1283/AB
An den
Herrn Präsidenten des Nationalrates
W i e n
zur Zahl 1299/J-NR/1996
Die Abgeordneten zum Nationalrat Haigermoser, Dr. Ofner haben an mich eine
schriftIiche Anfrage, betreffend anonyme Sparbücher des ÖGB, gerichtet und fol-
gende Fragen gestellt:
''1 . Zu welchen Ergebnissen haben die ErmittIungen im Zusammenhang mit einem
angeblich im Rahmen der sozialistischen Fraktion der Gewerkschaft der Che-
miearbeiter verwalteten Sparbuch bisher geführt?
lm Detail:
a) Handelt es sich bei der Selbstanzeige des Herrn Holzerbauer nach derzeiti-
gem Stand der ErmittIungen um eine Fälschung und ist der tatsächliche Autor
bekannt?
b) Von wem wurde dieses Sparbuch eingerichtet und aus welcher QuelIe ge-
speist?
c) Existieren unerklärliche oder nicht nachvoIlziehbare Abgänge?
d) Wer wird der Untreue verdächtigt?
2. Werden seitens der Staatsanwaltschaft auch Ermittlungen betreffend ähnlich
dubiose Sparbücher bei anderen Fachgewerkschaften angestellt?
3. Wenn ja, mit welchem bisherigen Ergebnis? Wenn nein, warum nicht?''
lch beantworte diese Fragen wie folgt:
Zu 1 :
Die Staatsanwaltschaft Wien hat im März 1996 veröffentIichte Berichte in den Medi-
en zu dem in der Anfrage angesprochenen Sachverhalt sowie ein bei der Staatsan-
waltschaft Wien am 25. März 1996 eingelangtes, anscheinend mit der Unterschrift
des ehemaligen Vorsitzenden der Chemiearbeitergewerkschaft Erwin Holzerbauer
versehenes Schreiben zum Anlaß genommen, die Wirtschaftspolizei bei der Bun-
despolizeidirektion Wien mit Sachverhaltserhebungen zu betrauen. Da weder die
Vernehmung des Genannten noch die zeugenschaftliche Einvernahme weiterer Per-
sonen Anhaltspunkte für die Existenz eines solchen Sparbuchs und somit für einen
ausreichenden Tatverdacht in Richtung des Verbrechens der Veruntreuung nach
§ 1 33 StGB bzw. des Verbrechens der Untreue nach § 153 StGB ergaben, wurde
die Anzeige schIießIich gemäß § 90 Abs. 1 StPO zurückgelegt.
ln der Zwischenzeit, nämlich am 3. April 1 996, war bei der Staatsanwaltschaft Wien
eine Anzeige des Österreichischen Gewerkschaftsbundes gegen unbekannte Täter
wegen des Verdachtes der Urkundenfälschung nach § 223 StGB eingelangt. ln die-
ser Eingabe hatte der ÖGB das angeblich von Erwin Holzerbauer stammende
Schreiben an die Staatsanwaltschaft Wien und ein weiteres unter seinem Namen an
eine Zeitschriftenredaktion versendetes Schreiben als Falsifikate dargestellt, bei de-
nen jeweils die Unterschrift des Erwin Holzerbauer aufkopiert worden sei. Nach den
Erhebungsergebnissen ist davon auszugehen, daß es sich bei diesen Schreiben tat-
sächlich um Fälschungen handelt. Allerdings brachte weder die Vernehmung des
Erwin Holzerbauer noch die kriminaltechnische Untersuchung der Schreiben einen
konkreten Tatverdacht gegen eine bestimmte Person. Zufolge der Vielzahl der vor-
handenen (echten) Unterschriften des Erwin HoIzerbauer, der in seiner langjährigen
Tätigkeit an eine große Personenzahl eigenhändig unterschriebene Schriftstücke
versendet hat, ist die Ausforschung des Urhebers der Montage, also des FäIschers
der gegenständlichen ''Selbstanzeige'', nicht möglich.
Zu 2 und 3:
Da sich bereits für das zu 1 angeführte Sparbuch keine hinreichenden Beweise er-
geben haben, hat die Staatsanwaltschaft Wien mangels konkreter Anhaltspunkte
auch keine weiteren Erhebungen im Sinn der Frage 2 durchgeführt.