1254/AB
B e a n t w o r t u n g
der Anfrage der Abgeordneten Öllinger u.a.
betreffend Reform der Sozialversicherungen
(Nr. 1236/J)
Zu den aus der beiliegenden Ablichtung der gegenständlichen Anfrage ersichtlichen
Fragen führe ich folgendes aus:
Zu der Frage 1 :
Die Firma Häusermann u. Co.AG wurde im Herbst 1991 mit der Studie beauftragt und
präsentierte ihren Schlußbericht im Juni 1992. Die Kosten der Studie beliefen sich auf rd.
10 Mio.S.
Zu den Fragen 2 und 3 :
Bevor ich auf die bisher getroffenen Maßnahmen näher eingehe, darf ich kurz das Ergeb-
nis der Organisationsanalyse in Erinnerung rufen. Die Vorschläge der Firma Häusermann
lassen sich im wesentlichen von zwei Kernaussagen ableiten:
a) Verbesserung der Entscheidungsstrukturen
Benötigt werden koordinierende Kompetenzen, die eine Verbesserung der Entscheidungsstruk-
turen in der Sozialversicherung ermöglichen.
b) "Full-Service-Stellen" für die Versicherten
Die Organisationsanalyse empfiehlt, alle Außenstellen der östereichischen
Sozialversicherungsträger im Interesse einer besseren Betreuung der Versicherten zu
Auskunfts- und Beratungszentren für alle Belange aufzuwerten.
In Entsprechung der Empfehlungen der Firma Häusetmann wurden deshalb mit der
52.Novelle zum ASVG folgende Maßnahmen mit dem Ziel einer Steigerung der Effizienz und
der Versichertennähe bei der Vollziehung der Sozialversicherung unter Nutzung moderner
Kommunikationssysteme und Managementmethoden gesetzt:
1) Straffung der inneren Organisation der Sozialversicherungsträger bei gleichzeitiger Steige-
rung der Flexibilität des Vollzuges und Verbesserung der Entscheidungsstrukturen durch eine
klare Abgrenzung von Geschäftsführungs- und Kontrollorganen, durch eine Delegierung der
Aufgaben an Obmann, Ausschüsse und Büro sowie durch eine drastische Verringerung der
Anzahl der Versicherungsvertreter. Gleichzeitig wurde die Durchführung von spezifischen
Informationsveranstaltungen für Versicherte und Dienstgeber verpflichtend eingeführt.
2) Stärkung der Versichertennähe durch Einbeziehung von Vertretern der Pensionisten und
Behinderten in die Arbeit der Sozialversicherung in Form von jeweils bei den einzelnen Ver-
sicherungsträgern und beim Hauptverband eingerichteten Beiräten.
3) Neuorganisation des Hauptverbandes und seiner Aufgaben zur Steiget.ung der Effizienz bei
der Wahrnehmung gemeinsamer Anliegen der Sozialversicherung.
Auch im Hauptverband wurde eine Effizienzsteigerung durch Schaffung einer Verbands-
konferenz als neuer geschäftsführender Verwaltungskörper bestehend aus den Obmännern aller
größeren Versicherungsträger und bestimmten Obmann-Stellvertretern sowie dem Ver-
bandspräsidium angestrebt. Die Agenden der Verbandskonferenz, insbesondere die Richt-
linienkompetenz gemäß § 31 Abs.5 ASVG, wurden im Gesetz definiert und erschöpfend auf-
gezählt und sind damit zwingend wahrzunehmen.
Was die Neuordnung der Aufgaben des Hauptverbandes anlangt, so behält sie ent-
sprechend der Organisationsanalyse der Firma Häusermann das Selbstverwaltungsrecht der
einzelnen Sozialversicherungsträger grundsätzlich bei. Zur Gewährleistung einer in vielen Be-
langen notwendigen einheitlichen Handlungsweise der Versicherungsträger ist aber die Über-
tragung gewisser Kompetenzen an den Hauptverband unabdingbar. So wird in dem ab-
schließenden Bericht des genannten Consulting-Unternehmens ausgeführt, daß es eine zentrale
Anforderung ist, möglichst sofort einfache, elementare Normen und Standards festzulegen, die
für das gesamte System der österreichischen Sozialversicherung gelten. Die Verwirklichung
dieser Forderung setzt aber übergeordnete Kompetenzen voraus, die vielfach und sinnvoller-
weise nur vom Hauptverband wahrgenommen werden können.
Neben der Neustrukturierung des Hauptverbandes zu einer führenden und koordinieren-
den Organisationseinheit empfahl die Firma Häusermann den Aufbau eines zentralen Dienst-
leistungsträgers, welcher vorwiegend technisch orientierte und zentral zu erledigende Auf-
gaben wahrzunehmen hätte. Organisatorisch könne dieser zentrale Dienstleistungsträger ent-
weder als eigenständige Einheit oder aber als Teil des Hauptverbandes geführt werden.
Den diesbezüglichen Vorstellungen und Anregungen der Firma Häusermann wurde in der
52.Novelle zum ASVG durch eine komplette Neuregelung des § 31 leg.cit.Rechnung getragen,
wobei die Aufgaben des Hauptverbandes erweitert und inhaltlich nach folgenden Oberbegriffen
gegliedert wurden:
a) Wahrnehmung der allgemeinen und gesamtwirtschaftlichen Interessen im Vollzugsbereich
der Sozialversicherung,
b) zentrale Erbringung von Dienstleistungen für die Sozialversicherungsträger und
c) Erstellung von Richtlinien zur Förderung und Sicherstellung der geforderten Einheitlichkeit,
Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerfüllung der Sozialversicherungsträger.
Durch eine verstärkte Zusammenarbeit der Versicherungsträger unter der Koordination
des Hauptverbandes sollen im Sinne der Empfehlungen der Beratungsfirma
"Mehrgleisigkeiten" hintangehalten und Rationalisierungspotentiale ausgeschöpft werden. So
hat der Hauptverband gemäß diesem Gesetzesauftrag z.B. verbindliche Richtlinien für die Zu-
sammenarbeit der Versicherungsträger untereinander und mit dem Hauptverband auf dem Ge-
biete der automationsunterstützten Datenverarbeitung mit dem Ziel der Herstellung kompati-
bler EDV-Strukturen und der gemeinsamen Entwicklung, Beschaffung und Anwendung der
Software unter Beachtung der Grundsätze der Gesamtwirtschaftlichkeit und der Zweckmäßig-
keit erstellt (§ 31 Abs.5 Z.4 ASVG). Der Hauptverband hat desweiteren als zentraler Dienst-
leister im Sinne des § 31 Abs.4 ASVG beispielsweise einheitliche Formulare (bezüglich Form
und Inhalt), Datensatzaufbaue und maschinell lesbare Datenträger (Magnetbänder, Disketten,
Chipkarten usw.) für den ges amten Vollzugsbereich der Sozialversicherung festzulegen.
Wie schon erwähnt, hält eine der Kemaussagen der Organisationsanalyse fest, daß Ver-
sichertennähe und Mehrspartenbetreuung in Zukunft vermehrte Anforderungen an die Organi-
sation der Sozialversicherung stellen werden. Zur Versichertennähe wurde darauf hingewiesen,
daß sich fur die Sozialversicherung die Chance ergäbe, die Außenstellen zu Auskunftsstellen
für alle Belange der Sozialversicherung zu machen und damit zu echten Beratungszentren auf-
zuwerten.
Die Regionalisierung der Außenorganisation der Versicherungsträger mit dem Ziel eines
"Allspartenservice" befand sich zunächst mit unterschiedli chen Modellen an verschiedenen
Standorten im Versuchsstadium (Durchführung von Pilotprojekten) und wurde durch das
Arbeitsmarktset.vice-Begleitgesetz mit Wirksamkeit ab 1.7.1994 legistisch umgesetzt.
In Fortführung der mit der 52.Novelle zum ASVG eingeleiteten Refor.ttmaßnahmen hin-
sichtlich der verstärkten Zusammenarbeit der Versicherungsträger wurde dem Hauptverband
mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 eine Richtlinienkompetenz für das Zusammenwirken
der Versicherungsträger auf dem Gebiet eines automationsunterstützten Cash-Managements
mit dem Ziel der bestmöglichen Veranlagung der finanziellen Mittel und der größtmöglichen
Verringerung der Geldverkehrskosten übertragen und wurden diesbezügliche Richtlinien vom
Hauptverband bereits erstellt.
Zuletzt wurde der Hauptverband durch die 53.Novelle zum ASVG mit einem versiche-
rungsträgerübergreifenden Controlling unter vorausschauender und laufender Berücksichti-
gung der Einnahmen- und Ausgabenentwicklung beauftragt.
Im Hinblick auf die bisher getroffenen umfangreichen Umsetzungsmaßnahmen, denen
noch weitere folgen werden, kann ich den eingangs erhobenen Vorwurf, die von der Firma
Häusermann empfohlenen Änderungsstrategien wären nicht umgesetzt worden, nicht teilen. Ich
bin allerdings der Meinung, daß die bereits eingeleiteten Maßnahmen laufend weiter zu
entwickeln sind, wobei besonders aufVersichertennähe und Kundenorientierung sowie
Verwaltungsökonomie zu achten sein wird.
Zu den Fragen 4, 5 und 6:
Derzeit ist noch keine Studie vergeben. Es ist aber beabsichtigt, noch in diesem Jahr im
Rahmen einer EU-weiten Ausschreibung eine Beratungsfit.ma zu beauftragen, welche zur
Fortsetzung der Reformen die Effizienz und Effektivität der Umsetzung der Empfehlungen der
Firma Häusermann überprüfen soll; wie das bereits 1992 bei Abschluß der Häusermann-Studie
vorgesehen war.