt,

Günstlinge aus dem politischen Nahebereich der Regierungsmitglieder zu protegieren:

sei es, um diesen Personen materielle Vorteile zu verschaffen, die bei Einhaltung der

geltenden dienst - und besoldungsrechtlichen Bestimmungen ausgeschlossen wären,

oder um sie bei Beförderungen zu bevorzugen.

 

Dieser ständige Mißbrauch kann an Hand folgendes Beispieles aufgezeigt werden;

 

1. Im Ministerbüro des Bundesministers für Land - und Forstwirtschaft Mag. Molterer

kam es entgegen den Ankündigungen, daß in der Verwaltung massiv eingespart wird,

zu massiven Ausweitungen des Personalstandes. So stellt sich der Personalstand des

Ministeriums wie folgt dar:

 

1. Jänner 1994

 12 Bedienstete

 4 Akademiker

 

1. Mai 1995

 14 Bedienstete

 5 Akademiker

 +2/1

30. Jänner 1998

 18 Bedienstete

 7 Akademiker

 +4/2

2. Den Sektionsleitern und Abteilungsleitern wird gemäß § 121 Z. 3 GG 1956

rechtmäßig eine Verwendungszulage ausbezahlt.

 

Ausgenommen davon sind aber nachstehende im Ministerbüro des Bundesministers

Mag. Molterer tätige Abteilungsleiter, nämlich;

 

Rat Dipl.Ing. R.

                           

                           

 Abteilungsleiter III/2

Abteilungsleiter Stabsstelle    

Zuteilung nach Brüssel im Ausmaß von 50%   

ORat Dr. P.

 Abteilungsleiter  Öffentlichkeitsarbeit

Presseangelegenheiten / Ministerbüro

OKommissär T.

 Leiter Abteilung Präs. P /IX

Ministerbüro

 

Diese drei genannten Abteilungsleiter erhalten - wie nachstehend näher ausgeführt wird

- keine Verwendungszulage, sondern eine Überstundenvergütung. So betrug u.a. die

Überstundenvergütung des Dipl.Ing. R. (Geb.Datum 31.5.1961) im Jahr 1997 insgesamt

302.309,80 S (z.B. Jänner 37.589,50 S, Feber 31.433,- S, März 29.471,- S, April

30.163,-, Mai 27.316,-, Juni 29.240,-, Juli 21.825,-).

 

3. Daß die letztgenannten “Minister - Sekretäre" keine Verwendungszulage, sondern

eine Überstundenvergütung erhalten, geht aus einem Schreiben des Bundesminister

Mag. Wilhelm Molterer vom 22. Juli 1998 (AB 1286 vom 28. Juli 1998 -) hervor.

Gerechtfertigt wird dieser Umstand in der genannten Anfragebeantwortung damit, daß

die Doppelzuteilung der drei genannten Abteilungsleiter sich sehr bewährt habe, und

folgedessen die zeitlichen Mehrleistungen dieser Beamten durch

Überstundenvergütungen gemäß § 16 GG 1956 bzw. durch Sonn - und

Feiertagsvergütungen gemäß § 17 GG 1956 abgegolten werden.

4. Die unter Punkt 3. dargestellte rechtswidrige Vorgangsweise ist darauf

zurückzuführen, daß die drei Beamten durch die Auszahlung der Überstunden

wesentlich mehr Geld erhalten haben als durch eine Verwendungszulage. Diese

Vorgangsweise ist eindeutig rechtswidrig.

 

Dies wird u.a. auch durch ein Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (siehe GZ.

923.000/1-VII/2/98) bestätigt, in dem in diesem u.a. folgendes ausgeführt ist:

 

“Der Begriff gebührt bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts -

hofes, daß die Dienstbehörde bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die

vorgesehenen Abgeltungen leisten muß und dies nicht mehr in ihrem Ermessen liegt. Es

liegt aber auch nicht in der freien Entscheidung des betroffenen Bediensteten, eine

Wahl zwischen einer Einzelvergütung und einer Pauschalabgeltung für Überstunden zu

treffen, da die gesetzlichen Voraussetzungen für diese beiden Möglichkeiten der

Entschädigung für zeitliche Mehrleistungen im Gehaltsgesetz 1956 in exakter Weise

definiert sind. (...) Wenn unter “Funktionsträgern” (an sich üben alle Beamte, jeder auf

einer anderen Stufe der Hierarchie, Funktionen als Referent, Referatsleiter,

Abteilungsleiter etc. aus), nur die Leitungsfunktionäre gemeint sind, so ist eine

Einzelvergütung, da gesetzlich nicht vorgesehen, nicht möglich.”

 

In dem genannten Schreiben wird u.a. seitens des Bundesministeriums für Finanzen in

der Stellungnahme zu Punkt 1. ausgeführt: “Da jedem Funktionsträger aufgrund der

gesetzlichen Bestimmungen eine Funktionszulage gebührt, ist auch jedem

Funktionsträger eine solche Zulage zu bemessen. (...) Bei der Bemessung der

Verwendungszulage ist auch auf die vom Beamten in zeitlicher oder mengenmäßiger

Hinsicht zu erbringenden Mehrleistungen Bedacht zu nehmen. Daher beruht eine

Überstundenvergütung und der Mehrleistungsanteil der Verwendungszulage auf

demselben Rechtsgrund. Nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen ist es unzulässig,

ein - und dieselbe Leistung mehrfach zu honorieren.”

Weiters weist das Bundesministerium für Finanzen in seiner Stellungnahme noch darauf

hin, daß:

 

“Die Abgeltung einer Leitungsfunktion im Wege einer Überstundenvergütung

gesetzwidrig ist und daher im Widerspruch zu den Vorschriften des Gehaltsgesetzes

steht.

 

Die Bestimmung des § 121 Abs. 1 Z. 3 GG 1956 über die Verwendungszulage steht

nämlich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Verhältnis zur

Regelung des § 16 GG über die Überstundenvergütung eine "lex specialis” dar, so daß

für Leitungsfunktionäre nur eine Verwendungszulage, die alle zeitlichen und

mengenmäßigen Mehrleistungen vergütet, in Betracht kommt.”

 

5. Die Ausführungen des Bundesministeriums für Finanzen stellen somit eindeutig klar

(“für Leitungsfunktionäre gibt es nur eine Verwendungszutage und keine

Überstundenvergütung gem. § 16 GG”), daß Bundesminister Mag. Molterer eindeutig

rechtswidrig Zahlungen an ihn und der ÖVP nahestehende Bedienstete auf Kosten des

Steuerzahlers leistet. Denn ist es eindeutig nachweisbar, daß bei einem gesetzlichen

Vorgehen dem Steuerzahler Kosten in sechsstelliger Höhe erspart geblieben wären. Dies

war wie aus den Ausführungen in der genannten Anfragebeantwortung zu Frage 6eindeutig hervorgeht Bundesminister Mag. Molterer auch bekannt.

6. Daß Bundesminister Mag. Molterer und die ihm unterstellten zuständigen

Organwalter wußten, daß dieses Vorgehen gesetzwidrig war, und wie sehr sie bemüht

waren und sind, nur “Parteigünstlinge” gesetzwidrig zu bevorzugen, zeigt eine

Stellungnahme zu GZ 37.996/09 - III/B/92. In dieser wird sehr wohl darauf hingewiesen,

daß "durch eine Verwendungsabgeltung alle Mehrleistungen (Überstunden) abgegolten

werden” und auch, daß “es mangels Rechtsgrundlage nicht möglich ist, anstelle einer

Verwendungsabgeltung eine Überstundenvergütung zu bezahlen”. Richtigerweise wird

in der Stellungnahme noch ausgeführt, daß “der Tatbestand, der den Anspruch auf eine

Verwendungsabgeltung begründet, den Anspruch auf eine Überstundenvergütung kraft

Gesetzes ausschließt” (siehe Beilage 4).

 

7. Gerade die letzte Stellungnahme (siehe GZ 37.996/09-lll/B/92 vom 1. Oktober 1992)

zeigt, daß die Rechtslage dem Bundesministerium stets bekannt war und Bundesminister

Mag. Molterer daher wissentlich und mit Vorsatz die Republik zu schädigen. zugunsten

seiner “Minister - Sekretäre” Überstunden ausbezahlt hat, wodurch der Republik

Österreich ein Schaden in sechsstelliger Höhe entstanden ist.

 

Aufgrund des aufgezeigten Sachverhaltes besteht darüber hinaus der Verdacht, daß

Bundesminister Mag. Molterer den Tatbestand des Amtsmißbrauches gem. § 302 StGB

gesetzt hat.

 

Die dargestellte Vorgangsweise des Bundesministers für Land - und Forstwirtschaft stellt

eindeutig eine rechtswidrige Begünstigung von einzelnen ihm politisch nahestehenden

Personen dar.

 

Ähnliche Begünstigungen finden auch in anderen Ressorts statt. So ist etwa in keiner

Weise sachlich nachvollziehbar, nach welchen Grundsätzen die vor allem im Bereich des

Bundesministeriums für Finanzen anfallenden Aufsichtsfunktionen etwa bei

Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen “vergeben” werden, die ab einer

bestimmten Bilanzsumme anfallen:

 

155 Kreditinstitute und 32 Versicherungsunternehmen sind davon betroffen, d.h., daß

das Bundesministerium für Finanzen jeweils einen Aufsichtskommissär und einen oder

mehrere Stellvertreter bestellt, die alle für diese Funktion eine Vergütung beziehen, die

je nach der Größe des Kreditinstitutes abgestuft ist.

 

Rund 200 Bedienstete des Bundesministerium für Finanzen waren zum Stichtag einer

diesbezüglichen parlamentarischen Anfrage (1. August 1997) mit derartigen Funktionen

betraut und bezogen insgesamt daraus eine Vergütung, die in manchen Fällen die Höheeines zweiten Gehaltes erreichte.Zahlreiche Fälle der Verletzung dienstrechtlicher Bestimmungen betreffen die

Ausschreibung und Besetzung leitender Funktionen. Als Beispiel ist folgender Fall aus

dem Bereich des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr aufzuzeigen:

 

1. Kurz vor dem Ausscheiden von Ex - Bundesminister Dr. Scholten im Jänner 1997 aus

der Regierung wurde die Leitung der Abteilung VN8, Bibliotheken für Universitäten

und Kunsthochschulen, des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr, neu

besetzt. Aufgrund der Ausschreibung vom 9. Februar 1996 in der Wiener Zeitung

bewarben sich acht Personen um diese Stelle. In der Folge hielt die

Ausschreibungskommission, besetzt mit vier Männern, insgesamt fünf Sitzungen ab,

wobei sowohl Herr Dr. Peter S. als auch Frau Dr. Elisabeth B. als für die

ausgeschriebene Funktion insgesamt in hohem Maße geeignet erachtet wurden.

 

2. Als zusammenfassendes Ergebnis der Ausschreibungskommission wurde allerdings

u.a. festgestellt, daß den beiden genannten Bewerbern zwar als Qualifikationskalkül

“in hohem Maße" gegeben werde, aber dies keinesfalls die Gleichwertigkeit der

beiden Kandidaten bedeute, sondern lediglich die Einordnung in ein Kalkül mit

entsprechender Bandbreite, an deren oberen Ende Dr. S. und am unteren Ende Dr.

B. einzuordnen seien. Auf der Grundlage diese Gutachtens wurde Dr. S., übrigens

der Schwager von Wiens Bürgermeister Dr. Häupl, am 22. Jänner 1997 von

Bundesminister Dr. Scholten mit der Leitung der Abteilung I/N8 betraut.

 

3. Über einen Antrag der Gleichbehandlungsbeauftragten wurde die

Gleichbehandlungskommission mit diesem Fall betraut, welche in ihrem Gutachten

zu der Feststellung kommt, daß die Auswahlentscheidung zur Bestellung der

Leiterin/des Leiters der Abteilung I/AI8 im Bundesministerium für Wissenschaft und

Verkehr schwere Mängel aufweise und nicht nachvollziehbar sei. Die zugunsten von

Herrn Dr. S. getroffene Auswahlentscheidung verletze das Gleichbehandlungsgebot

nach § 3 Z 5 B - GBG. In ihrem Gutachten merkt die Gleichbehandlungskommission

noch an, daß das Fehlen einer nachvollziehbaren Begründung für die

vorgenommene Reihung im Gutachten der Ausschreibungskommission den Schluß

zulasse, daß offenbar sachfremde Erwägungen für die Entscheidung des

Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr maßgebend waren. Abgesehen von

dieser fragwürdigen Punktevergabe würde rein rechtlich schon die Einstufung der

beiden Bewerber in der gleichen Kategorie genügen, um der Frau nach dem Bundes -

gleichbehandlungsgesetz den Vorzug zu geben.

 

Die Gleichbehandlungskommission hat somit festgestellt, daß die

Funktionsbetrauung auf Grund unsachlicher Erwägungen erfolgt ist und somit das

Gesetz verletzt wurde. Daraus erwächst jedoch für die diskriminierte Bewerberin

kein nachträglicher Anspruch auf die Funktion.

 

Ein weiterer jüngst bekanntgewordener Fall betrifft die Ernennung einer Kandidatin zum

Vorstand eines Institutes der Universität Innsbruck. Die offenkundige rechtswidrige

Vorgangsweise von Bundesminister Dr. Einem führte sogar dazu, daß BundespräsidentDr. Klestil die Unterschrift unter das Ernennungsdekret verweigerte.

 

Alle diese Vorgänge bestätigen die Befürchtung, daß die Verwaltung von den

Regierungsparteien als Instrument zur Erhaltung und Absicherung ihrer Macht

mißbraucht wird, indem politische Günstlinge in rechtswidriger Weise gefördert werden,

während der öffentliche Dienst insgesamt nur noch als Kostenfaktor gesehen wird.

Dieser Mißbrauch kann nicht länger hingenommen werden, da er enorm

demotivierende Wirkung entfaltet, wodurch die Leistungsfähigkeit der Verwaltung

angesichts ohnedies knapper Ressourcen und zusätzlich verordneter Sparpakete

ernsthaft gefährdet wird.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

                                                          ANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Der Rechnungshof wird gemäß § 99 GOG - NR mit der Durchführung einer

Sonderprüfung der Gebarung des Bundeskanzleramtes und der anderen Zentralstellen

(Bundesministerien) hinsichtlich der Vollziehung aller dienst -, besoldungs - und

pensionsrechtlichen Bestimmungen einschließlich des Ausschreibungsgesetzes 1989

insbesondere auch im Hinblick auf finanzielle und laufbahnmäßige Begünstigung von

Personen im politischen Nahebereich (z.B. Ministerbüro) der Regierungsmitglieder

beauftragt.