1242/AB
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Walter Guggenberger und Genossen ha-
ben an mich eine schriftliche Anfrage, betreffend unzulässiges VerhaIten des Vor-
stehers des Bezirksgerichtes Reutte, gerichtet und folgende Fragen gestellt:
''1. Teilen Sie unsere Auffassung, wonach Dr. KIaus M. mit dem gegenständli-
chen Verhalten seine persönlichen lnteressen unter unzulässiger Ausnützung
seines öffentlichen Amtes als Vorsteher des Bezirksgerichtes Reutte wahr-
nehmen woIlte?
2. Wenn ja, welche Maßnahmen wurden bzw werden in dieser Angelegenheit
gesetzt, um klarzustellen, daß eine derartige Vorgangsweise im Interesse der
Aufrechterhaltung des richterIichen Ansehens unzulässig ist?''
lch beantworte diese Fragen wie folgt:
Zu 1 und 2:
Die vom Bundesministerium für Justiz bereits unabhängig von der vorliegenden An-
frage zu dieser Angelegenheit veranlaßten Erhebungen der nachgeordneten Justiz-
verwaltungsbehörden ergaben folgendes:
Dr. Klaus M. und Dr. Walter B. ließen in Reutte ein Doppelwohnhaus errichten. Der
von ihnen beauftragte Architekt nahm unrichtigerweise den Geländeverlauf zu nie-
der an, wodurch beim Bau ein falsches Höhenniveau erreicht wurde und damit die
Grenzabstände des Hauses nicht mehr den Bestimmungen der Tiroler Bauordnung
entsprachen. ln der Sitzung des Gemeinderates der Marktgemeinde Reutte vom
9.2.1996 brachte der Vizebürgermeister die Sache unter wörtlicher Zitierung aus
ihm von einer Anrainerin übergebenen Unterlagen zur Sprache, griff in diesem Zu-
sammenhang den Bürgermeister massiv an und beschuldigte ihn indirekt des Amts-
mißbrauchs. Als Reaktion auf die hierauf erschienenen Medienberichte Iegte der
Bürgermeister in einer im Februar 1996 abgehaltenen Pressekonferenz die einzel-
nen Schritte der Baubehörde anhand des Bauaktes dar, worüber neuerlich in den
Medien berichtet wurde. Auf Grund dieser Zeitungsartikel, in denen Dr. M. unter An-
führung seiner beruflichen Stellung genannt wurde, erstattete dieser als Vorsteher
des Bezirksgerichtes Reutte ''Mitteilung gem. § 84 Abs. 1 StPO'' an die Staatsan-
waltschaft lnnsbruck wegen des Verdachtes der Verletzung der Amtsverschwiegen-
heit, begangen durch den Bürgermeister und den Vizebürgermeister. Diese Anzeige
erfolgte auf Papier mit dem Briefkopf des Bezirksgerichtes Reutte unter Nennung ei-
ner Aktenzahl und Verwendung der Gerichtsstampiglie. Die Staatsanwaltschaft lnns-
bruck legte die Anzeige mit Genehmigung der Oberstaatsanwaltschaft lnnsbruck am
9.7.1996 gemäß § 90 StPO zurück.
lnfolge der geschilderten AbIäufe kann bei Dr. M. durchaus der Eindruck bestanden
haben, daß die öffentliche Diskussion über seinen Hausbau auf MitteiIungen seitens
des Bürgermeisters und des Vizebürgermeisters der Marktgemeinde Reutte an die
Öffentlichkeit unter Verletzung ihrer Verschwiegenheitspflicht zurückzuführen sei.
Dr. M. war daher zweifellos berechtigt, über seinen Verdacht Anzeige an die Staats-
anwaltschaft zu erstatten. Wie der Leiter der OberstaatsanwaItschaft lnnsbruck als
Disziplinaranwalt dem Bundesministerium für Justiz berichtet hat, hätte Dr. M. dies
aber richtigerweise als Privatperson und nicht in Form einer ''Mitteilung gem. § 84
Abs. 1 StPO'' unter Anführung einer Aktenzahl und Verwendung einer Gerichtsstam-
piglie machen dürfen. Allerdings bedarf diese unrichtige Vorgangsweise nach der
Auffassung des Disziplinaranwalts nicht einer disziplinarrechtlichen Ahndung; doch
ist es notwendig, Dr. M. im Weg der Dienstaufsicht auf die unzulässige Form der An-
zeigeerstattung hinzuweisen. Das Bundesministerium für Justiz hat diesen Bericht
des Disziplinaranwalts zur Kenntnis genommen.