1116/AB
Die Abgeordneten zum Nationalrat Langthaler, Freundinnen und Freunde haben am 12. Juli 1996 unter der Nr. 1158/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend eklatante Ungleichheiten beim Zugang zum Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:
1. Ist es richtig, daß das Bundeskanzleramt das Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) finanziert und der Datakom/Radio Austria AG zur Verfügung stellt?
2. Zu welchem Preis stellt das Bundeskanzleramt diese Rechtsinformationen der Datakom/Radio Austria AG zur Verfügung?
3. Ist es richtig, daß der Zugang zum RIS für Bundesbehörden unentgeltlich ist?
4. Halten Sie es für angebracht, das RIS zunächst aus Steuermitteln zu finanzieren und anschließend von den Bürgerlnnen S 1.320,- pro Stunde für die Nutzung dieses Dienstes zu verlangen?
5. Halten Sie die extrem hohe Nutzungsgebühr von S 1.320,- pro Stunde als Voraussetzung für den Zugang zum Recht für gerechtfertigt?
6. Halten Sie es für demokratiepolitisch vertretbar. den Bürgerlnnen im Gegensatz zu den Behörden einen eklatant schlechteren, weil extrem teuren Zugang zu Rechtsinformationen zuzumuten?
7. Entspricht diese Vorgangsweise in Zeiten der Informationsgesellschaft Ihren Vorstellungen eines Zugangs zum Recht und zu Informationen seitens der Bürgerlnnen?
8. Was werden Sie tun, um diese "Waffenungleichheit" zwischen Bürgerlnnen und Behörden zu beenden?"
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Das Bundeskanzleramt finanziert zum überwiegenden Teil den Auf- und Ausbau des Rechtsinformationssystems und stellt es unter anderem auch der Radio Austria AG zum weiteren Vertrieb zur Verfügung. Durch die Datenaufbereitung und deren Übermittlung an das Bundeskanzleramt tragen auch die dateneinbringenden Stellen (z.B. die Gerichtshöfe oder die Landesregierungen) zur Finanzierung des Rechtsinformationssystems bei.
Zu Frage 2:
Das Bundeskanzleramt stellt der Radio Austria AG das Rechtsinformationssystem lizenzgebührenfrei zur Verfügung. Zur Abgeltung des technischen Mehraufwands werden jedoch S 11,60 pro Minute "Logon-Zeit" in Rechnung gestellt.
Zu Frage 3:
Das Rechtsinformationssystem steht nicht nur den Bundesbehörden, sondern auch allen Bundes-, Landes- und Gemeindedienststellen lizenzgebührenfrei zur Verfügung. Die Kosten für den technischen Aufwand (Leitungskosten, technische Ausstattung und ähnliches), die durch den Zugang zum Rechtsinformationssystem verursacht werden, haben jedoch diese Dienststellen zu bestreiten.
Zu Frage 4:
Im Vertriebsvertrag zwischen dem Bundeskanzleramt und der Radio Austria AG ist festgelegt, daß ein bestimmter Höchstbetrag pro Minute "Logon-Zeit" verlangt werden darf Radio Austria AG verlangt derzeit S 22,- pro Minute "Logon-Zeit". Dieser Betrag entspricht dem Vertriebsvertrag. Berücksichtigt man den an das Bundeskanzleramt zu entrichtenden Kostenersatz von S 11,60, so wird von der Radio Austria AG offenkundig zu diesen Kosten lediglich der ihr entstandene technische Aufwand in Rechnung gestellt (Rechnerzeiten usw).
Da insgesamt nur der Kostenersatz für den zusätzlichen technischen Aufwand in Rechnung gestellt und damit aus der Zurverfügungstellung des Rechtsinformationssystems kein Gewinn erzielt wird, -ist der Minutensatz als angemessen zu betrachten.
Auf eine Reduzierung der Abfragebühr hat das Bundeskanzleramt nur insoweit eine Einflußmöglichkeit. als auf den an den Bund zu entrichtenden Kostenersatz von derzeit
S 11,60 pro Minute "Logon-Zeit" verzichtet wird. Dadurch würden sich die Kosten der Radio Austria AG um diesen Betrag reduzieren, was zu einer Reduzierung der Abfragebühr um diesen Betrag führen müßte.
Die Radio Austria AG kann jedoch zu einem Verzicht ihres Kostenersatzes nicht gezwungen werden, da dies de facto auf eine Enteignung dieser Gesellschaft hinauslaufen würde.
Ein Kostenersatzverzicht seitens des Bundes wäre jedoch mit einem budgetären Mehraufwand verbunden. da das Bundeskanzleramt den technischen Mehraufwand zwar weiterhin zu leisten hätte, die damit verbundenen Kosten jedoch zur Gänze aus Budgetmittel zu tragen wären.
Zu Frage 5:
Ich verweise auf die Beantwortung der Frage 4.
Zu Frage 6:
Ich halte zunächst grundsätzlich fest, daß die rechtsverbindliche Kundmachung von Bundesgesetzen ausschließlich durch das Bundesgesetzblatt erfolgt.
Damit die Bürger als auch die Behörden und Dienststellen Kenntnis vom rechtsverbindlichen Inhalt der geltenden Bundesnormen erhalten, müssen die jeweiligen Bundesgesetzblätter abonniert bzw. im Einzelfall beschafft werden.
Nach der derzeit gehandhabten Novellierungstechnik der Gesetzgebungsorgane wird im Falle einer Änderung eines Bundesgesetzes im Zuge deren Kundmachung nicht die gesamte Norm in ihrer neuen Fassung, sondern werden nur die geänderten Passagen im Bundesgesetzblatt abgedruckt, sodaß der Normadressat zur Feststellung der jeweils geltenden Fassung eines Gesetzes je nach Anzahl der Novellierungen mehr oder weniger Gesetzblätter benötigt.
Das Rechtsinformationssystem wurde als zusätzliche Informationsquelle eingerichtet, die die Feststellung der jeweils geltenden Fassung eines Bundesgesetzes nicht ersetzen, sondern erleichtern sollte.
Die Erfassung der im Bundesgesetzblatt kundgemachten Normen im Rechtsinformationssystem erfolgt bereits seit einigen Jahren. Der Zugang zu diesen Normen im Rechtsinformationssystem ist für die Bürger nur dann von allgemein praktischer Bedeutung, wenn im Rechtsinformationssystem nicht nur die in den letzten Jahren kundgemachten Bundesgesetzblätter abgefragt werden können, sondern die jeweils geltende Fassung einer Bundesnorm. Es bedarf nämlich in der Regel besonderer Kenntnis der Gesetzestechnik und der Bundesgesetzblätter, die vor der Erfassung im Rechtsinformationssystem herausgegeben wurden, um aus der Vielfalt der Novellierungen die geltende Fassung einer Bundesnorm feststellen zu können. Aus diesem Grund wurde das Rechtsinformationssystem vom Bundeskanzleramt zunächst nur den Bundes-, Landes- und Gemeindedienststellen über das Bundesnetz unentgeltlich und Dritten gegen Ersatz des technischen Mehraufwands, da aus Sicherheitsgründen ein allgemeiner Zugang zum Rechtsinformationssystem über das Bundesnetz nicht vertretbar ist. zur Verfügung gestellt.
Um die geltende Fassung im Rechtsinformationssystem abfragen zu können, bedarf es daher einer Rückwärtserfassung aller noch geltenden Bundesnormen, die zum Teil bis in das vorige Jahrhundert zurückreichen. Diese Erfassungstätigkeit ist äußerst zeit- und arbeitsintensiv. Sie ist zwar noch nicht zur Gänze abgeschlossen, aber schon so weit durchgeführt worden, daß die wichtigsten Normen von der Stammfassung bis dato erfaßt sind.
Demokratiepolitisch ist es von besonderer Bedeutung, den Bürgern möglichst einfach und kostengünstig Zugang zu den für sie geltenden Nonnen zu verschaffen. Im Bewußtsein dieser Bedeutung wurde im Bundeskanzleramt der Aufbau des Rechtsinformationssystems begonnen und es wurden in letzter Zeit bereits umfangreiche Vorarbeiten geleistet, um die Bundesgesetze (bzw. Staatsverträge und Verordnungen) in der jeweils geltenden Fassung über das INTERNET den Normadressaten unentgeltlich anbieten zu können. In den nächsten Wochen wird mit einer bestimmten Anzahl von Bundesnormen der Probebetrieb aufgenommen, der schrittweise auf alle im Rechtsinformationssystem enthaltenen Bundesnormen erweitert wird. Soweit von den Bundesländern Normen im Rechtsinformationssystem enthalten sind und die Bundesländer die Zustimmung hiezu erteilen, könnten auch die Landesgesetze angeboten werden.
Zu den Fragen 7 und 8:
Ich verweise auf die Beantwortung der Frage 6.