1138/AB
ANFRAGEBEANTWORTUNG
Die Abgeordneten zum Nationalrat Anschober, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend Strafverfahren gegen Kriminalbeamte wegen eines Übergriffes, gerichtet und folgende Fragen gestellt:
"l. Warum wurde im gegenständlichen Fall keine Anklage wegen Amtsanmaßung (§ 314 StGB) bzw Amtsanmaßung mit Bereichungsvorsatz und Vermögensschädigung (§ 147 Abs. 1 StGB) erhoben ?
2. Damit wurde wieder einmal der Eindruck erweckt, daß Sicherheitsbeamte vor den Gerichten "sanfter behandelt" werden. Was werden Sie unternehmen, diese offensichtliche Ungleichbehandlung zu beseitigen ?
3. Häufig müssen Betroffene immer noch mit einer Gegenanzeige durch die Si-
cherheitsbehörden (meistens Verleumdungsanzeigen) rechnen. Was wird von seiten der Justiz unternommen, um diese bereits vom CPT-Komitee kritisierten Zustände zu beseitigen
Ich beantworte diese Frage wie folgt:
Zu 1 und 2:
Die Staatsa nwaltschaft Wien erachtete die Tatbestandsmerkmale des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 3 StGB insofern für nicht gegeben, als sie vom Bestand jener Geldforderung ausging, deren Begleichung P.K. durch die inkriminierte Vorgangsweise durchsetzen wollte. Sie verneinte daher den zur Erfüllung dieses Tatbestandes geforderten Vorsatz, durch das bewirkte Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern.
Die rechtlichen Erwägungen der Staatsanwaltschaft Wien, wonach der Tatbestand des § 314 StGB nicht verwirklicht worden sei, basieren auf der Mißdeutung einer oberstgerichtlichen Entscheidung. Die Oberstaatsanwaltschaft Wien hat in Wahrnehmung ihres Aufsichtsrechtes der Staatsanwaltschaft Wien zwischenzeitig einen entsprechenden Hinweis erteilt. Eine Veranlassung zu weiteren Konsequenzen sehe ich nicht.
Zu 3:
Wie ich schon in Beantwortung der Anfrage 512/J-NR/1996 dargelegt habe, wurden wie dem Sicherheitsbericht der Bundesregierung zu entnehmen ist-im Jahr 1994 von den Staatsanwaltschaften 426 (1993: 697) angezeigte Fälle von Mißhandlungsvorwürfen gegen Organe der Sicherheitsbehörden bearbeitet und demgegenüber 56 (1993: 55) Personen wegen des Verdachtes der Verleumdung durch Behauptung von Mißhandlungen durch Polizei- und Gendarmeriebeamte verfolgt.
Schon dieser statistische Vergleich belegt, daß "Betroffene" durchaus nicht "häufig" -mit einer "Gegenanzeige" rechnen müssen. Das Gesamtbild ändert sich auch dann nicht, wenn man als weitere Möglichkeit einer solchen "Gegenanzeige" den Tatbestand des widerstandes gegen die Staatsgewalt in die Betrachtung einbezieht.
Im übrigen verweise ich auf den - angeschlossenen Erlaß des Bundesministeriums für Justiz vom 31.Mai 1991 zum UNO-Übereinkommen zur Verhütung der Folter und zur Verfolgung von Beschwerdeführern wegen Verleumdung, JABI. Nr. 27/1991, in dem es unter anderem ausdrücklich heißt, daß "allfällige Verfolgungsanträge gegen den Beschwerdeführer wegen wahrheitswidriger Erhebungen von Vorwürfen (der Mißhandlung, Körperverletzung oder dergleichen gegen Organe von Sicherheitsbehörden) im Stadium der gerichtlichen Vorerhebungen gegen den Angezeigten im allgemeinen nicht gestellt werden sollten. Überhaupt wäre jeder Anschein zu vermeiden, daß der Beschwerdeführer wegen der Erhebung seiner Vorwürfe eingeschüchtert oder daß sonst aus diesem Grund gegen ihn vorgegangen werde."
Nach Ergehen dieses Erlasses ist die Zahl der Strafverfolgungen von Personen, die Mißhandlungen durch Exekutivbeamte behauptet haben, wegen des Verdachtes der Verleumdung deutlich zurückgegangen.