1251/AB

 

 

 

An den

Herrn Präsidenten des Nationalrates

W i e n

 

zur ZahI 1279/J-NR/1996

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Khol und Kollegen haben an mich eine

schriftliche Anfrage, betreffend Möglichkeiten der Exekutive beim Scheinkauf, ge-

richtet und folgende Fragen gestellt:

 

''1. Wie beurteilen Sie die Frage der praktischen Anwendbarkeit der Bestimmung

über den Scheinkauf (§ 25 StPO) für den einzelnen Sicherheitsbeamten, der

im Moment über sein Verhalten entscheiden muß, wenn dazu seitenweise

Ausführungen in Kommentaren notwendig erscheinen?

 

2. Wieso glauben Sie im Lichte der Komplexität dieser Materie, daß - abgesehen

von der Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung, die Sie ja auch selbst un-

terstreichen - eine erlaßmäßige Regelung nicht notwendig ist?

 

3. Besteht aus lhrer Sicht nicht die Befürchtung, daß Exekutivbeamte wegen der

schwierigen Abgrenzungsfragen eher von den ihnen grundsätzlich eingeräum-

ten Möglichkeiten nicht Gebrauch machen, um sich nicht der Gefahr einer

strafrechtlichen Verfolgung auszusetzen, wodurch es schließlich zu einer Be-

einträchtigung der Strafverfolgung kommt?

 

4. Wurden gegen Exekutivbeamte in den letzten Jahren Strafverfahren eingelei-

tet, weil sie als Scheinkunden aufgetreten sind?

Wenn ja, wieviele?

Wie war der Ausgang dieser Verfahren?

5. Bleiben Sie dabei, daß eine erIaßmäßige RegeIung dieser Fragen nicht not-

wendig ist oder sind Sie bereit, gemeinsam mit dem lnnenminister die komple-

xen Ausführungen praxisnahe zu formulieren, um Mißverständnisse zu vermei-

den?''

 

lch beantworte diese Fragen wie folgt:

 

 

Zu 1 :

Wie in der Anfrage festgehalten wird, habe ich bei anderer Gelegenheit bereits dar-

auf hingewiesen, daß eine einvernehmliche lnterpretation des § 25 StPO eine weit-

gehend praxisgerechte Basis für die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden bietet, die

kurz zusammengefaßt darin besteht, daß Behördenorganen zwar das Auftreten als

(scheinbare) Kaufinteressenten gegenüber Personen, die bereits zu einer Straftat

entschlossen sind, nicht aber die - Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes wie

jedermann verbotene - Anstiftung zu strafbaren Handlungen gestattet ist.

 

Es liegt in der Natur der Sache, daß sich wissenschaftliche Kommentare dem unge-

übten Leser nicht ohne weiteres erschließen, ohne daß dieser Umstand einen un-

mittelbaren Rückschluß auf die Qualität der entsprechenden gesetzlichen Regelung

oder deren praktische Handhabung zuließe. Soweit mir die Praxis kriminalpolizeiIi-

cher Tätigkeiten bekannt ist, ist es überdies so, daß die Entscheidung über die

Durchführung von ''Schein-'' und ''Probekäufen'' in der Regel weder durch unterge-

ordnete Beamte erfolgt noch innerhaIb sehr kurzer Zeit getroffen werden muß.

 

lm übrigen entbehrt bekanntlich die kriminalpolizeiliche Tätigkeit insgesamt einer

zeitgemäßen und rechtsstaatlich ausreichenden Grundlage. Diesem Regelungsdefi-

zit soII durch die in Vorbereitung stehende Reform des strafprozessualen Vorverfah-

rens begegnet werden.

 

Zu 2 und 5:

Eine erlaßmäßige lnterpretation dieser Bestimmung halte ich, wie erwähnt, nicht für

erforderlich, wobei ich davon ausgehe, daß die sich aus der anerkannten lnterpreta-

tion des § 25 StPO ergebenden Möglichkeiten und Grenzen kriminalpolizeilichen

Handelns im Rahmen der Schulung einschlägig tätiger Beamter des lnnenressorts

entsprechende Berücksichtigung finden.

Zu 3:

Für eine solche Befürchtung sehe ich keine Veranlassung.

 

Zu 4:

Nach den von mir eingeholten Berichten der staatsanwaltschaftlichen Behörden sind

in den letzten Jahren keine Strafverfahren gegen Beamte der Sicherheitsexekutive

eingeleitet worden, weil sie als ''Scheinkunden'' im dargelegten Sinne aufgetreten

sind.

 

Soweit es in einigen wenigen Fällen zur Durchführung von Strafverfahren gegen

einzelne Beamte (und zu deren Verurteilung) gekommen ist, handelte es sich um

Fälle, in denen die durch die erwähnte einvernehmliche lnterpretation des § 25

StPO und den Dienstauftrag gezogenen Grenzen eindeutig überschritten wurden

und dem Beamten VerhaItensweisen zur Last gelegt wurden, die über einen bloßen

''Schein- oder Vertrauenskauf'' weit hinausgegangen sind.