1302/AB

 

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Partik-Pable, Lafer, Mag. Stadler und Kollegen haben

 

am 2. Oktober 1996 unter der Nr. 1301/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage

 

betreffend ''der Jugendkriminalität'' gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:

 

 

1. Wie hoch ist der Anteil der ausländischen Straftäter in der jüngsten Statistik über die

Jugendkriminalität des Bundesministeriums für Inneres, getrennt nach EU-Bürgern und Nicht-

EU-Bürgern, jeweils nach Nationalität, nach Verbrechen und Vergehen und nach Alter

aufgeschlüsselt?

 

2. In welchem Ausmaß handelt es sich bei den Straftätern in der jüngsten Statistik über die

Jugendkriminalität des Bundesministeriums für Inneres um Ausländer der zweiten Generation

bzw. um Eingebürgerte, jeweils nach Nationalität, nach Verbrechen und Vergehen und nach

Alter aufgeschlüsselt?

 

3. Wie hoch war der Anteil der ausländischen jugendlichen Straftäter in den letzten fünf

Jahren, getrennt nach EU-Bürgern und Nicht-EU-Bürgern, jeweils nach Nationalität, nach

Verbrechen und Vergehen sowie nach Alter aufgeschlüsselt?

 

4. Wie hoch war der Anteil der straffälligen jugendlichen Ausländer der zweiten Generation

bzw. der Eingebürgerten in den letzten fünf Jahren, jeweils nach Nationalität, nach Verbrechen

und Vergehen sowie nach Alter aufgeschlüsselt?

 

5. Wie viele Verurteilungen unter den ausländischen jugendlichen Straftätern und

eingebürgerten bzw. ausIändischen Jugendlichen der zweiten Generation gab es jeweils in den

letzten fünf Jahren? .

 

6.Wie oft werden prozentuell gesehen ausländische, wie oft inländische und wie oft

eingebürgerte bzw. ausIändische Jugendliche der zweiten Generation straffällig?

 

7. Wie hoch ist der AnteiI der ausländischen jugendlichen Straftäter bei den Delikten gegen

,,Leib und Leben"?

8. In welchem Ausmaß handelt es sich bei den ausländischen jugendlichen Straftätern bezogen

auf die Delikte gegen ,,Leib und Leben" um Ausländer der zweiten Generation bzw. um

eingebürgerte?

 

9. Wieviele der straffällig gewordenen Jugendlichen mit nichtösterreichischer

Staatsbürgerschaft leben derzeit in Östereich, aufgegliedert nach EU- und Nicht-EU-

Staatsbürgern und diese aufgeschlüsselt nach Nationalitäten?

 

10. Wieviele der straffällig gewordenen ausländischen Jugendlichen wurden in den letzten fünf

Jahren eingebürgert?

 

11. Wieviele der straffällig gewordenen ausländischen Jugendlichen mit gültiger

Aufenthaltsbewilligung leben derzeit in Östereich?

 

12. Wieviele der ausländischen Jugendlichen, denen in Östereich Asyl gewährt wurde, sind in

Östereich straffällig geworden?

 

13. Wieviele der ausländischen Jugendlichen, die in Östereich straffällig geworden sind,

standen in einem Beschäftigungsverhältnis oder in einem Lehrverhältnis?

 

14. Wieviele der eingebürgerten bzw. ausländischen Jugendlichen der zweiten Generation, die

in Östereich straffällig geworden sind, standen in einem Beschäftigungsverhältnis bzw. in

einem Lehrverhältnis?''

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Die Behauptung, ,,Östereichs Jugendliche würden so viele Straftaten verichten wie nie

zuvor", entspricht nicht den Tatsachen. Bei der Kriminalstatistik, auf die sich der in der

Anfrage genannte Artikel bezieht, handelt es sich um eme Anzeigestatistik, die daher all jene

Fälle nicht erfaßt, die im Dunkelfeld verbleiben.

 

Aus der Kriminalstatistik kann daher nur abgeleitet werden, daß es zu einer Steigerung jener

Anzeigen gekommen ist, in denen als Tatverdächtige Menschen angezeigt worden sind, die das

19. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. D amit ist durchaus nicht gesagt, daß damit auch

eine Steigerung begangener strafbarer Handlungen einhergeht. Vielmehr kann dafür etwa auch

eine Änderung im Anzeigeverhalten der Betroffenen ausschlaggebend sein. Eine solche

Änderung wäre gerade im Bereich der Jugendlichen deshalb denkbar, weil den Mitbürgerinnen

und Mitbürgern zunehmend deutlich wird, daß die Strafverfolgungsbehörden, insbesondere die

Staatsanwaltschaften und Gerichte, nach Inkrafttreten des Jugendgerichtsgesetzes 1988 am 1.

Jänner 1989 zunehmend kinder- und jugendgerecht vorgehen: Offenbar entsteht in der

Öffentlichkeit Bewußtsein darüber, daß Anzeige nicht mehr notwendigerweise mit Strafprozeß

und Verurteilung, also mit gesellschaftlicher Stigmatisierung verbunden ist, weshalb der

Einzelne, wenn er Opfer einer strafbaren Handlung eines Jugendlichen - alIenfalls auch eines

Täters vor Vollendung des 14. Lebensjahres - wird, in nicht schwerwiegenden Fällen leichter

bereit ist, mit einer Anzeige auf die außergerichtliche Konfliktbereinigung zu rekurrieren

anstatt auf die Anzeige überhaupt zu verzichten.

 

Außerdem muß ein Schluß der sich bloß auf die letzten fünf Jahre bezieht, notwendigerweise

zu kurz greifen: So gab es 1995 knapp 400 Anzeigen gegen Strafumnündige weniger als 20

Jahre zuvor (l995: 3.258, l975 : 3.650). Auch die Anzeigen gegen 14 bis 18jährige haben in

diesem Zeitraum insgesamt nur um l4% zugenommen (1995 : 18.896, 1975 : 16.566). Dies

scheint mir angesichts der mittlerweile eingetretenen Mobilität der Jugendlichen zwar

beachtlich aber kein Grund alarmiert zu sein.

 

Die einzelnen Fragen beantworte ich wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 bis 4. 6 bis 14 :

 

Um diese Fragen detailliert beantworten zu können, müßte eine neue sehr aufwendige

statistische Erfassung der Daten vorgenommen und eine entsprechende Software geschaffen

werden. Weiters müßte eine Vernetzung mit Datenbanken verschiedenster Behörden erfolgen,

wofür überdies die gesetzliche Grundlage fehlt.

 

So wird zum Beispiel im Rahmen der Polizeilichen Kriminalstatistik bei jugendlichen

Tatverdächtigen keine Unterscheidung in EU-Bürger und Nicht EU-Bürger getroffen. Gewisse

Daten wie ,,Fremde der 2. Generation" oder ,,Eingebürgerte" werden von den

Sicherheitsbehörden statistisch überhaupt nicht erfaßt; für letztere bedürfte es etwa einer

Verknüpfung mit Daten der Staatsbürgerschaftsbehörde.

 

Den automationsunterstützt verarbeiteten Dateien jener Personen, die in Östereich eine

Aufenthaltsbewilligung oder einen Sichtvermerk haben, ist nicht zu entnehmen, ob es sich um

Fremde handelt, die zu einem früheren Zeitpunkt straffällig geworden sind. Gleiches gilt für das

Asylwerberinformationssystem, da der Asylakt im Fall einer positiven Entscheidung mit dieser

geschlossen wird. Weitere Evidenzen hinsichtlich bereits anerkannter Flüchtlinge werden im

Bundesministerium für Inneres nicht geführt.

 

Eine weitergehende Beantwortung dieser Fragen ist daher nicht möglich. Die einzigen

Aussagen, die sich treffen lassen, bestehen darin, daß im Jahr 1995 der Anteil der Fremden an

den jugendlichen Tatverdächtigen in etwa jenem des Anteils Fremder an den Tatverdächtigen

insgesamt entspricht (ca. 20%) und daß der Anteil der Fremden an allen jugendlichen

Tatverdächtigen bei den Delikten gegen Leib und Leben 15% betrug.

 

Im übrigen bin ich nicht der Meinung, daß es darauf ankommt, zwischen Menschen

östereichischer, französischer, bosnischer, marokkanischer oder türkischer Herkunft zu

unterscheiden, sondern zunächst darauf zu erkennen, daß Jugendliche, gleich welcher

Herkunft, unter bestimmten sozialen Bedingungen besonders leicht strafbare HandIungen

setzen, und dann zu versuchen, diese Bedingungen möglichst zu ändern; daß Kindern von

Einwanderern besonders leicht in solche Bedingungen geraten, ist Allgemeingut.

 

Zu Frage 5 :

 

Die Beantwortung dieser Frage fällt in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministers für

Justiz.