893/AE XX.GP
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Dr. Martin Graf Scheibner, Dr. Kurzmann
und Kollegen
betreffend EU - Beitrittsbedingungen für die Tschechische Republik und Slowenien
Der Europäische Rat in Kopenhagen (1993) hat als Voraussetzung für eine
Mitgliedschaft in der Europäischen Union u.a. institutionelle Stabilität als Garantie für
demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, für die Wahrung der Menschenrechte
sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten festgelegt. Darüber hinaus hat der
Europäische Rat in Luxemburg (1997) beschlossen, Verhandlungen mit Zypern, Ungarn,
Polen, Estland, der Tschechischen Republik und Slowenien über die Bedingungen ihres
Beitritts zu beginnen und gleichzeitig betont, daß die Einhaltung der politischen
Kriterien von Kopenhagen eine unabdingbare Voraussetzung für die Eröffnung von
Beitrittsverhandlungen darstellen. Lt. Beschluß des Rates “Allgemeines” vom 5. Oktober
1998, sollen am 10. November d.J. konkrete Verhandlungen mit den sechs
Bewerberländern der ersten Gruppe aufgenommen werden. Dies trotz der Tatsache,
daß in zwei Beitrittskandidatenländern, nämlich in Slowenien und in der Tschechischen
Republik, die Einhaltung der politischen Kriterien von Kopenhagen, die vom
Europäischen Rat als “eine unabdingbare Voraussetzung für Beitrittsverhandlungen"
angesehen wurden, bislang nicht gewährleistet ist. In beiden Staaten gelten weiterhin
Gesetze bzw. Bestimmungen mit menschenrechts - und völkerrechtswidrigem Inhalt.
Es ist evident, daß die AVNOJ - Bestimmungen in Slowenien einerseits und die Benes -
Dekrete in der Tschechischen Republik andererseits, nicht nur den sog. Kopenhagener
Kriterien (Wahrung der Menschenrechte sowie Achtung und Schutz von Minderheiten)
widersprechen, sondern zudem den Grundsätzen der Europäischen Union, wie im (noch
nicht in Kraft getretenen) Amsterdamer Vertrag (Art. 6 (ex - Art. F)) festgeschrieben,
zuwiderlaufen.
Trotzdem weigert sich die österreichische Bundesregierung diese Problematik zum
Gegenstand der EU - Beitrittsverhandlungen zu machen. Österreich als Schutzmacht der
Altösterreicher deutscher Muttersprache auf dem Gebiet der ehemaligen k.u.k.
Monarchie hat nicht nur eine rechtliche und moralische Verpflichtung ihre Anliegen und
jene der Heimatvertriebenen zu vertreten, sondern darüber hinaus die Möglichkeit
(Stichwort: Vetorecht bei Beitrittsverhandlungsabschluß), diese auch durchzusetzen. Die
italienische Regierung beispielsweise hat sehr wohl den Abschluß des
Assoziierungsabkommen der EU mit Slowenien solange durch ihr Veto blockiert, bis die
Forderungen der italienischen Flüchtlinge, die in den fünfziger Jahren gezwungen
waren, Jugoslawien zu verlassen und deren Besitz enteignet wurde, erfüllt und im
Assozuerungsabkommen vertraglich verankert wurden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen:
“Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Zuge der EU - Beitrittsverhandlungen
Sloweniens und der Tschechischen Republik sicherzustellen, daß
• die derzeit in diesen Staaten bestehenden menschen - und völkerrechtswidrigen
AVNOJ - Bestimmungen und Benes - Dekrete aufgehoben werden,
• die Altösterreicher deutscher Muttersprache als Volksgruppe anerkannt und die
entsprechenden Rechte gewährt werden,
• die restriktiven staatsbü rgerschaftsrechtlichen Bestimmungen des
Denationalisierungsgesetzes in Slowenien aufgehoben werden,
• die Fragen des enteigneten Vermögens bzw. hinsichtlich der sehr schleppenden
Behandlung der Entschädigungsanträge
in Slowenien und
• die Entschädigungs - und Eigentumsfrage österreichischer Staatsbürger, insbesondere
der Heimatvertriebenen, in der Tschechischen Republik geklärt werden.
Andernfalls hat die Bundesregierung ihre Zustimmung zum Abschluß der EU -
Beitrittsverhandlungen mit diesen Staaten zu verwehren.”
In formeller Hinsicht wird beantragt, diesen Antrag dem Außenpolitischen Ausschuß
zuzuweisen.