1309/AB
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1359/J-NR/96 betreffend "Schulen der zweiten
Chance'', die die Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und GenossInnen am 3. Oktober 1996
an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:
1. In welcher Form unterstützt Ihr Ministerium die Umsetzung dieses EU-Vorhabens in
Österreich?
Antwort:
Dazu ist zunächst festzuhalten, daß sowohl die Schlußfolgerungen des Rates vom 6. Mai l996
zum Weißbuch ''Lehren und Lernen: Auf dem Weg zur kognitiven Gesellschaft'' (96/Cl95/0l) als
auch der gemeinsame Standpunkt des Bundesministeriums für Untericht und kulturelle Ange-
legenheiten und des Bundesministeriums für Wissenschaft, Verkehr und Kunst zu berücksichtigen
sind.
Der Rat stellt in seinen Schlußfolgerungen zur Bekämpfung der Ausgrenzung fest: ''Die wahre
Herausforderung, die sich den Bildungssystemen stellt, ist zweifelsohne die, Bedingungen zu
schaffen, die allen angemessene Bildungs- und Ausbildungschancen im Hinblick auf ein lebens-
begleitendes Lernen bieten.
Daher ist hauptsächlich eine bessere Qualität der Systeme der allgemeinen und beruflichen Erst-
ausbildung anzustreben, damit es nicht zu Situationen der Benachteiligung und des Mißerfolges
kommt. Um diesen zu begegnen, wird jeder Mitgliedstaat die von ihm für erforderlich erachteten
Maßnahmen ergreifen und einen umfassenden Erfahrungsaustausch fördern.
Nach Ansicht zahlreicher Mi.tgliedstaaten können die Probleme des schulischen Versagens nicht
durch eine einzige institutionelle Maßnahme gelöst werden. ....''
Angesichts der in Östereich geringen Probleme der Eingliederung Jugendlicher in den Arbeits-
markt und der zu anderen Mi.tgliedstaaten völlig unterschiedlichen Situation der sozialen Aus-
grenzung z.B. in städtischen und vorstädtischen '' Slums'' (die in Östereich praktisch nicht existent
ist) wurde dem Vorsitzenden der Ratsarbeitsgruppe "Bildung'' folgender offizieller Standpunkt
übermittelt: ''Der Analyse (Bekämpfung der Ausgrenzung) ist weitgehend zuzustimmen, die vor-
geschlagenen Aktionslinien entsprechen aber in vielen Bereichen nicht den spezifischen Erforder-
nissen und den Lösungsansätzen der unterschiedlichen Mitgliedstaaten. Die vorgeschlagenen
Schulen der 2. Chance entsprechen nicht dem von östereichischer Seite gewählten Lösungsansatz
- es existiert bereits ein breites Netz an Möglichkeiten im Bereich des 2. Bildungsweges - zur
Bekämpfung der Ausgrenzung. Die Schulen der 2. Chance bergen die Gefahr einer weiteren
Stigmatisierung und Ghettobildung in sich. Der Begriff Schule ist zu eng. Neben dem primären
Ziel der schulischen Integration sind parallele Maßnahmen insbesondere im Sozialbereich nötig.
Unabhängig von den inhaltlichen Bedenken muß auch auf die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten
für diesen Bereich verwiesen werden."
2. Sind Ihnen Schulen und Gebietskörperschaften bekannt, die an diesem Projekt
mitwirken?
Antwort:
Die Vertreter meines Ressorts in den verschiedenen europäischen Ausschüssen fördern den
Erfahrungsaustausch, wie das auch in den Schlußfolgerungen des Rates vorgesehen ist.
3. Wie werden die Schulen darüber informiert, daß es dieses experimentelle EU-Projekt
gibt und unter welchen Bedingungen sie sich beteiligen können?
Antwort:
Die Information betreffend das Weißbuch erfolgt über die Landesschulräte.
4. Sind für die Beteiligung an diesem Projekt finanzielle Mittel erforderlich? Wenn ja, in
welcher Höhe und wie erfolgt die notwendige Bedeckung?
Antwort:
Da Östereich bereits beträchtliche Finanzmittel zur Erhaltung der Schulen für Berufstätige
investiert und die Erichtung von Schulen der 2. Chance im Sinne des oben beschriebenen Stand-
punktes nicht geplant ist, sind keine weiteren Mittel erforderlich.