923/AE XX.GP
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer, Dr. Preisinger, Madl
und Kollegen
betreffend Reform des Dienst - und Besoldungsrechts für Lehrer
Das derzeitige Dienst - und Besoldungsrecht der Lehrer entspricht schon lange nicht
mehr den Anforderungen, die heute an das Bildungsunternehmen Schule gestellt
werden; es erweist sich vielmehr in zunehmendem Maße als leistungsfeindlich und
mobilitätshemmend. Beherrschendes Prinzip des geltenden Besoldungsrechtes ist noch
immer der Grundsatz, daß die Höhe der Entlohnung weitgehend vom Dienstalter
abhängt, als ob das Dienstalter wirklich für die Qualität des Unterrichtes oder
hinsichtlich der Fähigkeiten und der Kenntnisse der Lehrerinnen und Lehrer von
erheblicher Bedeutung wäre.
Dazu kommt eine Unzahl von Regelungen betreffend Zulagen und Nebengebühren, die
ebenfalls weitgehend unabhängig vom tatsächlichen Einsatz und der erbrachten
Leistung ausgezahlt werden. Entgegen den oftmaligen Versprechungen, das üppig
wuchernde Zulagen - und Nebengebührenunwesen zu bereinigen, wurden auch durch
die Besoldungsreform 1994 die Nebengebühren (z.B. Überstundenvergütung) in keiner
Weise angetastet, obwohl gerade dieser Bereich sowohl rechtlich wie faktisch große
Probleme aufwirft, im geltenden Besoldungsrecht die größte Schwachstelle darstellt und
äußerst aufwendig zu vollziehen ist.
Die Unzulänglichkeit der Besoldungsreform zeigte sich seit ihrem Inkrafttreten immer
wieder allein durch die Notwendigkeit ständiger Novellierungen zur Bereinigung
offenkundiger Fehler.
Ein weiteres Problemfeld ist der Umstand, daß die Regelungen für die
Vertragsbediensteten durch die Besoldungsreform völlig unberührt blieben und daher
die beiden Gruppen von Lehrern, nämlich die beamteten Lehrer und die Vertragslehrer,
die oftmals an derselben Schule gleiche Tätigkeiten verrichten, in unverständlicher und
nicht nachvollziehbarer Weise dienstrechtlich
verschieden behandelt werden, wobei die
Vertragslehrer zudem hinsichtlich der Besoldung kraß benachteiligt sind. Der Grundsatz
gleiche Entlohnung für gleiche Dienste wird dadurch in unzumutbarer Weise verletzt.
Von Regierungsseite wurden daher seit Jahren immer wieder Dienstrechtsreformen
angekündigt, wobei einmal von einem Bundesarbeitnehmergesetz, dann von einem
Bundesangestelltengesetz und später wieder von einer Reform des
Vertragsbedienstetengesetzes gesprochen wurde.
Bis jetzt ist von all dem nichts auch nur ansatzweise verwirklicht worden. Die
Verhandlungen zwischen Regierung und Gewerkschaft blieben bisher ohne Ergebnis.
Die in der letzten Zeit beschlossenen Änderungen des Lehrerbesoldungsrechtes zeigen
das Dilemma deutlich: allein der Umfang dieser Novellen erweckt den Eindruck, daß hier
umfangreiche und grundsätzliche dienstrechtliche Neuerungen stattfinden. In Wahrheit
zeigt sich, daß immer wieder in kasuistischer Weise eine Unzahl von dienst - und
besoldungsrechtlichen Bestimmungen adaptiert werden müssen, weil die bisherige
Rechtslage ganz einfach unzulänglich ist. Das geltende Dienst - und Besoldungsrecht der
Lehrer ist kasuistisch, kompliziert, nur mehr für wenige Experten durchschaubar, in
weiten Teilen von der Verwaltung kaum noch vollziehbar und für die betroffenen
Bediensteten nahezu unverständlich. Im Ergebnis führt dieses Dienst - und
Besoldungsrecht nicht dazu, daß Aktivitäten und Innovationen der Lehrer angeregt und
ermöglicht, sondern dazu, daß Aktivitäten und Innovationen eingeschränkt oder sogar
gänzlich verhindert werden.
Dies zeigt sich exemplarisch an den neuen Besoldungsregelungen für den Lehrerbereich,
insbesondere bei der Vollziehung der Neuregelung für Mehrdienstleistungsvergütungen:
Wenn es noch eines weiteren Beweises bedurft hätte, daß dieses Besoldungsrecht
überholt ist, so wurde er mit der Neufassung des § 61 des Gehaltsgesetzes 1956
endgültig erbracht, die mit 1. September 1998 in Kraft getreten ist.
Das wochenlange Tauziehen zwischen Lehrergewerkschaft und Unterrichtsministerium
um die Abgeltung von Mehrdienstleistungen zeigte nämlich, daß nicht nur die
Auslegung des Gesetzes mehrere Varianten zuläßt, sondern darüber hinaus die
seinerzeitigen Verhandlungspartner Gewerkschaft und Dienstgeber offenbar bei der
Textierung der Gesetzesstelle von einem
unterschiedlichen Inhalt ausgingen, nicht mehr
wußten, was sie eigentlich gemeinsam paktiert hatten und von den braven
Koalitionsabgeordneten absegnen ließen. Wahrhaft eine legistische Großtat, die einen
wochenlangen Streit auf dem Rücken der Lehrer und nicht zuletzt auf dem Rücken der
Schüler auslöste.
Aus den dargelegten Gründen ist unverzüglich eine umfassende Reform des
Lehrerdienstrechtes in Angriff zu nehmen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher den nachstehenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat innerhalb von drei Monaten
den Entwurf eines eigenständigen Dienst - und Besoldungsrechts für Lehrer vorzulegen,
das sich an folgenden Grundsätzen orientiert:
• Die besonderen Anforderungen des Lehrerberufes unterscheiden sich wesentlich von
allen anderen Sparten des öffentlichen Dienstes. Das Dienst - und Besoldungsrecht
dieser Berufsgruppe soll daher eigenständig weiterentwickelt und der speziellen
Situation des Dienstleistungsunternehmens Schule angepaßt werden.
• Ein zeitgemäßes Dienst - und Besoldungsrecht muß in grundsätzlicher Abkehr vom
Dienstaltersprinzip eine funktions - und leistungsorientierte Besoldung der Lehrer
garantieren und den Grundsatz gleicher Entlohnung für gleiche Leistung
verwirklichen.
· Die Besoldung soll aus drei Komponenten bestehen:
· Dem Grundgehalt (Erfahrungskomponente), das zwischen Anfangs- und
Endbezug in einer relativ flachen Kurve ansteigt. Dadurch soll ein höheres
Einstiegsgehalt garantiert werden. Die Biennalsprünge sollen darüber hinaus
leistungsbezogen sein, das heißt, ein Biennalsprung soll nur dann erfolgen,
wenn vom Lehrer der Nachweis einer dauernden fachspezifischen
Fortbildung, etwa im Ausmaß einer Woche pro Jahr, erbracht wird.
· Einer Funktionskomponente, mit der vom Dienstalter unabhängig die mit
der Ausübung einer bestimmten Funktion verbundene Verantwortung und
Leistung abgegolten wird.
· Einer Leistungskomponente, mit der, ebenfalls unter Abkehr vom
Dienstaltersprinzip, die individuelle Leistung abgegolten wird. Dadurch
sollen vor allem die Planung, Vorbereitung, Durchführung und
Nachbereitung von Projekten und Schulveranstaltungen aller Art, der
laufende Informationsaustausch zwischen Lehrern und Eltern bzw.
Schülern, die Betreuung von Neigungsgruppen und bestimmte
außerschulische Aktivitäten im Interesse der Schule (z.B. Sponsorensuche)
abgegolten werden.
· Schaffung eines neuen Anforderungsprofils für Lehrer: Die Grundlage für die
Entlohnung darf nicht mehr in erster Linie nur der Unterricht in der Klasse sein. Es
müssen vielmehr alle Komponenten berücksichtigt werden, die die Qualität und die
Quantität der Leistungserbringung des Dienstleistungsunternehmens Schule
beeinflussen.
· Die oftmals eingeforderte Schulautonomie soll endlich auch im Bereich der
Entlohnung realisiert werden. Die Leistungskomponente soll durch den
Schulgemeinschaftsausschuß beurteilt werden, wobei die zugeteilten Werteinheiten
die Grundlage für das schulautonome Budget für Leistungszulagen bilden.
In formeller Hinsicht wird ersucht, den Antrag dem Unterrichtsausschuß zuzuweisen.