1036/AB

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 1148/J betreffend Atomstromimporte nach erfolgter Liberalisierung der EU-Strommärkte, welche die Abgeordneten Langthaler, Freundinnen und Freunde am 12.  Juli 1996 an mich richteten und aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigelegt ist, stelle ich fest:

 

Antwort zu den Punkten 1 bis 5 der Anfrage:

 

Grundsätzlich ist festzuhalten, daß der Abschluß von Stromlieferverträgen nicht Gegenstand der Vollziehung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten ist.  Unbeschadet dieser Feststellung ist auch der Begriff "Atomstrom" kein Ausdruck, der in den einschlägigen technischen oder wirtschaftswissenschaftlichen Disziplinen verwendet wird und der daher auch keine Anknüpfungspunkte für technische und wirtschaftliche Überlegungen bietet.  Insbesondere ist aufgrund der physikalischen Eigenschaften eines Verbundnetzes eine Zuordnung grenzüberschreitender Stromtransporte zu einzelnen Kraftwerken bzw.  Kraftwerkstypen nicht möglich.

 

Weiters stelle ich grundsätzlich fest, daß durch die Binnenmarktrichtlinie Elektrizität das Gemeinschaftsrecht, soweit es für die Beurteilung des innergemeinschaftlichen Stromaustausches relevant ist, keine Änderung erfährt.  Diese Gemeinschaftsrechtslage stellt sich dar wie folgt:

 

- Gemäß Art. 30 EGV sind mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten verboten.

 

- Ausnahmen sind nur gemäß Art. 36 EGV möglich: Einfuhrverbote oder -beschränkungen stehen der Bestimmung des Art. 30 nicht entgegen, wenn sie aus taxativ aufgezählten Gründen (u.a. Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen) gerechtfertigt sind.  Diese Verbote und Beschränkungen dürfen jedoch weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen.

 

- Letztlich sind gemäß Art. 5 EGV die Mitgliedstaaten grundsätzlich gehalten, alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus diesem Vertrag oder aus Handlungen der Organe der Gemeinschaft ergeben, zu treffen.  Sie unterlassen alle Maßnahmen, welche die Verwirklichung der Ziele dieses Vertrages gefährden könnten.

 

Die Erstellung von Prognosen über die Höhe von Preissenkungen sowie die Beurteilung von Aussagen seitens der deutschen Industrie ist nicht meine Aufgabe.  Allein durch die Eröffnung der Möglichkeit zur Auswahl des Versorgers bzw.  Produzenten jedoch werden entsprechender Wettbewerbsdruck und Preissenkungen zu erwarten sein.  Zeitpunkt und Ausmaß von Preissenkungen werden sich aufgrund der Marktposition der Akteure im angestrebten Elektrizitätsmarkt ergeben.  Dies entspricht durchaus den Mechanismen eines marktwirtschaftlichen Systems.

 

Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:

 

In jedem marktwirtschaftlichen System müssen Unternehmen ihre Strategien den jeweiligen Marktsituationen anpassen.  Die Liberalisierung der europäischen Strommärkte bietet allen Marktteilnehmern Chancen und Risken, d.h. auch österreichische Unternehmen des Elektrizitätssektors können sich bietende Möglichkeiten auf dem europäischen Markt nutzen.

 

Antwort zu den Punkten 7 und 8 der Anfrage:

 

Es ist nicht meine Aufgabe, Meinungen - von wem auch immer - zu kommentieren.  An der derzeit gehandhabten Praxis der Preisfestsetzung für Tarifkunden werden weder diese Richtlinie, noch andere EU-Bestimmungen etwas ändern.  Die im Generalübereinkommen "Strompreis-Aufsichtssystem" - das von meinem Amtsvorgänger Dr. Ditz mit der Elektrizitätswirtschaft abgeschlossen wurde - vorgesehenen Regelungen sind meines Erachtens ein geeignetes Instrument, die von Ihnen angenommene Entwicklung hintanzuhalten.

 

Antwort zu Punkt 9 der Anfrage:

 

In dem von Ihnen angesprochenen Generalübereinkommen "Strompreis­Aufsichtssystem" wurden entsprechende Mechanismen zur Beherrschung der von Ihnen angesprochenen Problematik verankert.  Im übrigen ist eine Beurteilung möglicher Konsequenzen derzeit noch nicht möglich.

 

Antwort zu Punkt 10 der Anfrage:

 

 

Siehe Beilage 1.

 

 

Antwort zu Punkt 11 der Anfrage:

 

Die Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie sieht im Artikel 14 und 15 eine Entflechtung der Geschäftsbereiche von vertikal integrierten Elektrizitätsversorgungsunternehmen auf buchhalterischer und verwaltungsmäßiger Basis vor.  Eine darüberhinausgehende Entflechtung in Form einer Überführung der einzelnen Geschäftsfelder in eigenständige Unternehmen ist gemäß der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie nicht notwendig und wurde auch von mir nicht verlangt.  Im Zuge der Umsetzung der Richtlinie werden mögliche Vor- und Nachteile einer weitergehenden "Entflechtung" zu prüfen sein.

 

Antwort zu Punkt 12 der Anfrage:

 

Die Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie sieht einen von den Mitgliedstaaten zumindest vorzunehmenden Marktöffnungsgrad vor, wonach jedenfalls alle industriellen Großkunden über 100 GWh Jahresverbrauch als zugelassene Kunden gelten.  Inwieweit es zweckmäßig ist, daß auch Verteilerunternehmen für die von in ihrem Gebiet ansässigen zugelassenen Kunden verbrauchte Strommenge am Markt teilnehmen können, ist derzeit Gegenstand von Unter­suchungen.

 

Antwort zu Punkt 13 der Anfrage:

 

Die Kriterien zur Festlegung der "zugelassenen Kunden" sind durch Artikel 19 der Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie vorgegeben.  Es ist dies der Jahresverbrauch von mehr als 100 GWh (inkl.  Eigenerzeugung) pro Produktionsstätte.  Nähere Details werden durch die innerstaatliche Umsetzung zu regeln sein.

 

Im übrigen merke ich an, daß die Anfrager in der Einleitung ihrer Anfrage fälschlich von einem Jahresverbrauch von 40 GWh ausgehen.  Es scheint hier eine Verwechslung mit dem sogenannten "Schwellenwert" gemäß Art. 19 der Elektrizitätsbinnemarkt-Richtlinie vorzu­liegen, von dem der gesamte Marktöffnungsgrad der Gemeinschaft berechnet wird.

 

Antwort zu den Punkten 14 bis 16 der Anfrage:

 

Auch bei diesen Fragestellungen liegt anscheinend eine Vermengung des Stufenplanes der Schwellenwerte gemäß Art. 19 Abs. 2 der Elektrizitäts-Binnemarktrichtlinie mit dem Elektrizitäts-Jahresverbrauch von Unternehmen, die auf jeden Fall gem.  Art. 19 Abs. 3 der Richtlinie als "zugelassene Kunden' einzubeziehen sind, vor.  Die Fragestellung bezieht sich aus dem Gesamtzusammenhang offensichtlich auf den derzeitigen Stand des Umfanges jener Unternehmen, die aufgrund ihres derzeitigen Stromverbrauches jedenfalls gemäß Art. 19 Abs. 3 der Richtlinie "in die genannte Kategorie" ­nämlich als sogenannte "zugelassene Kunden" - einzubeziehen sind.

 

Die von mir nachstehend genannten Zahlen basieren auf den letztverfüglichen Daten (Basis: 1994; bei Eigenerzeugung Basis: 1993).  Gesondert ist der Stromverbrauch der ÖBB zu betrachten, der im Jahr 1994 2,2, TWh betrug, wobei die Eigenerzeugung bei 1,3 TWh lag.

 

Bei 31 österreichischen Unternehmungen lag der Jahresstromverbrauch über 100 GWh.  Der gesamte Stromverbrauch dieser Unternehmungen betrug 8,5 TWh, wobei deren Eigenerzeugung bei 4,2.. TWh lag.

 

Antwort zu den Punkten 17 bis 19 der Anfrage:

Die 31 Unternehmungen verteilen sich auf Österreich wie folgt:

Wien: 2,

NÖ.: 7,

OÖ.: 7,

Burgenland: 0,

Salzburg: 2,

Steiermark: 7,

Tirol: 2,

Kärnten: 4 und Vorarlberg 0.

 

Der Jahresstromverbrauch dieser Unternehmungen betrug:

 

Wien: 0,3 TWh,

NÖ.: 1,6 TWh,

OÖ.: 3,4 TWh,

Burgenland: 0 TWh,

Salzburg: 0,4 TWh,

Steiermark: 1,7 TWh,

Tirol: 0,4 TWh,

Kärnten: 0,7 TWh und Vorarlberg: 0 TWh.

 

Von diesem oben genannten bundesländerweiten Jahresstromverbrauch betrug die Eigenerzeugung dieser Unternehmungen:

 

Wien: 0 TWh,

NÖ.: 0,9 TWh,

OÖ.: 1,8 TWh,

Burgenland: 0 TWh,

Salzburg: 0,021 TWh,

Steiermark: 1,1 TWh,

Tirol: 0 TWh,

Kärnten: 0,4 TWh und Vorarlberg: 0 TWh

 

 

Beilagen

 

BEILAGEN (Generalübereinkommen) NICHT GESCANNT !!!