1136/AB

 

 

ANFRAGEBEANTWORTUNG

Die Abgeordneten zum Nationalrat Langthaler, Freundinnen und Freund haben am

 

12.7.1996 an mich eine schriftliche Anfrage mit der Nr. 1186/J betreffend

 

"produktbezogener Umweltschutz" gerichtet. Auf die aus Gründen der besseren

Übersichtlichkeit in Kopie beigeschlossene Anfrage beehre ich mich, folgendes mitzuteilen:

 

ad 1 bis 3

Der ursprüngliche und alleinige Zweck des mittlerweile aufgehobenen Glasflaschengebotes für Mineralwasser war die Sicherstellung der hygienischen und geschmacksneutralen Verpackung, also rein gesundheitspolitische Aspekte. Diese Aspekte sind insbesondere durch den bereits erreichten Stand der Technik, sowohl was die Abfüllbedingungen, als auch was die Packmittelentwicklung (Stichwort: PET­Mehrwegflaschen) betrifft, nicht mehr durch ein Verbot anderer Verpackungen als Glas aufrechtzuerhalten.

Aus Sicht der Abfallwirtschaft sind im Mehrweg geführte Getränkeverpackungen in jedem Fall zu begüßen.  Im Rahmen der Verordnung über die Festsetzung von Zielen zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen von Getränkeverpackungen und sonstigen Verpackungen wurden, nicht zuletzt um den in Österreich einzigartig hohen Mehrweganteil beizubehalten, gerade für Mineralwasser, Tafelwasser und Sodawasser die höchsten Quoten der Wiederbefüllung oder umweltgerechten Verwertung festgeschrieben.

Zur Frage des Verbots bestimmter Verpackungen, und das wäre ein Glasflaschengebot, weil es alle anderen Möglichkeiten ausschließen würde, ist weiters festzuhalten, daß eine derartig strenge und in die freie Marktwirtschaft massiv eingreifende Maßnahme erst dann gesetzt werden kann und soll, wenn alle anderen Maßnahmen nicht greifen; darüberhinaus steht derzeit das zitierte dänische Pfandflaschenmodell in Diskussion.

 

ad 4 und 5

 

Primäres Ziel Österreichs ist die Anhebung von EU-Umweitstandards auf das hohe österreichische Niveau.Auf Initiative Österreichs wurden daher von der Europäischen Kommission Gespräche mit den neuen Mitgliedsländern aufgenommen, die bisher konstruktiv verlaufen sind und zu Optimismus berechtigen.

 

Potentielle Bereiche für nationale Alleingänge Österreichs wären jedenfalls jene Gebiete, in denen Österreich in der Beitrittsakte befristete Ausnahmebestimmungen ermöglicht wurden, sofern der von der EU durchzuführende Überprüfungsprozeß der niedrigeren Standards im EU-Recht zu einem für Österreich nicht befriedigenden Ergebnis führen sollte.

 

ad 6 und 7

PVC unterliegt keiner Regelung in der EU und ist daher nicht als harmonisiert anzusehen, es fehlen daher technisch gesprochen die Voraussetzungen für einen nationalen Alleingang.

Betreffend ein Verbot von PVC-Verpackungen und Alu-Dosen darf ich auf die Beantwortung der Fragen 1 - 3 verweisen.

ad 8

 

Für die Fälle, in denen Österreich höhere Standards als die EU aufzuweisen hat, ist im Beitrittsvertrag durch die sogenannte horizontale Lösung, die eine Überprüfung von Umweltstandards durch die EU im Hinblick auf eine Anhebung auf das höhere österreichische Niveau bis Ende 1998 vorsieht, eine Regelung getroffen worden. Zum diesbezüglichen Gesprächsprozeß darf ich auf die Beantwortung der Frage 4 hinweisen.

 

ad 9

 

Die Minimierung von Schadstoffen kann sinnvollerweise nur beim Produkt ansetzen. Als Beispiel - auch für die Umsetzung dieser Politik verweise ich auf die horizontale Lösung betreffend die Batterienrichtlinie.

 

ad 10 und 11

 

Der EU-Beitritt hat auch für die österreichische Umweltpolitik neue Impulse gebracht, beispielsweise im Rahmen der Richtlinie über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, die für den einzelnen Bürger ein beträchtliches Potential an Wissen und Information eröffnet. Angesichts des grenzüberschreitenden Charakters der Umweltverschmutzung ist es jedenfalls für Österreich von Vorteil, die gemeinschaftliche Umweltpolitik im Sinne seiner Vorreiterrolle zu beeinflussen und auf diese Weise die Möglichkeit eines"imports" von Umweitproblemen verringern zu können.

 

Die Anpassung von Altanlagen findet sich in der Richtlinie über die Verbrennung gefährlicher Abfälle sowie in der Richtlinie über die Verringerung der Luftverunreini­gungen durch bestehende Verbrennungsanlagen für Siedlungsmüll und auch im Entwurf der Richtlinie über die Verbrennung nicht gefährlicher Abfälle wieder.  Die Durchsetzung dieses Prinzips im AWG wurde durch die Notwendigkeit der Umsetzung der Richtlinie über die Verbrennung gefährlicher Abfälle sicherlich erleichtert.

Für den Bereich des produktbezogenen Umweltschutzes möchte ich darauf hinweisen, daß die Verpflichtung zur Umsetzung der Richtlinie über die absichtliche Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen in die Umwelt (90/220/EWG), ABI. der EU Nr.  L 117 vom 8. Mai 1990, Seite 15 ff, zu deren Umsetzung Österreich bereits durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum verpflichtet war, sicher ein beschleunigender Faktor bei der Entstehung des österreichischen Gentechnikgesetzes, BGBl.  Nr. 510/1994, war.

Für den Bereich des anlagenbezogenen Umweltschutzes liegen gemeinsame Standpunkte des EU-Rates vor, die zu einer Verschärfung der bestehenden natio­nalen Vorschriften führen werden.

Es ist dies einerseits die Richtlinie des Rates über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IPPC-Richtlinie; Gemeinsamer Standpunkt, ABI. der EU Nr.  C 87 vom 25. 3. 1996, S 8ff), andererseits die UVP­Änderungsrichtlinie (Ratsdok.  Nr. 6014/1/96 ENV 113).

Die IPPC-Richtlinie stellt anstelle eines auf einzelne Umweltmedien orientierten Ansatzes auf ein integriertes Konzept bei der Genehmigung von bestimmten Kategorien von (Industrie-)Anlagen ab. Emissionen von bestimmten, in Anhang 111 aufgezählten Schadstoffen sind mittels der besten verfügbaren Techniken zu begrenzen.  Artikel 7 sieht vor, daß, wenn bei dem Genehmigungsverfahren nach der IPPC-Richtlinie mehrere Behörden mitwirken, Verfahren und Genehmigungsauflagen

"vollständig koordiniert" werden müssen. Dies ist im

Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz oder im Abfallwirtschaftsgesetz verwirklicht, in

anderen Materiengesetzen durch verfah enskonzentrierende Bestimmungen zumindest teilweise. Die Umsetzung des integrierten Konzepts wird in verfahrens­und materiellrechtlicher Hinsicht zu Ergänzungen im österreichischen Anlagenrecht führen müssen.

 

Ein weiteres Beispiel für Änderungen aufgrund der IPPC-Richtlinie ist die in Art. 13 Abs. 1 vorgesehene regelmäßige Überprüfung der Genehmigungsauflagen durch die zuständige Behörde.  Gegebenenfalls sind diese auf den neuesten Stand zu bringen. In den Erklärungen zum Ratsprotokoll (Ratsdok.  Nr. 11910/95 ENV 291) ist festgehalten, daß dies mindestens alle 10 Jahre erfolgen soll. Solche regelmäßigen amtswegigen Überprüfungen existieren nicht in allen anlagenbezogenen Materiengesetzen beziehungsweise nicht für alle von der IPPC-Richtlinie erfaßten Anlagenkategorien.

Eine der wesentlichsten Neuerungen der UVP-Änderungsrichtlinie ist, daß es nun nicht mehr der Auffassung der Mitgliedstaaten unterliegt, weiche der Projekte mit erheblichen Auswirkungen aus Anhang 11 der Richtlinie einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zu unterziehen sind. Nunmehr müssen alle Projekte aus Anhang 11 entweder anhand von Schwellenwerten oder durch eine Vorabprüfung, die der Feststellung dient, ab wann ein Projekt erhebliche Auswirkungen hat, einer UVP unterzogen werden.  Der Kreis der in der Richtlinie angeführten Projekte wurde zudem erweitert. Dies wird auch für Österreich eine Ausweitung der UVP-Pflicht erfordern.

Darüberhinaus darf ich auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 1185/J hinweisen, in der ich zu den Bemühungen Österreichs auf Beibehaltung unseres hohen Umweitschutzniveaus Stellung genommen habe.

ad 12 und 13

Österreich  hat sich jeweils um eine bestmögliche Verankerung seiner

umweltpolitischen Vorstellungen und eines hohen Schutzniveaus in allen

gemeinschaftlichen Rechtsakten bemüht.  Die Erfahrungen aus eineinhalb Jahren

 

EU-Mitgliedschaft haben gezeigt, daß eine positive Einflußnahme auf den Entscheidungsfindungsprozeß möglich ist und gemeinsame Regelungen im Interesse der Umweltpolitik erzielt werden können.

Österreich wurde in den ersten eineinhalb Jahren seiner EU- Mitgliedschaft anläßlich der Tagung des Umweltministerrates am 25. Juni 1996 bezüglich des Verhandlungsmandates über das Verbot von Tellereisenfallen und über ein Rahmenübereinkommen betreffend humane Fangmethoden überstimmt. Österreich bekräftigte dabei im Sinne der Stellungnahme des Hauptausschusses des Nationalrates vom 14.  Mai 1996, daß es jedenfalls an einem möglichst raschen Wirksamwerden der Verordnung 3254/91 größtes Interesse hat.