1195 /AB

Die Abgeordneten Günter Kiermaier und Genossen haben an mich am 20.9.1996 die schriftliche Anfrage Nr. 1230/J betreffend ”restriktives Vorgehen der österreichischen Botschaft in Sofia” mit folgendem Wortlaut gerichtet:

 

”1.     Sind Ihnen die vorliegenden Beschwerden österreichischer Wirtschaftstreibender zum angesprochenen Problemkreis bekannt?

 

2.       Trifft es zu, daß die Visa-Politik der österreichischen Botschaft in Sofia besonders restriktiv, das heißt restriktiver als jene vergleichbarer österreichischer Botschaften in den restlichen Reformländern ist?

 

2a)    Wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage basiert dieses besonders restriktive Vorgehen der österreichischen Botschaft in Sofia?

 

2b      Wenn nein, wie erklären Sie sich die Beschwerden der österreichischen Wirtschaftstreibenden, die sich konkret auf die österreichische Botschaft in Sofia konzentrieren?

 

3.       Welche Lösung schlagen Sie vor, um in Hinkunft zu verhindern, daß österreichischen Wirtschaftstreibenden im Zuge von Wirtschaftskontakten mit bulgarischen Kunden insbesondere dadurch Schaden entsteht, daß etwa Käufe, für die bereits Anzahlungen geleistet wurden, deshalb nicht zustande kommen, weil dem Käufer kein Visum für die Abholung der Ware ausgestellt wird?

 

4.       Sind Sie dazu bereit, dafür Sorge zu tragen, daß sich die Visa-Politik der österreichischen Botschaft in Sofia künftig an jener der österreichischen Botschaften in den restlichen Reformländern orientiert?”

 

Diese Anfragen beantworte ich wie folgt:

 

Zu Frage 1:

Während des Sommers 1996 hat sich kein einziges oberösterreichisches Unternehmen, das mit KFZ handelt, mit einer Beschwerde an mein Ressort gewandt. Auch die in der Einleitung zur Anfrage erwähnten ”zahlreichen Protestbriefe” sind mir nicht bekannt und auch nicht nachvollziehbar, da die zuständige Fachabteilung in ständigem Kontakt mit der Wirtschaftskammer Österreich steht und bei auftretenden Problemen jeweils Lösungen gefunden werden, die sowohl die sicherheits- und fremdenpolizeilichen Interessen, als auch jene der österreichischen Wirtschaft berücksichtigen.

 

Zu den Fragen 2 und 2b:

Die Visapraxis der Österreichischen Botschaft Sofia kann sicherlich nicht als restriktiv bezeichnet werden. Im Jahre 1995 wurden in Sofia rund 75.000 Sichtvermerke erteilt, womit diese Behörde an dritter Stelle von allen österreichischen Vertretungsbehörden liegt. Zum Teil bedingt durch die seit 1.1.1995 geltende Sichtvermerkspflicht für Inhaber von Dienstpässen bedeutet dies gegenüber dem Jahre 1994 eine Steigrung um nahezu 100 %.

 

Die Beschwerden der österreichischen Wirtschaftstreibenden, wie im übrigen auch zahlreicher bulgarischer Institutionen, richtet sich gegen die Sichtvermerkspflicht an sich. Diese ist allerdings allein schon durch die Verordnung (EG) Nr. 2317/95 des Rates vom 25. September 1995 zur Bestellung der Drittländer, deren Staatsangehörige zum Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums sein müssen, vorgegeben.

 

Es ist allerdings auch Tatsache, daß besonders viele Kraftfahrzeuge bzw. Bestandteile aus Österreich nach Bulgarien eingeführt werden. Dabei ist es durchaus möglich, daß für die Botschaft kein Zusammenhang mit österreichischen Firmen erkennbar war. Es liegt die Vermutung nahe, daß sich ein Großteil der potentillen Käufer als Touristen mit Reisegruppen nach Österreich begeben wollte und im Zusammenhang mit dem Sichtvermerksantrag Unklarheiten aufgetreten sind, die schließlich zu einer Ablehnung führten.

 

Zu Frage 3:

Wie ich bereits bei der Beantwortung der Frage 1 ausgeführt habe, legt mein Ressort größtes Augenmerk auf eine enge Zusammenarbeit mit der österreichischen Wirtschaft. Daß dies offenbar auch in Bulgarieng elungen ist, kann einem Schreiben des österreichischen Handelsdelegierten entnommen werden, das ich auszugsweise dieser Beantwortung anschließe.

 

Um Mißverständnisse künftig auf ein Minimum zu reduzieren, wäre es sicher von Vorteil, wenn bulgarische Einkäufer, die in konkreten Geschäftsbeziehungen mit österreichischen Firmen stehen oder schon Anzahlungen geleistet haben, schon bei der Sichtvermerksbeantragung schriftliche Bestätigungen dieser Firmen vorlegen.

 

Zu Frage 4:

Eine Beantwortung dieser Frage erübrigt sich.

 

Anlage

 

Anlage zu 1195/AB

 

Aussenwirtschaft – Wirtschaftskammer Österreich

Der Handelsdelegierte für Bulgarien

 

Wirtschaftskammer Österreich

Referat Osteuropa III

Wiedner Hauptstr. 63

1040   W i e n

 

 

Im übrigen möchte ich bei dieser Gelegenheit wieder einmal betonen, daß die Zusammenarbeit zwischen der Botschaft und dem Handelsdelegierten in Visum­angelegenheiten (und selbstverständlich auch sonst in jeder Beziehung!) ausgezeichnet funktioniert. Die Befürwortungs- und Überprüfungspraxis bedeutet zwar eine wesentliche Mehrarbeit der AHST, im Interesse der österreichischen Wirtschaft ist diese aber nicht nur vertretbar, sondern eine wertvolle praktische Hilfe für österreichische Unternehmen in ihren Beziehungen mit Bulgarien. Zahlreiche Dankschreiben, von denen nur zwei Beispiele beiliegen, beweisen dies.

 

Ich bitte die Wirtschaftskammer Österreich bei dieser Gelegenheit auch darum, sowohl dem BmfaA (Frau Gesandte Dr. Dipl.-Dolm. Helga Winkler-Campagna) als auch dem BmfI (Mr. Dr. Peter Widermann) möglichst schriftlich mitzuteilen, daß die Zusammenarbeit bei der Erteilung von Geschäftsvisa zwischen der Botschaft und dem Handelsdelegierten ausgezeichnet ist und die Interessen der österreichischen Wirtschaft voll berücksichtigt werden.

 

Trotzdem bin ich weiterhin der Ansicht, daß die Visumpflicht generell die normalen Geschäftsbeziehungen stark behindert und nur eine anachronistische bürokratische Hürde darstellt, die sicher nicht im österreichischen Wirtschaftsinteresse liegt.

 

Mit freundlichen Grüßen