1299/AB
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Kostelka und Genossen
haben am 30 . September 1996 unter der Nr. 1282/J an mich eine
schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend allgemeine
Geschäftsbedingungen bei Kreditaufnahmen gerichtet , die
folgenden Wortlaut hat :
''Wie beurteilen Sie die Vorgangsweise der Banken aus der Sicht
Ihres Ressorts? ''
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt :
Die Verpfändung des pfändbaren Teils der gegenwärtigen und
künftigen Ansprüche aus Arbeitsverhältnissen zur Sicherstellung
der Kreditforderung ist seit langem eine bei Verbraucher-
krediten allgemein übliche Praxis . Entsprechende Klauseln
finden sich in. so gut wie allen Verbraucherkreditverträgen ( mit
Ausnahme mancher Hypothekarkreditverträge ) , zumal das
Arbeitseinkommen des Verbrauchers ja dessen wesentliche
Kreditbasis darstellt . Die zugrundeliegende Problematik wurde
bereits bei der Entstehung des Konsumentenschutzgesetzes
diskutiert ; der Gesetzgeber hat sich schließlich entschlossen,
zwar die Abtretung von Lohn- und Gehaltsforderungen zur
Sicherung einer noch nicht fälligen Forderung zu untersagen,
nicht jedoch die Verpfändung ( § 12 KSchG ) .
.
Wesentlichstes Argument für diese Regelung war , daß das
Arbeitseinkommen des Verbrauchers als Kreditbasis nicht
entwertet werden sollte ; für den Fall eines Verbots der
Verpfändung wurde befürchtet , daß der Zugang von Verbrauchern
zu Krediten wesentlich erschwert würde.
In den in der Praxis von den Banken verwendeten Kreditbe-
dingungen hat sich daher bei der formularmäßig vorgesehenen
Verpfändung der Arbeitseinkünfte in letzter Zeit nichts
geändert. Wohl aber ist verstärkt zu bemerken, daß Banken die
im Rahmen der Verpfändungserklärung mögliche Verständigung des
Schuldners der verpfändeten Forderung ( Arbeitgeber ) auch
tatsächlich wahrnehmen. Während in den meisten Fällen trotz
erfolgter Verpfändung eine Verständigung des Arbeitgebers
unterbleibt , ist eine Zunahme jener Fälle festzustellen, in
denen die Verständigung des Arbeitgebers routinemäßig unmittel-
bar nach Kreditgewährung erfolgt . Diese Praxis hat sich nach
meiner Beobachtung zunächst bei einigen kleineren Instituten
herausgebilde.- , die offenbar berechtigte Zweifel an der
Fähigkeit ihrer Kreditnehmer hatten, die vertragsgemäßen
Leistungen zu erbringen. Da im Falle mehrfacher Verpfändung der
für die Rangwahrung maßgebliche Zeitpunkt jener der Offenlegung
der Verpfändung gegenüber dem Arbeitgeber ist , nicht jedoch das
Datum der Unterzeichnung der Verpfändungsurkunde , konnten jene
Institute, die frühzeitig offenlegten, sich einen besseren Rang
sichern als Banken, die vielleicht vorher einen Kredit gewährt
hatten, mit der Offenlegung der Verpfändung aber zuwarteten.
Unter diesen Umständen ist es durchaus realistisch zu erwarten,
daß auch andere Institute nunmehr verstärkt zu einer sofortigen
Offenlegung der Verpfändung gegenüber dem Arbeitgeber tendieren
werden.
Diese Offenlegung ist rechtlich korrekt , zumal in den Vertrags-
bedingungen auch ausdrücklich das Einverständnis des Kredit-
nehmers zur Mitteilung der Verpfändung an den Arbeitgeber
eingeholt wird.
Problematisch ist - was auch in der Anfrage angesprochen
wird - , daß die Mitteilung von der erfolgten Verpfändung von
Arbeitgebern oft bereits als Verständigung über
Rückzahlungsprobleme angesehen wird , wenngleich dies inhaltlich
nicht zutrifft . Da die administrative Abwicklung von
Lohnpfändungen von vielen Arbeitgebern als bedeutender
Zusatzaufwand angesehen wird , ist durchaus denkbar , daß sich
bereits aufgrund der bloßen Verständigung von der erfolgten
Verpfändung nachteilige Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis
bis hin zur möglichen Kündigung ergeben. Zudem ist mit dieser
Verständigung zwangsäufig verbunden, daß der Arbeitgeber von
einer Kreditaufnahme erfährt und somit Kenntnis von höchst
privaten Angelegenheiten seines Arbeitnehmers erhält . Nach dem
geltenden Datenschutzgesetz und dem Konsumentenschutzgesetz ist
diese Vorgangsweise - entsprechende Vertragsklauseln
vorausgesetzt - zwar gesetzeskonform , wird jedoch auch von mir
als konsumentenpolitisch bedenklich angesehen. Eine Änderung
dieser Situation wäre jedoch nur durch gesetzliche Maßnahmen zu
erreichen. Will man, um die Kreditbasis von Lohn- und
Gehaltsempfängern nicht zu belasten, ein gänzliches Verbot der
Verpfändung vcn Lohn- und Gehaltsansprüchen nicht ins Auge
fassen, so wäre aus meiner Sicht denkbar , im Falle einer
Verpfändung von Lohn- und Gehaltsansprüchen die Offenlegung
gegenüber dem Schuldner der verpfändeten Forderung
( Arbeitgeber ) grundsätzlich erst dann zuzulassen, wenn sich der
Kreditschuldner im qualifizierten Zahlungsverzug befindet . Eine
derartige Gesetzesänderung hätte zivilrechtlichen Charakter und
wäre wohl am zweckmäßigsten in § 12 KSchG einzubauen; die
legistische Zuständigkeit hiefür liegt beim Bundesminister für
Justiz .