1223/AB

 

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1243/J-NR/1996, betreffend Auswirkungen des

EU-Beitritts auf das österreichische Tierversuchsgesetz, die die Abgeordneten Dr. PETROVlC,

Freundinnen und Freunde am 20. September 1996 an mich gerichtet haben, beehre ich mich

wie folgt zu beantworten:

 

 

1. lnwieweit ist die EU-Tierversuchsrichtlinie in Österreich schon wirksam bzw. wird

sie bereits umgesetzt? Inwiefern sind Veränderungen zu erwarten?

 

Antwort:

Die "EU-Tierversuchsrichtlinie", d.h. die Richtlinien des Rates vom 24. November 1986 zur

Annäherung der Rechts-Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zum Schutz der für

Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere, 86/609/EWG, ist in

Österreich durch das Bundesgesetz vom 27. November 1989 über Versuche an lebenden

Tieren (Tierversuchsgesetz 1988), BGBl.Nr. 501/1989 umgesetzt. In einer Reihe von Punkten

ist das österreichische Tierversuchsgesetz überdies bedeutend strenger und auch umfassender

als die "EU-Tierversuchsrichtlinie" ; so insbesondere:

Durch den Geltungsumfang, da das österreichische Tierversuchsgesetz alle Tierversuche ''in

Angelegenheiten des Hochschulwesens, der wissenschaftlichen Einrichtungen des Bundes,

des Gewerbes und der lndustrie, des Gesundheitswesens, des Veterinärwesens und des

Ernährungswesens einschließlich der Nahrungsmittelkontrolle sowie bezeichnete Maß-

nahmen des Umweltschutzes soweit der Bund hiefür zuständig ist", regelt, und nicht nur -

wie in der EU-Tierversuchsrichtlinie , "Präambel '... in der Erwägung ... zwischen den

derzeit geltenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zum Schutz für bestimmte Versuchs-

zwecke verwendeten Tiere bestehenden Unterschiede, die sich auf das Funktionieren des

gemeinsamen Marktes auswirken können ... um diese Unterschiede zu beseitigen ...'', sowie

gemäß Art. 1 es Ziel dieser Richtlinie ist, "die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der

Mitgliedstaaten zum Schutz der für Versuche oder andere wissenschaftliche Zwecke ver-

wendeten Tiere anzunähren, um zu vermeiden, daß sich diese Vorschriften insbesondere

durch Wettbewerbsverzerrungen oder Handelshemmnisse nachteilig auf die Schaffung und

das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes auswirken".

 

Durch die Zielsetzung des Tierversuchsgesetzes, wonach die Zahl der Tierversuche zu

reduzieren und Ersatzmethoden zu fördern sind.

 

Durch die Zulässigkeit von Tierversuchen in einer bloß eingeschränkten Form des § 3 Tier-

versuchsgesetzes, sofern nämlich "die angestrebtenVersuchsziele nicht durch andere Me-

thoden und Verfahren (Ersatzmethoden) bzw. in den Fällen der beruflichen Ausbildung

durch sonstige Lehrbehelfe, insbesondere durch Film und andere audiovisuelle Mittel er-

reicht werden können'', sowie der ausdrücklich normierten Unzulässigkeit von Tierversu-

chen gemäß § 3 Abs. 3 und 4 Tierversuchsgesetz.

 

Durch die zwingende behördliche Genehmigungspflicht von Tierversuchen (Ausnahme § 9

Abs. 2 Tierversuchsgesetz), im Gegensatz zur "EU-Tierversuchsrichtlinie'', wonach gemäß

Art. 12 Abs. 1 der EU-Tierversuchsrichtlinie ''Verfahren festzulegen sind, nach denen die

Versuche selbst oder die Angaben betreffend die Personen, die diese Versuche durchführen,

der Behörde im voraus zu melden sind'', und nur gemäß Art. 12 Abs. 2 EU-Tierversuchs-

richtlinie "bei einem Versuch, bei dem für ein Tier mit erheblichen und möglicherweise

länger anhaltende Schmerzen zu rechnen ist, dieser Versuch der Behörde besonders ange-

zeigt und begründet oder von der Behörde ausdrücklich genehmigt werden muß "..." und

(nur) in diesem Falle "die Behörde geeignete gerichtliche oder administrative Schritte zu

veranlassen hat, wenn sie nicht davon überzeugt ist, daß der Versuch für grundlegende

Bedürfnisse von Mensch und Tier von hinreichender Bedeutung ist ...".

 

Als weitere - zu der in der gegenständlichen parlamentarischen Anfrage als "EU-Tierver-

suchsrichtlinie" bezeichneten Richtlinie - ist die Richtlinie 93/35/EWG des Rates vom 14.

Juni 1993 zur 6. Änderung der Richtlinie 76/768/EWG zur Angleichung der Rechtsvor-

schriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel zu nennen, die voraussichtlich, in

einer durch die EU noch zu klärenden Form, mit 1. Jänner 1998 in Kraft treten soll. Die

Umsetzung dieser sogenannten '' Kosmetik-Richtlinie'' wird im Hinbl ick auf ihr Inkraft-

treten und der damit allenfalls noch verbundenen Maßgaben zeitgerecht in nationales öster-

reichisches Recht umzusetzen sein.

 

2. Wurden der Kommission schon Beamte oder beratende Sachverständige für den

Ausschuß genannt? Wer wurde hiefür vorgesehen (bitte um namentliche Nennung)?

 

Antwort:

Gemäß Art. 6 der ''EU-Tierversuchsrichtlinie" sind von "jedem Mitgliedstaat die Behörde

bzw. Behörden, die für die Überwachung der ordnungsgemäßen Anwendung zuständig sind,

zu nennen''. Für Österreich sind dies Bundesministerium für Wissenschaft, Verkehr und

Kunst, Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz, Bundesministerium für

wirtschaftliche Angelegenheiten, Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft und Bun-

desministerium für Umwelt, Jugend und Familie sowie Landeshauptmänner in I. Instanz,

ausgenommen der Ressortbereich von Wissenschaft und Forschung.

Als Vertreter für den Ausschuß ''Competent Authorities'' gemäß Richtlinie 86/609/EWG sind

vom Bundesministerium für Wissenschaft, Verkehr und Kunst die zuständigen Beamten,

Sektionschef Dr. Wolf Frühauf und Ministerialrat Dr. Karl Holecek, nominiert.

 

3. Besteht lhrerseits die Bereitschaft, die Mitglieder der § 13 Kommission über die

Tätigkeiten der EU-Organe (Rat, Kommission, Parlament etc.) im Tierversuchs-

bereich am Iaufenden zu halten, damit bei der Behandlung von auf der Tagesord-

nung stehenden Themen der aktuelle Diskussionsstand der EU-Organe mitberück-

sichtigt werden kann? Wenn ja, in weIcher Form? Wenn nein, warum nicht?

 

Antwort:

Die Kommission gemäß § 13 Tierversuchsgesetz wurde bis jetzt schon immer in umfassender

Weise über relevante Angelegenheiten der Tierversuche und von Ersatzmethoden informiert.

Ich bin auch gerne bereit, die Kommission gemäß § 13 Tierversuchsgesetz über Tätigkeiten

der EU im Tierversuchsbereich im Rahmen ihrer Sitzungen informieren zu lassen.

 

4. Sind Sie bereit, den Mitgliedern der § 13 Kommission das Verzeichnis der Ausschuß-

mitglieder, die Arbeitsberichte des Ausschusses und die Berichte (nach Artikel 26 der

EU-Tierversuchsrichtlinie) zur Verfügung zu steIlen?

 

Antwort:

Art. 26 der ''EU-Tierversuchsrichtlinie" sieht keinen "Ausschuß" vor. Eine Tagung der ''Com-

petent Authorities'' soll voraussichtlich im Juni / Juli 1997 stattfinden.

 

Die von der EU-Kommission gemäß Art. 26 der ''EU-Tierversuchsrichtlinie'' zu erstellenden

Informationen bzw. Berichte der Mitgliedstaaten für den Rat und das Europäische Parlament

über die auf dem Gebiet der Tierversuche getroffenen Maßnahmen wer den der Kommission

gemäß § 13 Tierversuchsgesetz zur Verfügung gestellt werden.

5. Mit einer Entschließung des Rates vom 24.11.1986 über die Unterzeichnung durch

die als Mitgliedsstaaten des Europäischen Übereinkommens zum Schutz der zu Ver-

suchen oder anderen wissenschaftlichen Zwecken verwendeten Wirbeltiere

(86/C331/01) werden die Mitgliedsstaaten ersucht, dieses Übereinkommen '' zum

frühestmöglichen Zeitpunkt" zu unterzeichnen.

 

a) Wurden seitens Österreichs schon diesbezügIiche Schritte unternommen?

b) Inwieweit wirkt sich die Unterzeichnung dieses Übereinkommens auf unser Tierver-

suchsgesetz (z.B. auf die Führung der Tierversuchsstatistik) aus?

c) Im Europäischen Übereinkommen ist die Verpflichtung zur Übermittlung einer

jährlichen Tierversuchsstatistik vorgesehen, wogegen seitens der EU ein Vorbehalt

angemeldet wurde. Bleibt vor diesem Hintergrund und auch aufgrund der Tatsache,

daß in der EU-Tierversuchsrichtlinie die Übermittlung der Statistik nicht verankert

ist, für die Mitgliedsstaaten, die dem Euruopäischen Übereinkommen beigetreten

sind, die Übermittlung der Statistik trotzdem verbindlich?

 

Antwort:

zu a)

Ja, von seiten des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung (jetzt: Verkehr und

Kunst) wurde das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten um Unterzeichnung

des Abkommens ersucht.

 

zu b)

Ein Beitritt Österreichs zum Europäischen Übereinkommen zum Schutz der zu Versuchen

oder anderen wissenschaftlichen Zwecken verwendeten Wirbeltiere erfordert keine Änderung

des geltenden österreichischen Tierversuchsgesetzes. Auch die österreichischen Vorschriften

über Tierversuchsstatistiken entsprechen durchaus jenen des Europäischen Übereinkommens

zum Schutz der zu Versuchen oder anderen wissenschaftlichen Zwecken verwendeten Wir-

beltiere. Dieses Europäische Übereinkommen, das aus dem Jahre 1986 stammt, wurde be-

kanntlich seinerzeit bei der Vorbereitung bzw. im Legistikprozeß des österreichischen Tier-

versuchsgesetzes bewußt schon berücksichtigt.

 

zu c)

Der EU-Vorbehalt bedeutet nicht, daß die Verpflichtung zur Übermittlung von tierversuchs-

statistischen Daten gemäß Art. 28 des Übereinkommens zum Schutz der zu Versuchen oder

anderen wissenschaftlichen Zwecken verwendeten Wirbeltiere für EU-Mitgliedstaaten nicht

besteht. Für Österreich ist in diesem Zusammenhang zu beachten, daß gemäß § 16 Tierver-

suchsgesetz die Art. 27 Abs. 2 des Übereinkommens zum Schutz der zu Versuchen oder ande-

ren wissenschaftlichen Zwecken verwendeten Wirbeltiere entsprechende Tierversuchsstatistik

jährlich zu veröffentlichen ist. Für Österreich ist daher grundsätzlich kein Einwand zu erken-

nen, diese Statistik auch jährlich zur Verfügung zu stellen.

 

6. Im Gegensatz zur EU ist in Österreich die Haltung von Versuchstieren nicht gesetz-

lich geregelt. Die EU-RichtIinie 86/609/EWG Art. 5 (bzw. Anhang Il '' Leitlinien für

die Unterbringung und Pflege von Tieren '' ). Inwiefern wird diese EU-Richtlinie in

Österreich voIlzogen?

 

Antwort:

Die "EU-Tierversuchsrichtlinie", 86/90/EWG, wird hinsichtlich Art. 5 durch §§ 4, 5, 6, 10

Abs. 1 und 11 in Einklang mit der österreichischen Kompetenzlage zum Tierversuchs- und

Tierschutzrecht umgesetzt. Insoferne ist auch die Haltung von Versuchstieren bereits gesetz-

lich geregelt. Darüberhinaus ist ''Tierhaltung" eine Angelegenheit des Tierschutzes und fällt

demgemäß unter der (derzeitigen) österreichischen Kompetenzlage in die Gesetzgebung der

Länder.

 

Die in Art. 5 genannten Leitlinien in Anhang lI '' Leitlinie für die Unterbringung und Pflege

von Tieren'' sind als '' Leitlinie" und demzufolge nicht als ''Richtlinie" anzusehen. Das Öster-

reichische Tierversuchs- und Tierschutzrecht entsprechen materiell dieser '' Leitlinie''.