1194/AB
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Doris Pollet-Kammerlander,
Wabl, Freundinnen und Freunde haben am 20. September 1996 unter
der Nummer 1261/J-NR/96 an mich eine schriftliche parlamen-
tarische Anfrage betreffend die Teilnahme- Österreichs an -der
PfP-Übung ''Cooperative Osprey 96'' gerichtet,- die folgenden
Wortlaut hat:
''1. Wie ist es mit der immerwährenden Neutralität vereinbar, zu
dem Manöver ''Cooperative Osprey 96'' österreichische Soldaten
zu entsenden, das auch Friedensdurchsetzung mit militärische
Mitteln zum Ziel hatte? -
2. Auf welcher rechtlichen Grundlage wurde von österreichischer
Seite an diesem Manöver auf fremdem Staatsgebiet unter
US-amerikanischem Oberbefehl teilgenommen?
3. Auf Basis welchen Staatsvertrages wurde die Beteiligung
österreichischer Berufssoldaten an ''Cooperative Osprey 96''
durchgeführt, bei dem offenbar unter dem Titel Friedenser-
haltung, sogenannte friedensschaffende und inter-
ventionistische Maßnahmen geübt wurden?
4 . Sind Sie der Auffassung, daß die bezeichneten Manöver in
Lejeune, North Caroina - USA, bezüglich der geübten
Operationen einem friedenserhaltenden Einsatz im Sinne der
UN-Charta dienten?
5. Entsprechen die im Individuellen Partnerschaftsprogramm
Österreichs mit der NATO angesprochenen und abgeschlossenen
friedenserhaltenden Maßnahmen der UNO-Charta und der von
österreichischen Blauhelmen geübten Praxis oder wird in der
sogenannten Partnerschaft für den Frieden der weitergehenden
Interpretation dieses Begriffes, der offenbar in der US-Army
angewendet wird, gefolgt?
6. Sind Sie der Auffassung, daß die Übung, bei ''der Österreicher
Häuser von Heckenschützen zu säubern- hatten'' (NZ v. -
1.09.l 1996) , dem Charakter der Friedenserhaltung, der auch im
Partnerschaftsprogramm Österreichs mit der NATO festgelegt
wurde, entsprochen hat?
7. Welchen Stellenwert hat diese Übung, die unter anderem auch
Häuserkampf in einer lateinamerik-anischen Stadt als Szenario-
hatte, für die Bildung einer europäischen Friedensordnung und
Sicherheitsarchitektur?
8. ''Eine Hundertschaft von verkleideten Marines sorgte für
Bürgerkriegsstimmung, die Österreicher hatten die Häuser von
Heckenschützen zu säubern und Zivilisten nach Waffen zu
durchsuchen. Nach dem Motto: Erst schießen dann fragen,
wurden Verdächtige vorsichtshalber erschossen'' (Neue Zeit v.
01.09.1996) . Gegen die Bürger welchen Landes sollen
österreichische Soldaten eingesetzt werden?
9. Welche Kosten erwuchsen der Republik aus der Beteiligung an
"Cooperative Osprey 96''?
10. Werden Sie aus den Erfahrungen, daß die US-Army offenbar eine
andere Interpretation friedenserhaltender Maßnahmen pflegt
als die UNO oder auch Österreich, Schlüsse für die Betei-
ligung österreichischer Soldaten an zukünftigen Manövern der
Partnerschaft für den Frieden unter US-Kommando ziehen und
wie könnten diese aussehen?''
Ich beehre mich, diese Anfrage wie folgt zu beantworten:
Zu Frage 1:
Im Vordergrund der Friedenspartnerschaft steht - wie im
"Rahmendokument'' festgehalten - die ''Entwicklung kooperativer
militärischer Beziehungen der teilnehmenden Staaten durch
gemeinsame Planung , Ausbildung und Übungen, um ihre Fähigkeit für
Aufgaben auf den Gebieten Friedenswahrung , Such- und
Rettungsdienst und andere humanitäre Operationen unter Autorität
der VN und/oder der Verantwortung der- OSZE zu stärken.
-
iesem Ziel war auch die - in der Anfrage angesprochene - Übung
"Cooperative Osprey 96" gewidmet, an der Österreich gemeinsam mit
3 NATO- und 15 anderen Nicht-NATO-Staaten teilgenommen hat. Bei
dieser Übung handelte es sich im übrigen - entgegen der
Formulierung in der Anfrage - nicht um ein ''Manöver'' , sondern um
ein Ausbildungsvorhaben, -das in Form eines sogenannten
"Stationsbetriebs'' abgehalten wurde.
Aus diesen Gründen sehe ich keinen wie immer gearteten
Zusammenhang mit den Bestimmungen des Neutralitätsgesetzes 1955.
Zu Frage 2 :
Hinsichtlich der unzutreffenden Verwendung des Begriffs `'Manöver``
in der Anfrage verweise ich auf die Beantwortung zu Frage 1.
Ferner möchte ich festhalten , daß das gegenständliche
Übungsvorhaben nicht unter ``US-Kommando'` , sondern unter der
organisatorischen Leitung der NATO gestanden ist , welche den
Ablauf im übrigen im Rahmen der sogenannten ``Partnerschafts-
Koordinationszelle`` mit den PfP-Partnern vorbereitet hat.
An "Cooperative Osprey 96'' haben ausschließlich Berufssoldaten
des österreichischen Bundesheeres teilgenommen. Die
erforderlichen dienst- und besoldungsrechtlichen Regelungen für
deren Auslandsaufenthalt wurden vom Bundesministerium für
Landesverteidigung auf Basis der Reisegebührenvorschrift 1955
i . d. g. F. geregelt. Der im Zusammenhang mit der Übungsteilnahme
notwendigen Ausfuhr von Waffen und militärischem Gerät
(Fernmeldeausrüstung) hat die Bundesregierung gemäß Bundes-
gesetz über die Ein- , Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial vom
18. Oktober 1977 am 9. Juli 1996 zugestimmt . -
Zu Frage 3 :
Die internationale Grundlage für die Teilnahme österreichischer
Soldaten an ``Cooperative Osprey 96`' bildet das in Beantwortung zu
Frage 1 erwähnte ``Rahmendokument der Partnerschaft für den
Frieden'` , das Österreich am 10. Februar 1995 gemeinsäm mit der
Annahme der Einladung zur Teilnahme an der NATO-Partnerschaft für
den Frieden angenommen hat.
Basis der konkreten Teilnahme an ``Cooperative Osprey 96 `' war das
" Individuelle Partnerschaftsprogramm zwischen Österreich und der
NATO für die Jahre 96-98 `' .
Die - der Anfrage zugrunde liegende - Vermutung , daß bei diesem
Ausbildungsvorhaben ``unter dem Titel Friedenserhaltung sogenannte
friedensschaffende und interventionistische Maßnahmen geübt
wurden" , entspricht nicht den Tatsachen. Im übrigen verweise ich
auf die Anfragebeantwortung zu Frage 1 .
Zu Frage 4 :
Ja.
Zu Frage 5 :
Wie schon in Beantwortung zu Frage 1 und 3 ausgeführt , versteht
sich die gesamte Initiative der Partnerschaft für den Frieden als
Teil der Bemühungen der NATO und der anderen Partnerstaaten , für
die Verpflichtungen der Charta der Vereinten Nationen einzutreten
und insbesondere - im Sinne der Agenda für den Frieden der
Vereinten Nationen - die Fähigkeit und Bereitschaft zu Einsätzen
unter der Autorität der VN und/oder der OSZE aufrechtzuerhalten
und zu stärken.
Zu Frage 6 und 7 :
Bei dem - in der Anfrage angesprochenen - Teil der Übung ging es
darum, die Evakuierung zivilen und unbewaffneten Botschafts-
personals aus einer Krisenregion sicherzustellen. Der Natur eines
solchen - international als humanitäre Hilfeleistung ver-
standenen - Evakuierungsauftrages entsprechend sah die
Übungsannahme Rahmenbedingungen vor , die auch den Einsatz von
Waffengewalt erforderlich machen können. ( Siehe dazu auch die
Ausführungen in Beantwortung der Frage 8 . )
Die Evakuierung ziviler und unbewaffneter Personen ist im übrigen
auch das allererste konkrete Feld der Zusammenarbeit zwischen der
EU und der WEU. Beide Organisationen haben sich kürzlich auf eine
gemeinsame Vorgangsweise für jene Fälle geeinigt, in denen für
die Evakuierung von EU-Bürgern aus Drittländern militärische
Ressourcen erforderlich werden könnten. Österreich hat diese
Initiative in den entsprechenden Ratsarbeitsgruppen mitgestaltet
und schließlich auch im Rat der Europäischen Union mitbe-
schlosssen.
Vor diesem Hintergrund halte ich die Erfahrungen, welche aus der
Teilnahme an der Übung ``Cooperative Osprey 96`` gewonnen werden
konnten, für einen praktischen Beitrag zur Weiterentwicklung
einer europäischen Friedensordnung und Sicherheitsarchitektur.
Zu Frage 8 :
Der an "Cooperative Osprey 96`` teilnehmenden österreichischen
Einheit lagen ``Rules of Engagement`` vor, die Waffengewalt nur zum
Zwecke der Selbstverteidigung vorsahen. Die genaue Einhaltung
dieser Regeln durch die österreichischen Einheiten wurde im
übrigen von der Übungsleitung besonders positiv hervorgehoben.
Zu Frage 9 :
Diese Frage betrifft ausschließlich den Vollziehungsbereich des
Bundesministeriums für Landesverteidigung, weshalb ich um Ver-
ständnis bitte, wenn ich auf diese Frage nicht weiter eingehe.
Zu Frage 10 :
Bei der österreichischen Teilnahme an "Cooperative Osprey 96'` hat
es sich - wie in Beantwortung zu Frage 1 und 2 ausgeführt - weder
um ein ``Manöver`` noch um eine Übung unter ``US-Kommando`` gehan-
delt.
Dessen ungeachtet möchte ich hinsichtlich der angesprochenen künf-
tigen österreichischen Beteiligung an Übungen generell sagen , daß
ich auch in Hinkunft eine Teilnahme an Übungen des Typs '`Coopera-
tive Osprey 96`` - schon im Lichte der in Beantwortung zu Frage 6
und 7 beschriebenen wertvollen Übungsziele - für sinnvoll erachte ,
wobei ich die Frage der konkreten Kommandostrukturen bei Übungen
für Zwecke der Friedenspartnerschaft an sich für sekundär halte.