1117/AB

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag.  Doris Pollet-Kammerlander, Freundinnen und Freunde haben am 12. Juli 1996 unter der Nr. 1177/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Neutralität, NATO und WEU gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:

 

1.    Machen Sie einen etwaigen Beitritt zu WEU und NATO und die damit verbundene Aufgabe der Neutralität wie der SPÖ-Spitzenkandidat für die EU-Wahlen Hannes Swoboda von einer Volksabstimmung abhängig?

 

2.    In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Neutralitätsgesetzes (598 der BeilagenVII.  GP) heißt es ausdrücklich: "Der Gesetzesbefehl der Vorlage (des Neutralitätsgesetzes, Anm.) richtet sich auch an die vollziehende Gewalt und insbesondere an die Bundesregierung". Erachten Sie sich an diesen Gesetzesbefehl weiterhin gebunden? Durch welche Maßnahmen werden Sie sicherstellen, daß auch die Mitglieder Ihrer Bundesregierung, insbesondere Minister Schüssel und Fasslabend, in ihren Aussagen und Handlungen (z.B. bei der Regierungskonferenz) hinkünftig diesem Gesetzesbefehl Rechnung tragen?

 

3.    Schließen Sie aus, daß nicht nur keine Atomwaffen stationiert werden, wie Sie dies auch in Beantwortung unserer Dringlichen Anfrage vom 10.  Juli 1996 unterstrichen haben, sondern daß auch keine Durchfuhr oder Lagerung von Atomwaffen oder anderem nuklearen Material stattfinden wird?

 

4.    Sind Sie für eine Anpassung der österreichischen Kriegsmaterialiengesetzgebung an die Regelungen der EU? Wenn ja, sehen Sie darin nicht die Gefahr einer weiteren Aushöhlung der Neutraltität?

 

5.    Bei der 9. Tagung der Regierungsbeauftragten am 6. Juni 1996 wurde im Hinblick auf die Frage der Entscheidungsfindung einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU von den anderen neutralen EU-Mitgliedern Schweden und Finnland die Beibehalt einer Veto-Möglichkeit gefordert, während sich Österreich für Beschlüsse mit qualifizierter Mehrheit ausgesprochen hat. Wie erklären Sie die abweichende Haltung Österreichs unter diesen drei Neutralen?"

 

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu Frage l:

Wie ich anläßlich der Beantwortung der Dringlichen Anfrage vom 1 0. Juli 1996 betreffend " Immerwährende Neutralität" Österreichs bereits ausgeführt habe, steht eine Aufgabe der Neutralität. wie dies in der Anfrage behauptet wird, nicht zur Diskussion.  Daher erübrigt es sich, über die Durchführung einer fakultativen Volksabstimmung Überlegungen anzustellen.

 

 

Zu Frage 2:

 

Wie ebenfalls in der Beantwortung der Dringlichen Anfrage am 10. Juli 1996 festgehalten wurde, ist unbestritten, daß der angesprochene "Gesetzesbefehl" auch die vollziehende Gewalt bindet.  Selbstverständlich muß es jedoch in einem demokratischen Staat möglich sein, rechts- und sicherheitspolitische Überlegungen anzustellen und zu diskutieren.  Grundsätzliche Positionen werden aber nicht von einzelnen Mitgliedern der Bundesregierung, sondern von der Bundesregierung in ihrer Gesamtheit festgelegt.  Die Mitglieder der Bundesregierung sind daran selbstverständlich gebunden.

 

 

Zu Frage 3:

 

Auch zu dieser hypothetischen Frage verweise ich auf meine Ausführungen vom 10. Juli 1996.

 

Zu Frage 4:

 

Unbeschadet des Umstands, daß diese Frage nicht in den Wirkungsbereich des Bundeskanzleramts fällt, ist folgendes zu bemerken: Im Rahmen der damaligen Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) der EG-Mitgliedstaaten wurden in den Schlußfolgerungen des Europäischen Rats am 28. bis 29.  Juni 1991 in Luxemburg und des Europäischen Rats vom 26. bis 27.  Juni 1992 in -Lissabon Gemeinsame Kriterien für Waffenexporte aufgestellt.  Diese, Common Criteria sind infolge des EU-Beitritts auch von der Republik Österreich beim Vollzug zu berücksichtigen.

 

Zur Konkretisierung von unbestimmten Gesetzesbegriffen können diese Kriterien herangezogen werden.

 

Auch ist festzuhalten, daß die Berücksichtigung der immerwährenden Neutralität Österreichs bei der Erteilung von Aus- oder Durch fuhrbewilligenden durchaus mit den Gemeinsamen Kriterien der EU im Hinblick auf die Achtung der internationalen Verpflichtungen sowie der nationalen Sicherheit der Mitgliedstaaten vereinbar ist.

 

 

Zu Frage 5:

 

Österreich hat seinen Vorschlag in der Regierungskonferenz, graduell zu Mehrheitsentscheidungen überzugehen, stets mit der Bedingung verknüpft, daß im Bereich der militärischen Sicherheit jedenfalls die Regel der Einstimmigkeit fortbestehen muß.  Dies entspricht der in der österreichischen Bundesregierung festgelegten Grundsatzposition, die ich auch im Hohen Haus bereits mehrfach dargelegt habe.