1164/AB

 

 

Auf die - aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigeschlossene - schriftliche Anfrage der Abgeordneten Wabl und Freunde vom 12.  Juli 1996, Nr. 1171/J, betreffend Auswirkungen der EU-Agrarpolitik auf die österreichische Landwirtschaft, beehre ich mich folgendes mitzuteilen:

 

Bevor ich auf die Beantwortung Ihrer Fragen näher eingehe darf ich folgendes ausfahren:

Der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union war für die österreichische Landwirtschaft mit Umstellungsschwierigkeiten verbunden.

Nach eineinhalb Jahren EU-Mitgliedschaft läßt sich als Resümee allerdings festhalten, daß die Landwirtschaft auf die Herausforderun­gen positiv reagiert hat, daß die Chancen und Möglichkeiten des erweiterten Marktes in zunehmendem Maße genützt werden, und daß vor allem die negativen Effekte, insbesondere im Bereich der Preise, durch die neuen dauerhaften Leistungsabgeltungen und Förderungen sowie durch die degressiven Preisausgleichsmaßnahmen abgefangen werden konnten.  Das WIFO hat dies in einer ersten Durchrechnung zu Beginn des Jahres auch bestätigt.  Ein ähnliches Ergebnis brachten auch die Einkommensanalysen von den freiwillig buchführenden Betrieben im Rahmen der Arbeiten für den Bericht über die Lage der Landwirtschaft 1995.

Die von manchen Skeptikern befürchtete Zunahme der Abwanderung aus der Landwirtschaft ist durch die gute Vorbereitungsarbeit vor dem EU-Beitritt und die gelungene Umsetzung, insbesondere im Förderungsbereich, nicht eingetreten.

Wäre Österreich nicht der Europäischen Union beigetreten, dann würden beispielsweise keine Ausgleichszahlungen für die Währungsverlu­ste aus Brüssel erfolgen.  Wäre Österreich nicht EU-Mitglied, dann könnten die österreichischen Bauern nicht mit der Intervention der EU zur Marktstabilisierung rechnen und es gäbe in weiterer Folge aus EU-Mitteln auch keinen Ausgleich für die Einkommensverluste.  Die Rinderwirtschaft etwa wäre zusätzlich in einer schwierigen Phase, weil die gestutzten Exporte in den EU-Raum sowohl von der Menge als auch von der Stützungsseite her massiv reduziert hätten werden müssen.  Ein Ausgleich über erhöhte Exportstützungen in die EU wäre nicht möglich gewesen.  Die notwendigen Mittel für die Finanzierung der Übergangsmaßnahmen für die nächsten Jahre wurden in den 'Budgets 1996 und 1997 bereits fixiert.  Der Landwirtschaft stehen die vereinbarten Mittel zur Verfügung.

Die Landwirtschaft bringt aber auch die Flexibilität auf, Verschiebungen zwischen den einzelnen Förderungen und Leistungsabgeltungen vorzunehmen, wenn dies aufgrund der Marktentwicklung und der Nachfrage nach bestimmten Förderungen notwendig ist.  Für die Umweltförderung wurde für die nächsten Jahre der bereits erhöhte Betrag von 7,4 Mrd.  Schilling budgetär abgesichert.  Tatsächlich werden die erbrachten Leistungen der Bauern 1996 voraussichtlich aber mehr als 8,4 Mrd.  Schilling betragen.  Um diese Leistungen bezahlen zu können, werden Umschichtungen aus Bereichen, wo es derzeit vertretbar erscheint, vorzunehmen sein.  Dies sind einerseits degressive Ausgleichszahlungen im Schweinebereich, wo die derzeitige Preisentwicklung eine Verkürzung der Ausgleichszahlungen verkraftbar er­scheinen läßt, andererseits die degressiven Ausgleichszahlungen im Getreidebereich, wo es aufgrund der EU-Marktordnungsreform und der weltmarktsituation zu einem Erzeugerpreisanstieg kam.

Durch diese Maßnahmen kann der Weg der Ökologisierung der österreichischen Landwirtschaft weiter beschnitten werden.  Darüber hinaus kann auch in den nächsten Jahren den Bauern die Sicherheit gegeben werden, daß die vor dem EU-Beitritt zugesagten Mittel zur Einkom­menssicherung tatsächlich zur Verfügung stehen.  Damit hat der landwirtschaftliche Sektor die Chance, den nach dem EU-Beitritt eingeschlagenen Weg der Innovation, der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und der Produktion von qualitativ hochwertigen und frischen Lebensmitteln weiterzugehen.  Die Erfolge sind auch auf den Märkten evident. Österreich hat den heimischen Markt erfolgreich verteidigt, die Marktanteilsverluste fielen wesentlich geringer aus als ursprünglich angenommen.  Auf den europäischen Hoffnungsmärkten und insbesondere in Italien sind Exporterfolge aufzuweisen, die ohne den EU-Beitritt Österreichs nicht möglich gewesen wären.

Der von Ihnen erhobene Vorwurf, daß "der österreichische Berg bauernzuschuß, der kleine Betriebe mit extremer Erschwernis bevorzugte, zugunsten der EU-Ausgleichszulage für Bergbauern, wo Flächen- und tierstarke Betriebe die höchste Zulage erhalten, abgeschafft" wurde, entbehrt jeglicher Grundlage.  Bei den seinerzeitigen Beitrittsverhandlungen ist es - und dieser Umstand ist Ihnen bekannt - gelungen, die sogenannte "Wahrungsregelung" (siehe Anhang XV des Beitrittsvertrages) zu verankern, die es Österreich vorerst bis inklusive 2004 ermöglicht, bei all jenen Betrieben, bei denen die Ausgleichszulage einen geringeren Betrag ergibt als die vergleichbaren Bundes- und Landesförderungen aus dem Jahre 1993, weiterhin eine staatliche Beihilfe zu gewähren.

 

Inbesonders die Frage der Osterweiterung der EU wird ein wesentli­ches Element für die künftige Diskussion zur Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU darstellen, um auch weiterhin diese Instrumentarien wirksam einsetzen zu können.  Die EU-Kommission hat als Diskussionsgrundlage dazu ein "Strategiepapier" von EU-Agrarkommissar Dr. Franz Fischler vorgelegt, welches vor allem Alternativszenarien für die Weiterentwicklung der GAP beinhaltet.  Dieses Papier wurde auch dem Europäischen Rat von Madrid im Dezem­ber des Vorjahres vorgelegt und ist auch den österreichischen Parlamentsclubs als offizielles EU-Dokument zugegangen.

 

Im Arbeitsübereinkommen ist festgelegt, daß Österreich darauf hinwirken wird, daß die EU bei der Konzeption von Agrarförderungen we­sentlich stärker als bisher soziale Komponenten berücksichtigt.  In diesem Sinne wird sich Österreich bei der Weiterentwicklung der EU­Förderprogramme dafür einsetzen, daß insbesondere im Bereich der Berg- und sonstigen benachteiligten Gebiete sowie der biologischen Landwirtschaft Sockelbeträge möglich sein sollen; bei der Förderung großer Betriebe sollen entweder die Effekte der Kostendegression berücksichtigt werden oder bei einzelnen Maßnahmen Förderungsober­grenzen gelten.

 

Zur Beantwortung Ihrer Fragen im einzelnen:

 

 

Zu den Fragen 1 und 3:

 

Über die Entwicklung der Betriebe geben die alle zehn Jahre durchgeführten Betriebszählungen sowie die Agrarstrukturerhebungen 1993 und 1995 Auskunft.  Die Ergebnisse der Agrarstrukturerhebung 1995 liegen noch nicht vor.

 

Die Entwicklung der Betriebe ergibt folgendes Bild:

 

          Zeitraum:          Summe:                      VEB            NEB             ZEB                    JP

 

          1980:                  308.246                 115.806            164.605         17.555         10.280

          1990:                  278.000                   83.158            162.646         23.065           9.131

          1993:                  267.444                   78.494            149.860         30.051           9.039

 

(VEB:  Vollerwerbsbetriebe; NEB: Nebenerwerbsbetriebe; ZEB: Zuerwerbsbetriebe; JP: Juristische Personen (incl.  Agrargemeinschaften)

 

Zu Frage 2:

 

Die Entwicklung der Arbeitskräfte verlief in den letzten fünf Jahren wie folgt:

 

Familieneigene Arbeitskräfte 1985: 230.800

Familieneigene Arbeitskräfte 1991: 182.400

Familieneigene Arbeitskräfte 1995: 139.000.

 

Dies ergibt eine Änderung 1995 gegenüber 1991 in der Größenordnung von minus 23,7 %.

 

Familienfremde Arbeitskräfte 1991: 31.900 Familienfremde Arbeitskräfte 1995: 30.100.

 

Dies ergibt eine Änderung 1995 gegenüber 1991 in der Größenordnung von minus 5,6 %.

 

 

Zu Frage 4:

 

Die ökonomische Dynamik innerhalb der einzelnen Wirtschaftsgruppen hat in den letzten Jahrzehnten zu einem umfassenden Strukturwandel geführt, wovon die Land- und Forstwirtschaft durch den technischbiologischen Fortschritt in besonderer Weise betroffen war.  Die Agrarpolitik hat aber wesentlich dazu beigetragen, daß dieser Strukturwandel ohne größere soziale Härten verlief.

 

Einerseits verlassen viele familieneigene Arbeitskräfte ihre Betriebe, andererseits werden altersbedingte Abgänge in geringerem Maße ersetzt als früher.  Eine aktuelle Studie der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft auf der Grundlage von ausschließlich 780 befragten Nebenerwerbslandwirten ergab, daß in rund der Hälfte der Fälle eine gesicherte Betriebsnachfolge angenommen wird.

 

 

Zu Frage 5:

 

Zunächst ist festzustellen, daß der massive Einsatz öffentlicher Mittel (Förderungen, Ausgleichszahlungen etc.) nach den Ergebnissen des Grünen Berichtes zu einer Einkommensverbesserung im Jahre 1995 führte.  Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft 1995 betrugen im Bundesdurchschnitt 175.871 S je FAK (Familienarbeitskraft).  Das entspricht einer Steigerung gegenüber 1994 um 22 %. Diese Situation darf aber wegen der abnehmenden degressiven Ausgleichszahlungen in den Folgejahren nicht überbewertet werden.

 

Berechnet man die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für das Jahr 1995 ohne degressive Ausgleichszahlungen, so ergibt sich allerdings ein Rückgang gegenüber 1994 im Bundesschnitt um 2,1 %.

Die Veränderung des Einkommens, bezogen auf die jeweilige Produktionssparte betrug:

 

       Produktionssparte                                 Milch                  Getreide           Schweine            Rinder

 

       Einkünfte aus Land- und

       Forstwirtschaft

       ÖS je Betrieb                                       274,812           431,123             420.047              286.283

       Index                                                    116                    118                  109                       133

       ÖS je FAK                                          151,394             340,997           241.931                159.533

       Index                                                    120                    120                  110                     138

       Degressive Ausgleichs-

       zahlungen S je Betrieb                           49,665               104,998           116.718              66.923

       Milchpreis S/kg                                    3.71

       Index                                                    67

       Weizenpreis S je kg                                                        1.46

       Index                                                                              47

 

       Schlachtschweinepreis S/kg                                                                     15,91

       Index                                                                                                           80

       Schlachtstiere S/kg                                                                                                            26,70

       Index                                                                                                                                     82

 

       (Index 1994=100)

 

            Für 1996 wird unter der Voraussetzung gleichbleibender Marktverhältnisse vor allem aufgrund der abnehmenden degressiven Aus­gleichszahlungen mit einer fallenden Einkommensentwicklung zu rechnen sein.

 

 

Zu Frage 6:

 

Der von Ihnen angenommene vermeintliche Erfolg der skandinavischen Länder bezieht sich auf die "Richtlinie des Rates vom 28.  April 1975, Nr. 75/268 EWG, über die Landwirtschaft in Berggebieten und in bestimmten benachteiligten Gebieten", womit die EU die benachteiligten landwirtschaftlichen Gebiete abgrenzt.  Die Bezeichnung "arktische Landwirtschaft" hat es diesen Ländern ermöglicht, Gebie­te, die unter den gegebenen Bestimmungen dieser Richtlinie als landwirtschaftlich benachteiligte Gebiete nicht subsumiert hätten werden können, im Rahmen des neugeschaffenen "Zieles 611 (Entwicklung sehr dünn besiedelter Gebiete) dennoch einer besonderen Förderung zuzuführen.

Es ist Ihnen sicherlich bekannt, daß Österreich anläßlich der Verhandlungen rund 79 % der Katasterfläche (und gleichzeitig damit rund 69 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche) des Landes in die besonderen Förderungen unterliegenden Landwirtschaftlich benachteiligten Gebiete", von der EU anerkannt eingebracht hat.  Damit waren alle Möglichkeiten in diesem Bereich ausgeschöpft.  Von einem Versäumnis - auch im Vergleich mit anderen Mitgliedsstaaten - kann daher nicht gesprochen werden.

Im übrigen darf darauf hingewiesen werden, daß Österreich für jene bergbäuerlichen Härtefälle - darunter sind bisherige (bis 1994) einzelbetrieblich bewertete und daher nach österreichischer Nomenklatur als Bergbauernbetriebe zu bezeichnenden Betriebe zu verstehen, die aufgrund der EU-Vorgabe einer territorialen (gemeindeweisen) Abgrenzung nicht in die Gebietskulisse "landwirtschaftliche benachteiligte Gebiete" eingeflossen sind (rund 2.200 österreichi­sche Bergbauernbetriebe) - eine Initiative bei der EU-Kommission anfangs Juni 1996 ergriffen hat, die in der zweiten Julihälfte d.J. bereits zu einer Verhandlungsrunde in Brüssel geführt hat.  Erklärtes Ziel ist es dabei, die auf den Grenzen politischer Gemeinden und Katastralgemeinden aufbauende bisherige EU-Vorgangsweise durch eine nachvollziehbare Abgrenzung auf naturräumlicher Ebene zu ergänzen, womit es gelingen könnte, einen Großteil der oben beschriebenen Härtefälle in die EU-anerkannte Gebietskulisse landwirtschaftlich benachteiligter Gebiete unterzubringen und daher für diese Betriebe spezifische Förderungsmöglichkeiten (z.B. Ausgleichszulage) zu eröffnen.

 

 

Zu Frage 7:

 

Österreich hat sowohl bereits anläßlich der Beitrittsverhandlungen zur EU durch das vorbildliche Umweltprogramm (ÖPUL) als auch in weiterer Folge als Mitgliedstaat in verschiedensten Verhandlungen bzw.  EU-Gremien viele Aspekte der ökosozialen Agrarpolitik einfließen lassen.  Bei der Weiterentwicklung der Agrarreform 1992 und bei den Österreich unterbreiteten Verbesserungsvorschlägen (Bergbauernmemorandum, Gebietsabgrenzungsfragen, um nur einige Beispiele zu nennen) geht es inbesonders darum, die Interessen für eine ökologisch verantwortliche, sozial tragfähige und eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft auf der Basis von bäuerlichen Familienbetrieben zu vertreten und in die europäische Agrarpolitik einzubringen.

 

Zu Frage 8a:

 

Die Reform der GAP stellt einen deutlichen Schritt in Richtung Ökologisierung der landwirtschaftlichen Produktion dar.  Zum Ausgleich der Preissenkungen im Rinderbereich wurden beispielsweise Rinderprämien eingeführt, deren Vergabe an bestimmte Auflagen gebunden wurde.  Einerseits wurde nur mehr eine beschränkte Anzahl an Tieren je Hektar Futterfläche gefördert, andererseits wurde die Vergabe der Tierprämien auf Bestände bis maximal 90 Stiere eingeschränkt.  Darüber hinaus wurden durch die sogenannte "Extensivierungsprämiell Anreize für eine weniger intensive Tierhaltung gesetzt.  Derzeit ist eine Ausdehnung der Förderung der Extensivierung innerhalb der EU in Diskussion, da im Rahmen der gemeinsamen Marktordnung für Rinder in Zukunft noch mehr extensive Produktionsarten gefördert werden sollen.

 

In Österreich sieht ergänzend dazu das ÖPUL noch weitergehende ökologisierungen der tierischen Produktion vor.  Im Rahmen dieses Umweltprogrammes beteiligten sich beispielsweise im Jahr 1995 über 10.000 Betriebe an der Aktion "Extensive Grünlandbewirtschaftung in traditionellen Gebieten" und knapp 9.000 Betriebe erhielten eine Alpungsprämie.

 

Zu Frage 8b:

 

Zur Forderung nach einheitlicher verpflichtender Kennzeichnung und Kontrolle nach Herkunft und Art der Tierhaltung darf vor allem auf das österreichische Herkunfts- und Gütezeichen der AMA verwiesen werden.  Im Rahmen dieses Gütezeichens ist schon jetzt die Herkunft tierischer Produkte bis hin zum Erzeuger nachvollziehbar.  Ergänzend dazu sind für Produkte mit dem AMA-Gütezeichen verschiedene zusätzliche Auflagen in der Produktion und Tierhaltung vorgeschrieben.

 

Im Bereich Geflügel und Eier sind Angaben über die Art der Tier­haltung auf europäischem Niveau geregelt.  In den EU- Vermarktungsnormen werden sowohl die Bezeichnungen in den Sprachen der Gemeinschaft als auch die dabei einzuhaltenden mindeststandards genau geregelt.

 

Die Belange der Lebensmittelkennzeichnung fallen in den Zuständigkeitsbereich der Frau Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz.

 

 

Zu Frage 8c:

 

Fragen des Konsumentenschutzes fallen in den Zuständigkeitsbereich der Frau Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz.

 

Ich werde mich in Übereinstimmung mit den Schlußfolgerungen des Rates zu BSE vom 1. - 3. April 1996 dafür einsetzen, daß auch weiterhin strengere nationale Schutzbestimmungen in Österreich angewendet werden können.  Die rasche Einführung eines Kennzeichnungssystems für Fleisch und Fleischerzeugnisse ist ein besonderes Anliegen der Land- und Forstwirtschaft.

 

 

Zu den Fragen 9 bis 12:

 

Österreich hat bereits bei der Konzeption des "Österreichischen Memorandums zur Land- und Forstwirtschaft in den europäischen Berggebieten" (Österreichisches Bergbauernmemorandum) einen ersten Vorstoß in Richtung Berücksichtigung sozialer Kriterien bei der Kon­zeption von Agrarförderungen gemacht.  Im Abschnitt über die kurzfristig realisierbaren Maßnahmen zur Weiterentwicklung einer europäischen Agrarstrukturpolitik für die Berggebiete wurde die Einführung eines - von den Mitgliedstaaten faktultativ anzuwendenden Sockelbetrages vor allem für kleinere Betriebe vorgeschlagen, der nach Erschwernis und sozialen Gegebenheiten gestaffelt wird.

 

Dieses Memorandum wurde vom Rat in ersten Stellungnahmen dem Vernehmen nach durchaus positiv aufgenommen.  EU-Agrarkommissär Dr. Fischler hat die anderen EU-Mitgliedstaaten aufgerufen, so sie auch Vorschläge zur Weiterentwicklung der EU-Bergbauernpolitik haben, diese bis Mitte September 1996 vorzulegen.

 

 

Zu Frage 13:

 

Durch die Einführung des Kulturpflanzenausgleichs in Form von Flächenprämien wurde auch der Effekt der Produktionssteigerung zurückgedrängt, da nunmehr pro Hektar bebauter Fläche eine Prämie gewährt wird und nicht pro Tonne geernteter Produkte.  Die Flächenstillegung, im konkreten der Satz der stillzulegenden Fläche, hat sich als effizientes Mittel zur Marktstabilisierung und Verhinderung der Überschußproduktion erwiesen.  Eine anstelle der Flächenstillegung angewandte detaillierte Überprüfung bzw.  Beschränkung der jeweiligen Erntemenge pro Hektar bebauter Fläche würde einen Verwaltungs- und Kontrollaufwand verursachen, der in keinem Verhältnis zum erzielten Nutzen stehen würde.  Abgesehen davon erhebt sich die Problematik, was mit jener Erntemenge zu geschehen hat, die festgelegte Grenzen infolge zu intensiver Bewirtschaftung überschreitet.  Im übrigen wird in Abrede gestellt, daß stillgelegte Flächen nicht ge­nutzt werden.  Zum einen ist - unter Beachtung der bestehenden Re­geln - der Anbau nachwachsender Rohstoffe möglich, zum anderen sind die stillgelegten Flächen zu pflegen und in einem zufriedenstellenden agronomischen Zustand zu erhalten. Überdies haben die Mitgliedstaaten geeignete Vorschriften zum Schutz der Umwelt, die den Besonderheiten der stillgelegten Flächen Rechnung tragen, zu erlassen.  Gerade diese Regelungen zeigen, daß die Flächenstillegung neben einem marktstabilisierenden auch einen umweltrelevanten Effekt hat.

 

 

 

Zu den Fragen 14 bis 16:

 

Gemäß dem Arbeitsübereinkommen der Regierungsparteien vom 11.  März 1996 stimmen die Regierungsparteien darin überein, daß die Einbe­ziehung der mittel- und osteuropäischen Länder in die EU einen Schwerpunkt der österreichischen Europapolitik bilden wird: Eine baldige Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit den mittel- und osteuropäischen Ländern (MOEL) ist im österreichischen Interesse, wobei die Verhandlungen individuell und je nach Erfüllung der Beitrittskriterien geführt werden sollen.  Eine gemeinsame Beitrittsvorbereitung - vor allem mit den Nachbarstaaten - sollte insbesondere die Bereiche Verkehrs-, Umwelt-, Energiepolitik, Infrastrukturvorhaben, die GAP und die EU-Regionalpolitik einbeziehen.  Im

Bericht eines vom Herrn Bundeskanzler und Herrn Vizekanzler eingesetzten Arbeitskreises wurden auch die Themen Erweiterung und Landwirtschaft behandelt, wobei die wesentlichen Kernfragen herausgearbeitet wurden.  Auf der Grundlage dieses Berichtes und der bisherigen Diskussion im Rahmen des strukturierten Dialoges könnte eine österreichische Haltung zur Erweiterung im Bereich der Landwirtschaft im wesentlichen folgende Elemente enthalten:

- Der größte Bedarf in den MOEL besteht im Strukturbereich, d.h. in der modernisierung und Diversifizierung der Produktion und der Verbesserung der Infrastruktur des ländlichen Raumes.  Dies sollte bei den Beitrittsmodalitäten prioritär berücksichtigt werden.

- Im Bereich der Strukturpolitik wären Übergangsmaßnahmen vorstellbar.  Jedenfalls müßte auf die spezifischen Probleme der MOEL Rücksicht genommen werden, da ihre Absorptionsfähigkeit keinesfalls überfordert werden soll, weil dies zu größeren Marktstörungen führen könnte.

- Da die Landwirtschaft in den MOEL vom höheren Preisniveau in der EU profitieren wird, erscheint eine Einbeziehung in die Ausgleichszahlungen im Bereich der Marktordnungen nicht notwendig.  Eine Ausklammerung der MOEL aus diesen Transferzahlungen würde ihre Integration finanziell leichter verkraftbar machen.

- Ein Rahmenplan für den Beitritt der MOEL ist erforderlich.  Das Instrument einer allmählichen Preisangleichung oder schrittweisen Marktöffnung ist zwar erfahrungsgemäß administrativ aufwendig, stellt jedoch aus heutiger Sicht das bestmögliche Konzept dar.

 

- Bei der Festlegung der Produktionsquoten und Referenzmengen

müßte darauf Bedacht genommen werden, daß die im EU-Raum bereits vorhandenen Überkapazitäten nicht noch weiter erhöht werden, weil die Überschußverwertung die EU angesichts der GATT-Verpflichtungen vor eine fast unlösbare Aufgabe stellen würde.  Die Festlegung und Implementierung von Quotensystemen in den MOEL bereits jetzt, wäre hilfreich.

Ein wichtiger Aspekt in der Umstrukturierung der Landwirtschaft in den MOEL ist die Umstellung auf umweltfreundliche Produktionsmethoden.  Die derzeit im Rahmen der GAP bestehenden Förderungsmechanismen erscheinen für diesen Zweck gut geeignet und sollten so früh wie möglich auch in den neu hinzukommenden Mitgliedstaaten zur Anwendung kommen.

In der Vorbereitungszeit sollten Maßnahmen zur Stärkung der Landwirtschaft der MOEL ergriffen werden, und zwar: größtmögliche Annäherung an das EU-Preis- und Effizienzniveau der Gemeinsamen Agrarpolitik und im Gegenzug dazu, Ausweitung der Europaabkommen.  Förderung des Strukturwandels in den MOEL (Privatisierung, Schaffung lebensfähiger Betriebsgrößen, Investitionsprogramme), Ausbau der ländlichen Infrastruktur und Diversifizierungsmaßnahmen zur Absorption von aus der Land­wirtschaft abgegebenen Arbeitskräften.

Die von einigen Reformstaaten gegründete zentraleuropäische Freihandelszone (CEFTA) ist eine Organisation, in der die Vorbereitung auf den freien Waren- und Güterverkehr der Gemeinschaft, also auf einen möglichen EU-Beitritt, in einem lokalen Rahmen vorweggenommen werden kann.

Aufgrund des Prinzips von individuellen Beitrittsverhandlungen kann es nicht zum blockweisen Auftreten der MOEL gegenüber der EU kommen.  Die Entscheidungsverfahren der Union kennen keine Blockbildung innerhalb des Rates, und bei Beitrittsverhandlungen ist es der erklärte Wille der Gemeinschaft, mit jedem Bei­trittswerber individuell zu verhandeln.  Auch die EFTA-Staaten haben jeder für sich um einen Beitritt bei der EU angesucht und diesen auch jeder für sich ausverhandelt.

Die für die Landwirtschaft gemachten Überlegungen lassen sich auch auf andere Bereiche anwenden.  Solche Überlegungen zeigen aber, daß die Landwirtschaft wohl ein wichtiges, aber nicht das einzige und wahrscheinlich nicht das Hauptproblem beim Beitritt der MOEL sein wird.  Es ist davon auszugehen, daß sich die Probleme alle lösen lassen, vorausgesetzt, daß den Staaten eine gewisse Übergangsfrist eingeräumt wird, daß beidseitige Solidarität gewährt werden wird und ein gemeinsamer Rahmen für die Lösung der Probleme vorgegeben ist.  Nur dieser gemeinsame Rahmen erscheint es möglich zu machen, übergangsfristen und solidarische Leistungen von allen Beteiligten zu verlangen.

Zur Frage der Abkoppelung der staatlichen Kompensationszahlungen von der landwirtschaftlichen Produktion ist festzustellen, daß es sich um eine Fortsetzung der 1992 begonnenen GAP-Reform handelt.  Jedes Bemühen, mit dem die umweltschützerischen und landschaftspflegerischen Leistungen der Landwirtschaft Anerkennung finden, wird von Österreich unterstützt.  Auf diese Aspekte muß im Interesse der gesamten Bevölkerung und der Natur vermehrtes Augenmerk gelegt werden.

 

 

Zu den Fragen 17 bis 19, 21 und 22:

 

Gemäß Solidarpaket vom April 1994 waren 5,5 Mrd.  Schilling für die Finanzierung des Umweltprogrammes vorgesehen.  Bekanntlich war die Teilnahme der österreichischen Betriebe an diesem wichtigen Förderungsprogramm im vergangenen Jahr wesentlich größer als erwartet.  Durch gemeinsame Anstrengungen ist es im vergangenen Herbst gelungen, das Programm 1995 in der vollen Höhe (rd. 7,4 Mrd.  Schilling) finanzieren zu können.  In den Budgetverhandlungen für die Jahre 1996 und 1997 wurde dieses Volumen für das Umweltprogramm vorgesehen.

 

In den ersten Monaten des Jahres 1996 hat sich abgezeichnet, daß aufgrund der in der Förderungsrichtlinie vorhandenen Spielräume innerhalb der beantragten Maßnahmen mit einem weiteren beträchtlichen Anstieg des Budgeterfordernisses zu rechnen war.  Die einzige Mög­lichkeit, der bugetären Situation von Bund und Ländern zu entsprechen, war der sog.  "Einstiegsstopp".

Durch den "Einstiegsstopp" wird der ökologische Status-quo von 1995 für die Dauer des Verpflichtungszeitraumes keineswegs starr gehalten, wie dies von Ihnen befürchtet wird, da - bundesländerweise unterschiedlich - eine Reihe ökologisch wertvoller Maßnahmen für die nächsten Jahre angeboten werden.  In solchen Fällen können bereits begonnene Projekte selbstverständlich weitergeführt und ausgebaut werden.  Darüber hinaus gilt der Einstiegsstopp, wie Sie wissen, nicht für Biobauern.

Neben dem vorrangigen finanziellen Aspekt waren u.a. folgende fachliche Gründe für die Prämiensenkung maßgebend:

Die sehr intensive Teilnahme bei der Maßnahme Fruchtfolgestabilisierung zeigt deutlich, daß die ursprüngliche Prämie je ha Ackerland eine hohe Anreizkomponente beinhaltet, dies gilt insbesondere für die nicht begrünten Flächen.  Die vorgenommene Änderung wirkt sich daher in besonderer Weise auf diese Flächen - auf denen in Hinkunft nur mehr 50 % der Prämie gewährt werden - aus.

Eine wesentliche Förderungsvoraussetzung der Maßnahme Fruchtfolgestabilisierung (max. 75 % Getreide und Mais) wird durch diese Änderung in keiner weise berührt oder aufgeweicht.  Eine stärkere Differenzierung der Prämiensätze bei der Maßnahme Elementarförderung-' zwischen Acker (Absenkung der Prämie von S 650,-- auf S 500,--) und Grünland (die Prämie bliebt unverändert) ist durch die Beibehaltung der Förderungsvoraussetzung "Erhaltung des Grünlandflächenausmaßes" als gerechtfertigt und adäquat anzusehen.

Die Prämienstaffelung bei der Maßnahme Elementarförderung soll die degressiven Fixkosten und die günstigere Preisgestaltung beim Kauf von Betriebsmitteln bei Großbetrieben berücksichtigen.

 

 

Zu Frage 20:

 

Das ÖPUL besteht nicht nur aus der Elementarförderung allein sondern beinhaltet auch Maßnahmen, die der Aufgabe landwirtschaftlicher Flächen deutlich entgegenwirken.  Auf den Abschnitt 2.4. "Besondere landschaftserhaltende Bewirtschaftungsformen und Sicherung der genetischen Vielfalt" wird in diesem Zusammenhang besonders hingewiesen.

 

 

Zu Frage 23:

 

Bereits im vergangenen Herbst hat Österreich Vorschläge zur Entbürokratisierung und Verwaltungsvereinfachung vorgelegt, die auch schon teilweise im Rahmen des Preispaketes 1996/97 Berücksichtigung gefunden haben (z.B. einheitlicher Stillegungssatz).  Darüberhinaus ist Österreich weiter aktiv bemüht, entsprechende Ideen einzubringen und an der Neugestaltung eines administrativ vereinfachten Systems bei gleichzeitiger Gewährleistung eines ausreichenden Kontrollmechanismus zur Verhinderung von Mißbrauch mitzuarbeiten.

 

 

Zu Frage 24:

 

Die bereits seit mehreren Jahren angebotenen Förderungsprogramme haben wesentlich dazu beigetragen, daß die Anzahl der Biobetriebe fortlaufend gestiegen ist.  Das Förderungskonzept für Biobetriebe hat sich als effektiv erwiesen und wird daher in Hinkunft beibehalten werden.

 

Zu Frage 25:

 

Grundsätzlich ist festzustellen, daß derartige Aktivitäten im Sinne Ihrer Anfrage sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene nicht in den Kompetenzbereich des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft fallen.

 

Bei der Harmonisierung verschiedener Steuerbereiche innerhalb der EU gilt das Prinzip der Einstimmigkeit.  Eine ökologische Steuerre­form über die Harmonisierung der Steuersysteme im Wege der EU muß derzeit als wenig realistisch angesehen werden.