1050/AB
Die Abgeordneten zum Nationalrat Öllinger, Freundinnen und Freunde haben am 12. Juli 1996 unter der Nr. 1169/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend EU-konforme Arbeitnehmerlnnenschutzbestimmungen in Österreich gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:
1. Wann ist damit zu rechnen, daß ein EU-konformer Arbeitnehmerlnnenschutz auch für den öffentlichen Dienst umgesetzt wird?
2. Wie ist es zu rechtfertigen, daß es in Österreich betreffend Arbeitnehmerlnnenschutz noch immer zwei unterschiedliche Klassen von Arbeitnehmerlnnen gibt, nämlich jene im öffentlichen und im privaten Bereich?
3. In Deutschland wurde ein Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung aus dem Jahr 1994 bekannt, in weichem festgestellt wird, "daß auch nicht umgesetzte Richtlinien eine unmittelbare Wirkung zugunsten des einzelnen Bürgers bzw. der Bürgerin entfalten, die gegenüber staatlichen Einrichtungen eingefordert werden kann .
Stimmen Sie dieser Rechtsinterpretation des deutschen Sozialministers zu? Wenn ja, welche Konsequenzen hat das für Österreich und insbesondere für den ArbeitnehmerInnenschutz? Wenn nein, warum nicht?"
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 und 2:
Zunächst weise ich darauf hin, daß für Arbeitnehmer des Bundes, der Länder und der Gemeinden und Gemeindeverbände, die in Betrieben beschäftigt sind, bereits mit dem Arbeitnehmerinnenschutzgesetz, BGBI.NR. 450/1994, ein EU-konformer Arbeitnehmerlnnenschutz verwirklicht worden ist. Die Behauptung der Anfragesteller, daß im öffentlichen Dienst dem Anpassungsbedarf im Arbeitnehmerschutzrecht Oberhaupt noch nicht Rechnung getragen worden sei, ist daher unzutreffend.
Was die übrigen Bediensteten des öffentlichen Diensts betrifft, also jene, die nicht in Betrieben beschäftigt sind, fällt die Gesetzgebungskompetenz zur Umsetzung der EU-Arbeitnehmerschutzrichtlinien für Bedienstete der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände in die Zuständigkeit der Länder und nur für Bundesbedienstete in die des Bundes.
Für die dem Bundesbediensteten-Schutzgesetz unterliegenden Dienststellen des Bundes ist festzustellen, daß ein erster Schritt zur Anpassung des Dienstnehmerschutzrechts an das EU-Recht bereits mit der durch die Bundesbediensteten-Schutzgesetz-Novelle, BGBI.NR. 631/1994, sowie der darauf beruhenden Gefahrenklassen-Verordnung, BGBI.NR. 637/1995, vorgesehenen schrittweisen Einführung einer arbeitsmedizinischen Betreuung gesetzt worden ist. Was die Umsetzung der übrigen Bestimmungen der EU-Arbeitnehmerschutzrichtlinien betrifft, wurde vom Bundeskanzleramt ein Ministerialentwurf ausgearbeitet, über den in den nächsten Wochen Gespräche mit den zuständigen Bundesministerien und mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst aufgenommen werden. Es ist nach Abschluß der Verhandlungen in Aussicht genommen, den Entwurf einem allgemeinen Begutachtungsverfahren zu unterziehen und als Regierungsvorlage dem Nationalrat zuzuleiten.
Zu Frage 3:
Die Rechtsmeinung des deutschen Sozialministers deckt sich im wesentlichen mit der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 189 Abs. 3 EG-V, wonach dann, wenn ein Mitgliedstaat es verabsäumt, die notwendigen Durchführungsbestimmungen zur Erreichung der durch eine Richtlinie formulierten Ziele fristgerecht zu erlassen, diese Richtlinie dann, wenn deren Bestimmungen klar und unbedingt sind, dem Staat als Dienstgeber gegenüber unmittelbar geltend gemacht werden kann.
Da die Umsetzungsfrist zahlreicher EG-Richtlinien im Bereich des Arbeitnehmerschutzes bereits abgelaufen sind, ergibt sich die dargestellte Rechtsfolge auch für die Dienstnehmerschutzgesetze des Bundes und der Länder, soweit in diesen die Richtlinien noch nicht umgesetzt worden sind.