969/A XX.GP
ANTRAG
gemäß § 99 Abs. 2 GOG - NR
der Abgeordneten Böhacker, Mag. Trattner
und Kollegen
betreffend Durchführung einer Sonderprüfung des Rechnungshofes gemäß § 99 GOG -
NR
Der Bundesminister für Finanzen ist gemäß § 69 des Bankwesengesetzes (BWG)
Aufsichtsbehörde über die in Österreich tätigen Kreditinstitute. Daneben werden
gewisse eingeschränkte Aufgaben auch der Oesterreichischen Nationalbank übertragen.
Sein Maßstab bei Ausübung der Aufsicht ist der Funktions - und, wie sich aus dem
sonstigen Gesetzeszusammenhang ergibt, der Gläubigerschutz. Inländische
Kreditinstitute sind die nach § 4 BWG konzessionierten (seien es rechtlich selbständige
oder Zweigniederlassungen ausländischer Kreditinstitute) sowie die auf Grund
besonderer bundesgesetzlicher Regelungen tätigen Kreditinstitute.
Primäres Ziel der Bankenaufsicht ist, wie sich aus dieser Bestimmung ergibt, der
Funktionsschutz. Dieses Ziel ist dadurch begründet, daß das Bankwesen ein
volkswirtschaftlicher Schlüsselbereich ist, “von dessen Funktionieren weite Teile der
Volkswirtschaft abhängig sind. Käme es im Gefolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten
etwa zur Zahlungsunfähigkeit eines Bankunternehmens, so hätte dies besonders
weitreichende negative Folgen für die Einleger des Instituts, darüber hinaus auch für
große Teile der Volkswirtschaft” (Hartmann in ÖZW 1992 , 60). Auf dieses Ziel der
Bankenaufsicht hat der Bundesminister für Finanzen in all jenen Fällen, in denen ihm im
Zuge der Bankenaufsicht Ermessen eingeräumt ist, entsprechend “Bedacht zu nehmen”.
Der Gläubigerschutz ist einigen Bestimmungen des Gesetzes inhärent und dient insofern
ebenfalls zur Determinierung der
Verwaltungshandlungen in Vollziehung des BWG
Die Bankenaufsicht ist daher zum Eingreifen verpflichtet, falls für die Erfüllung der
Verpflichtungen einer Bank gegenüber ihren Gläubigern Gefahr bestünde. Organe der
Bankenaufsicht sind das Bundesministerium für Finanzen als Bankaufsichtsbehörde,
Staatskommissär, Regierungskommissär, Bankprüfer, die OeNB und Sonderprüfer.
Bei einer Prüfung der Bankenaufsicht übte der Rechnungshof im Jahre 1993 unter
anderem daran heftige Kritik, daß eingehende Kontrollhandlungen häufig verhältnis -
mäßig spät einsetzten und auf dem Zufallsprinzip beruhten. Insbesondere beanstandete
der Rechnungshof das Fehlen energischer Aufsichtsmaßnahmen, weil die überwiegend
gehandhabte Einholung von Auskünften kaum erfolgversprechend war.
Unter Berücksichtigung der Tatsachen, daß das Verhalten der Bankenaufsicht in den
Jahren 1992 bis 1995 mehrmals im Schußfeld der öffentlichen Kritik gestanden ist, wie
z.B. beim Bankhaus Rössler, bei der damaligen Effectlnvest und nunmehrigen Diskont -
Bank, bei den sogenannten “Karibik - Geschäften” der Bawag oder bei der Insolvenz der
BHI - Bank, und daß die Republik Österreich wegen Mängel in der Bankenaufsicht bereits
zweimal Schadenersatz in Millionenhöhe leisten mußte - unter anderem wurde in einem
Fall der Aufsichtsbehörde vorgeworfen, trotz aktenkundiger Bedenken gegen die Bank
und deren Geschäftspolitik nicht zeitgerecht die nötigen Schritte gesetzt zu haben - , ist
es absolut unverständlich, daß der Bundesminister für Finanzen keine Maßnahmen zur
Umgestaltung der Bankenaufsicht zu einem durchschlagskräftigen Kontrollorgan gesetzt
hat. Allerdings hätte die Bankenaufsicht auch mit dem bestehenden Instrumentarium im
Falle der Rieger - Bank und der Diskont - Bank effiziente Aufsichts - bzw.
Prüfungshandlungen setzen und durch geeignete Maßnahmen einen Schaden in Höhe
von mehreren hundert Millionen öS verhindern können.
Es ist sogar ein Zeichen von besonderer Unverfrorenheit, wenn nun die Bankenaufsicht
im Bundesministerium für Finanzen beteuert, daß sie “immer richtig gehandelt habe
und daß es für das offenbar gigantische Verbrechen keine Indizien gegeben habe" und
auch die Nationalbank die Meinung vertritt,
daß aus ihrer Sicht nichts schiefgelaufen sei.
Dabei versuchte die Nationalbank bereits vor Jahren mit allen Mitteln eine
Devisenhandelsermächtigung für Herrn Rieger zu verhindern und schreckte auch davor
nicht zurück, der Rieger - Bank durch einen schuldhaft rechtswidrig
zustandegekommenen Bescheid die Möglichkeit zu entziehen, aus dem Devisenhandel
Gewinne zu erzielen (OGH 1 Ob 8/98). Als Begründung gab die Nationalbank an, daß
Herr Rieger in unsaubere Geschäfte verwickelt und die Glaubwürdigkeit des Herrn
Rieger zweifelhaft sei. Zuletzt bestätigte die Nationalbank am 8. November 1998, daß sie
seit Jahren von Unregelmäßigkeiten bei der Rieger - Bank Kenntnis hatte. In diesem
Zusammenhang muß auch darauf hingewiesen werden, daß die Rieger - Bank nur durch
einen Irrtum des Bundesministeriums für Finanzen die Bezeichnung “Bank” führen
durfte.
Das Bundesministerium für Finanzen hat diesen Formfehler nicht unverzüglich behoben,
und somit offenbar eine Schädigung der Gläubiger in Kauf genommen, die im
Vertrauen auf die Bezeichnung “Bank” in Geschäftsbeziehung mit der Rieger - Bank
getreten sind. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, daß das Bundesministerium für
Finanzen in der Öffentlichkeit keinen Fehler eingestehen wollte.
Daß unter Berücksichtigung dieser Umstände bei der behaupteten Vielzahl von
Prüfungen - die Rieger - Bank wird als die bestgeprüfte Bank bezeichnet - keinem der
Organe der Bankenaufsicht und auch nicht dem Aufsichtsrat aufgefallen ist, daß
möglicherweise bereits seit 10 Jahren Bilanzen verfälscht, Außenstände falsch
dargestellt, Bankguthaben praktisch erfunden oder nach oben revidiert wurden,
erscheint so unmöglich und läßt darauf schließen, daß jedes Organ der Bankenaufsicht
bei der Erfüllung seines gesetzlichen Auftrages zum Schutz der Funktion der Bank und
zum Schutz der Gläubiger in signifikanter Weise versagt haben muß.
Denn bereits bei Durchsicht der Bilanzen sowie der Gewinn - und Verlustrechnungen der
Rieger - Bank kann man erkennen, daß
die Ergebnisse auch für eine ,,Sonderbank” derart
einzigartig sind, daß die wichtigsten Bilanzpositionen durch alle Organe der
Bankenaufsicht einer kritischen Überprüfung in Form eines externen Betriebsvergleiches
oder einer Plausibilitätsprüfung unterzogen werden hätten müssen, anstatt sich auf
Gutachten von Wirtschaftsprüfern, die zudem teilweise in einem Naheverhältnis zur
Rieger - Bank standen zu verlassen.
Es handelt sich insbesondere um folgende Auffälligkeiten:
• Die Eigenkapital - bzw. Vermögensrentabilität der einzelnen Jahre bewegte sind sich
in für Banken unvorstellbaren Dimensionen (return on equity: 45 % bis rd. 75 % im
Gegensatz zu unter 8% bei einer durchschnittlichen Großbank; return on assets: rd.
9% im Gegensatz zu unter 1%)
• Die Position “Barreserve” belief sich in der Regel auf die Hälfte der Bilanzsumme und
übertraf damit sogar die fast aller österreichischen Banken mit einer bis zu 70mal
höheren Bilanzsumme.
• Bei der Erstellung der Bilanz wurde gegen das Prinzip der Bilanzkontinuität
verstoßen.
• Das Haftkapital gemäß § 12 KWG ist in der Bilanz 1993 zu hoch angesetzt.
• Im Jahr 1993 wurde für zwei Vorstandsmitglieder beinahe gleich viel bezahlt wie für
ca; 21 Arbeitnehmer.
Daher bleibt es nicht nur für den Leiter des Alpenländischen Kreditorenverbandes,
Otmar Koren “schleierhaft”, daß die Malversationen die längste Zeit niemandem
aufgefallen sind. “Unter einer gewissenhaften Prüfung muß man verstehen, daß auch
Belege angeschaut werden” (Die Presse 4.11.98). Von den Organen der Bankenaufsicht
wurden jedoch gefälschte Saldenbestätigungen von Geschäftsbanken anerkannt, bei
denen die Originalvermerke ausgelackt und mittels Schreibmaschine Zahlen, die nicht
der Realität entsprachen, eingesetzt worden sind (Format 3/98). Ebenso unbeachtet
blieb die Tatsache, daß in der Rieger - Bank wiederholt gegen das gesetzlich
vorgeschriebene “Vier - Augen -
Prinzip” verstoßen worden ist.
Als Höhepunkt des Versagens der Bankenaufsicht können die Unterlassungen im
Zusammenhang mit der Begebung der Rieger - Bank - Anleihe mit Zeichnungsbeginn 15.
März 1998 bezeichnet werden.
Obwohl die Wirtschaftsprüfungskanzlei des früheren Finanzministers Dr. Staribacher ein
von ihr erstelltes Gutachten, in dem die Liquiditätslage der Rieger - Bank als sehr gut
beurteilt worden war, im Februar 1998 widerrufen hatte und darüber alle ihr bekannten
Empfänger schriftlich verständigt hatte, und obwohl die Nationalbank in einer
Anfang März 1998 durchgeführten Prüfung auf eine Reihe von Unregelmäßigkeiten
gestoßen ist, verhinderte weder die Bankenaufsicht noch die Wertpapieraufsicht den
Verkauf der ,,Rieger - Bank - Anleihen”. Die hohe Verzinsung von 7,5 %, eine kurze
Laufzeit, ein Verkaufsprospekt mit einer Vielzahl von falschen Angaben und eine
Vertriebsprovision von 15 % für die Diskont - Bank hätten in der Bankenaufsicht oder der
Wertpapieraufsicht die Alarmglocken schrillen lassen müssen. Die Tatsache, daß die
Rieger - Bank eine riskante, nicht - fundierte Anleihe zum Verkauf angeboten hat, hätte
aus Gläubigerschutzinteressen zu einer unmittelbaren Überprüfung durch die
Bankenaufsicht und zu einer freiwilligen Überprüfung durch die Wertpapieraufsicht
führen müssen. Vor diesem Hintergrund erscheinen diverse Aussagen, wonach jeder
Kleinanleger über das enorme Risiko beim Kauf einer Rieger - Bank - Anleihe Bescheid
hätte wissen müssen, als Verhöhnung der Anleihezeichner.
Da geplant war, daß mit dem Erlös aus dem Verkauf der Rieger - Bank - Anleihe
(Gesamtnominale von ca. 175 Mio. öS) die Verbindlichkeiten bei der Bank Austria in
beinahe derselben Höhe abzudecken und somit der Großgläubiger Bank Austria - zu
Lasten von mehr als 1000 Kleinanlegern - begünstigt werden hätte sollen, muß man
sogar annehmen, daß diese Transaktion mit Wissen und Duldung der Bankenaufsicht
durchgeführt worden ist.
Allerdings hat sich die Diskont - Bank nicht an die Vereinbarung gehalten und den
Verkaufserlös an die Bank Austria überwiesen, sondern an die BAWAG, wo Herr Rieger
persönlich diese Beträge abgehoben hat. All diese Umstände führten außer zu einigen
(aber ergebnislosen) Anzeigen zu keiner wirksamen Maßnahme seitens der
Bankenaufsicht, wie zum Beispiel die Bestellung eines Regierungskommissärs. Diese
Untätigkeit der Bankenaufsicht hat es ermöglicht, daß die Rieger - Bank in der Folge
hunderte Millionen öS - zum Schaden der Gläubiger - ins Ausland transferieren konnte.
Es ist evident, daß spätestens im Zeitpunkt der Begebung dieser Anleihe vor dem
Hintergrund der damals bereits bekannten Umstände ein Eingreifen der Bankenaufsicht
geboten gewesen wäre, da von einer Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtung des
Kreditinstitutes gegenüber seinen Gläubigern, insbesondere für die Sicherheit der ihm
anvertrauten Vermögenswerte, ausgegangen werden konnte. In diesem Falle kann der
Bundesminister für Finanzen gemäß § 70 Abs. 2 BWG zur Abwendung dieser Gefahr
befristete Maßnahmen durch Bescheid anordnen, die spätestens 18 Monate nach
Wirksamkeitsbeginn außer Kraft treten. Er kann durch Bescheid insbesondere
1) Kapital - und Gewinnentnahmen sowie Kapital - und Gewinnausschüttungen ganz
oder teilweise untersagen;
2) eine fachkundige Aufsichtsperson (Regierungskommissär) bestellen, die dem
Berufsstand der Rechtsanwälte oder der Wirtschaftstreuhänder angehört, und der
alle Rechte des § 70 Abs. 1 Z 1 und 2 BWG zustehen; die Aufsichtsperson hat
a) dem Kreditinstitut alle Geschäfte zu untersagen, die geeignet sind, die obige
Gefahr zu vergrößern, bzw.
b) im Falle, daß dem Kreditinstitut die Fortführung der Geschäfte ganz oder
teilweise untersagt wurde, einzelne Geschäfte zu erlauben, die die obige Gefahr
nicht vergrößern;
3) Geschäftsleitern des Kreditinstitutes unter gleichzeitiger Verständigung des zur
Bestellung der Geschäftsleiter zuständigen Organes die Führung des Kreditinstitutes
ganz oder
teilweise untersagen; das zuständige Organ hat binnen eines Monats die
entsprechende Anzahl von Geschäftsleitern neu zu bestellen; die Bestellung bedarf
zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des Bundesministers für Finanzen, die zu
versagen ist, wenn die neu bestellten Geschäftsleiter nicht geeignet scheinen, die
Abwendung der obigen Gefahr herbeiführen zu können;
4) die Fortführung des Geschäftsbetriebes ganz oder teilweise untersagen.
Zu durchleuchten ist auch die Rolle der Diskont - Bank, die auch den Exklusivverkauf der
Rieger - Bank - Anleihen übernommen hat, beim Verkauf von im eigenen Portefeuille
befindlichen Rieger - Bank - Anleihen im Wert von 81 Mio. öS um unter 4 Mio. öS an die
Euro - Invest - Bank, wodurch ebenfalls zahlreichen Gläubigern Schaden zugefügt werden
könnte. Im Aufsichtsrat dieser Euro - Invest - Bank sitzen ranghohe burgenländische SPÖ -
Politiker. Der Mehrheitseigentümer der Euro - Invest - Bank, die Donlon Finanzierungs - und
Beteiligungs - GmbH, ist wiederum an der IPA Consult Unternehmensberatung beteiligt,
die noch vier Monate vor der Flucht von Herrn Rieger die Liquiditätslage der Rieger - Bank
positiv beurteilt hat.
Durch das absolute Versagen der Bankenaufsicht wurden nicht nur die Gläubiger der
Rieger - Bank und die Diskont - Bank geschädigt, sondern es wurden dadurch in Folge auch
Amtshaftungsansprüche gegen die Republik Österreich provoziert, die den
österreichischen Steuerzahlern zig - Millionen öS kosten könnten. Insoweit zeichnet sich
auch ab, daß durch das Mißmanagement der Bankenaufsicht eine konkrete Schädigung
der Republik Österreich erfolgt ist.
Aus gegebenem Anlaß stellen daher die unterzeichneten Abgeordneten folgenden
ANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Der Rechnungshof wird gemäß § 99 GOG - NR mit der Durchführung einer
Sonderprüfung der Gebarung des
Bundesministeriums für Finanzen, der
Oesterreichischen Nationalbank und der Wertpapieraufsicht hinsichtlich der Erfüllung
ihrer Aufsichtspflicht über die in Österreich tätigen Kreditinstitute insbesondere im
Zusammenhang
• mit dem Versagen der Organe der Bankenaufsicht im Rahmen der Kontrolle der
Rieger - Bank und der Diskont - Bank, das zu einer Schädigung zahlreicher Kleinanleger
geführt hat,
• mit der Rolle der Bankenaufsicht bei den Karibikgeschäften der BAWAG sowie
• mit der Mißachtung der vom Rechnungshof bereits 1993 erhobenen Forderung, die
Bankenaufsicht zu einem durchschlagskräftigen Kontrollorgan umzugestalten,
beauftragt