134/AB
ANFRAGEBEANTWORTUNG
Ihre Fragen darf ich wie folgt beantworten:
Zu den Fragen 1,4,5,12 und 13:
Auf welcher gesetzlichen Grundlage beruht die zwischen dem Bundesminister für Finanzen und dem Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr getroffene Vereinbarung
über einen mehrjährigen Investitionsrahmen im Bereich der Schieneninfrastruktur?
Welche Rechtsstruktur besitzt für die die gegenständliche Verienbarung?
Werden durch diese Vereinbarung Rechtsansprüche Dritter begründet?
Wenn ja, welche und für wen?
Warum wurde die gegenständliche Vereinbarung zwischen dem Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr und dem Bundesminister für Finanzen unterzeichnet?
Warum wurde diese Vereinbarung nicht dem Oparlament zur Kenntnis gebracht?
Am 11. Dezember 1995 haben der damalige Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr sowie der damalige Bundesminister für Finanzen eine Vereinbarung abgeschlossen,
wonach dem Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr für Investitionen in die
Schieneninfrastruktur der österreichischen Bundesbahnen, der Hochleistungsstrecken AG, der Brennereisenbahngesellschaft und der Privatbahnen in den Jahren 1996 bis 2000 ein jährlicher
Rahmen von 12 Mrd öS zur Verfügung stehen soll. Damit wurde §2(6) Bundesbahngesetz 1992 entsprochen.
Der mehrjährige Rahmen wurde erst nach Vorliegen eines Errfahrungszeitraumes mit dem
BBG92 festgelegt.
Wie die gesamte staatliche Verwaltung dürfen auch die Mitglieder der Bundesregierung Vollzugsakte nur gesetzeskonform setzen. Da dieser Vereinbarung keine grundsätzliche unmittelbare Gesetzeskraft zukommt, ist sie immer im Kontext mit den einschlägigen Haushaltsvorschriften des Bundes zu sehen, die nur aufgrund und im Rahmen bestehender Gesetze vollzogen werden kann. Die für die Umsetzung dieser Absichtserklärung erforderlichen gesetzlichen Grundlagen existieren teilweise bzw. werden derzeit vorbereitet, wobei insbesonders auf das Schieneninfrastruktur-Finanzierungsgesetz (SCHIG) zu verweisen ist, dessen Entwurf der Ministerrat bereits zugestimmt hat.
Es besteht aber kein Zweifel, daß aufgrund gesetzlicher Vorgaben abgeschlossene Vereinbarungen, wie die getroffene, keineswegs die gesetzlichen Grundlagen, selbst ersetzen können. Das stand aber auch nie zur Diskussion.
Zu den Fragen 2 und 3;
In welchen Ansätzen des Bundesfinanzgesetzes finden die gegenständliche Verienbarung bzw. die darin festgelegten Investitionsmittel ihre Grundlage.
In welchem Passus des von der Bundesregierung gemäß § 12 Bundeshaushaltsgesetz zu erstellenden Budgetprogrammes ist die gegenständliche Vereinbarung mit den darin vorgesehenen Beträgen enthalten?
Es besteht kein Zweifel, daß Vereinbarungen, wie die gtroffene, keineswegs die gesetzliche Grundlage in Form eines Bundesfinanzgesetzes ( oder des künftigen Schieneninfrastruktur-Finanzierungsgesetz) ersetzen können. Dies war auch in keiner Weise beabsichtigt.
Auch eine Berücksichtigung im Budgetprogramm der Bundesregierung ( § 12 Bundeshaushaltsgestz ) ist daher nicht erforderlich, weshalb auch keine Verletzung dieser Gesetzesbestimmung vorliegt.
Zu den Fragen 6 und 7;
Werden für die aufzunehmenden Kredite Bundeshaftungen gewährt?
Aufgrund welcher gesetzlichen Bestimmungen gem § 66 Bundeshaushaltsgesetz beruhen die Haftungen des Bundes für die Kredite?
Zur Frage der Mittelaufbringung ist festzuhalten, daß viele Möglichkeiten offen stehen, wobei Mittelzuführungen aus dem Bundes-Budget genauso denkbar sind wie die bloße Gewährung von Bundeshaftungen für die durch die begünstigte Gesellschaft aufzunehmenden Kredite oder Modelle des Private-Public-Partnership. Haupteinnahmequelle wird jedoch das Benutzungsentgelt der Eisenbahnen ( nicht nur die ÖBB ) sein. In Zukunft ist jedoch auch mit verstärkten Einnahmen aus der Vermarktung von Zugtrassen zu rechnen, da auch im Bereich des Verkehrsträgers Schiene der Wettbewerb zunehmen wird. Da solche Haftungsübernahmen jedoch noch nicht ausgesprochen wurden, kann auch keine Verletzung des § 66 Bundeshaushaltsgesetz vorliegen, der die Übernahme solcher Haftungen regelt.
Zu Frage 8
Wie erklären sie die Differenz zwischen den Bestimmungen im ÖBB-Gesetz, wonach der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen im Rahmen der Grundsätze des Bundeshaushalts einen mehrjährigen Rahmen für die Mittel für die Eisenbahninfrastruktur festzulegen hat, mit den Bestimmungen dieser Vereinbarung über den Ausbau der Schieneninfrastruktur mit den Eisenbahnunternehmen abschließen kann?
Diese Vereinbarung widerspricht keineswegs den Bestimmungen des ÖBB-Gestzes, das die Festlegung eines Mehrjährigen Rahmens für Mittel der Eisenbahninfrastruktur im Einvernehmen zwischen den Bundesminister für Finanzen und dem Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr zwingend vorsieht. Die zusätzliche Möglichkeit zum Abschluß von Vereinbarungen mit den Schienen-Verkehrsunternehmen über den Ausbau der Schieneninfrastruktur ergänzt inhaltlich die vorangegangene Vereinbarung und kann diese keinesfalls ersetzen, zumal auch HL-Gestz und BEG-Gesetz die Kostentragungspflicht des Bundes normieren und die Schieneninfrastruktur nicht nur aus den ÖBB besteht.
Zu den Fragen 9,10 und 11
Warum wurden in den Jahren 1994 und 1995 die gesamten Aufwendungen der ÖBB für den Bereich Infrastruktur nicht aus den Budgetansätzen des Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr abgedeckt?
Wie hoch war in diesen Jahren jeweils der Betrag, den die ÖBB durch eigene Kreditaufnahmen abdecken mußte?
Steht diese Vorgangsweise nicht im Widerspruch zu § 2 Bundesbahngesetz, der festgelegt, daß der Bund die Kosten für die Bereitstellung und den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur zu tragen hat?
In den Jahren 1994 und 1995 wurden die Aufwendungen der ÖBB für den Bereich der Infrastruktur soweit aus dem dafür zur Verfügung stehenden Ansatz des Budgetkapitels 65 abgedeckt, insoferne nicht andere ( Fremd-) Finanzierungsformen für den Infrastrukturausbau vorgesehen waren. Die eigenen - völlig- selbständigen Kreditaufnahmen der ÖBB im Absatzbereich beziehen sich nicht nur auf den Infrastrukturbereich , weshalb auch keine Verletzung des §2 Bundesbahngesetz vorliegt. Die getrennte Rechnungslegung von Absatz und Infrastruktur wird überdies durch eine sogenannte Halbjahresbilanz von unabhängigen Wirtschaftsprüfern überprüft. Von den ÖBB wurden 1994 Fremdmittel in der Höhe von 8,3 Mrd S für die Eisenbahninfrastruktur aufgenommen.
Zu den Fragen 14,15 und 16
Für welche Vorhaben sollen die vereinbarten Investitionsmittel zur Verfügung stehen?
Sind von den abgedeckten Infrastrukturvorhaben auch Hochleistungsstrecken erfaßt?
Wenn ja, welche?
Wie viele Investitionsmittel sind jeweils für die ÖBB, die HL-AG, die Brennereisenbahn Gesellschaft und die Privatbahnen vorgesehen?
Mit dem Rahmen sollen die ersten 5 Jahre der in der Beilage zu den Erläuterungen zum Artikel 94 des Strukturanpassungsgesetzes 1996 genannten Vorhaben finanziert werden, insbesondere die im EU-Beitrittsvertrag genannten Hochleistungsstrecken und alle Strecken für die Vereinbarungen vorliegen ( inkl.Nahverkehrsstrecken).
Zu den Fragen 17,18 und 19
Auf welcher gesetzlichen Basis beruht die Kreditermächtigung an die Hochleistungsstreckengesellschaft?
Auf welcher gesetzlichen Basis beruht die Kreditermächtigung an die Brenner Eisenbahngesellschaft?
Auf welcher gesetzlichen Basis beruht die Kreditermächtigung für die Privatbahnen ?
Da noch keine Kreditermächtigung gegenüber den betreffenden Unternehmen ausgesprochen wurde, bedarf es derzeit keiner expliziten Inanspruchnahme der einschlägigen gesetzlichen Grundlagen.
Zu Frage 20
An Hand welcher objektiven Kriterien werden die zu finanzierenden Infrastrukturvorhaben ermittelt?
Vorrang haben eingegangene Verträge und Übereinkommen.
Zu Frage 21
Wird für jedes Infrastrukturvorhaben eine einzelne Verienbarung über den Ausbau der Schieneninfrastruktur mit den Eisenbahnunternehmen abgeschlossen?
Wenn ja, entsprechen diese Vereinbarungen über einzelvorhaben auch den diesbezüglichen gesetzlichen Vorgaben in§ 23 Bundeshaushaltsgesetz?
Die Ministerratsvorlage zum Strukturanpassungsgesetz sieht künftig auch bei den Österreichischen Bundesbahnen Übertragungsverordnungen mit Bauzeit - und Kostenplänen vor.
Zu Frage 22:
Auf welche entsprechenden EU-Regelungsmechanismen nimmt die Verienbarung Bezug, insbesondere welche Artikel von welchen EU Verordnungen bzw Richtlinien werden damit umgesetzt?
Die getroffene Vereinbarung nimmt expliziert auf keine bestimmten EU- Regelungsmechanismen Bezug, es wird lediglich darauf hingewiesen, daß - wenn der Verkehrsminister Vereinbarungen abschließt - auf EU- Regelungsmechanismen Rücksicht zu nehmen ist.
Zu Frage 23:
Wie wird sichergestellt, dass die Mittel tatsächlich für Infrastrukturvorhaben verwendet werden?
Die in Umsetzung dieser Verienbarung auf grund der gesetzlichen Grundlagen mit finanziellen Mitteln für den Infrastrukturausbau bedachten Unternehmen werden verpflichtet, bis zum 30. Juni des Folgejahres die tatsächlich erbrachten Leistungen des vorgehenden Jahres genauestens nachzuweisen und mit dem Bund abzurechnen, wobei dies überprüft wird.
Zu den Fragen 24,25,und 26:
Welche Anlagen fallen unter den vom Bund zu finanzierenden Infrastrukturbereich der ÖBB gemäß § 2 Abs.1 Bundesbahngesetz?
Sind insbesondere Bahnhofsumbauten und - neubauten vom Infrastrukturbereich der ÖBB und dem Absatzbereich?
Wie wird in diesem Fall die Trennung zwischen Infrastruktur und Absatzbereich durchgeführt, insbesondere welche von den oben angeführten Bahnhofsumbauten bzw.- neubauten werden tatsächlich vom Infrastrukturbereich finanziert?
Die Abgrenzung zwischen dem Bund zu finanzierenden Infrastrukturbereich der ÖBB und dem Absatzbereich der ÖBB steht dem Bundesbahngesetz 1992; dies betrifft auch die Abgrenzung im Bereich der Bahnhöfe, wobei diese - wie auch andere feste Anlagen - teilweise dem Infrastruktur- und teilweise dem Absatzbereich zuzuordnen sind. Lediglich die dem Infrastrukturbereich zuzuordnenden Anlagen können daher auch in den Genuß der vereinbarten Förderung von Infrastrukturinvestitionen fallen. Jährlich wird - wie bereits erwähnt - die Abgrenzung zwischen Absatz und Infrastruktur einer genauen Überprüfung 8 Halbjahresbilanz) durch unabhängige Wirtschaftsprüfer unterzogen.
Zu Frage 27:
Wie entsprechen die in der Vereinbarung festgelegten Kontrollrechte und Berichtspflichten dem ÖBB-Gesetz, insbesondere den Paragraphen 12, 13 und 14?
Die im Bundesbahngesetz 1992 festgelegten Kontrollrechte des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr bleiben von der getroffenen Vereinbarung völlig unberührt.
Vielmehr wird in dieser Vereinbarung zusätzlich auf diese Kontrollrechte hingewiesen und diese damit bekräftigt. Den zitierten Paragraphen 12,13 und 14 wird voll entsprochen.
Zu Frage 28:
Wie werden sie sicherstellen, daß finanzielle Mittel des Infrastrukturbereiches nicht zur Defizitabdeckung von Absatzbereichen herangezogen werden?
Eine Heranziehung der Mittel zur Defizitabdeckung des Absatzbereiches wird im Rahmen dieser Vereinbarung ausdrücklich ausgeschlossen. Dies wird auch überprüft.
Zu Frage 29:
Ist trotz dieser Vereinbarung sichergestellt, dass der Semmering-Basistunnel, sofer er überhaupt gebaut wird, entsprechend Ihren Aussagen ohne Bundeshaftung realisiert wird?
Über die Art der Finanzierung des Semmeringtunnels ist noch keine Entscheidung getroffen, da die Ergebnisse der ersten Runde der Interessentensuche soeben erst ausgewertet werden und Phase 2 beginnt.
Zu den Fragen 30 und 31:
Gem. § 2(2) ÖBB Gesetz hat die Bereitstellung und der Ausbau der Eisenbahninfrastruktur nach dem vom Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vorzugebenden verkehrspolitischen Grundsätzen (Verkehrswegeplan) zu erfolgen. Ein derartiger Verkehrswegeplan liegt bis heute nicht vor. Da somit eine wesentliche gesetzliche Voraussetzung für den Schienenausbau nicht gegeben ist, erscheint eine derartige Vereinbarung - selbst wenn sie ordnungsgemäß zustande gekommen wäre - nicht sinnvoll.
Wie stehen sie zu dieser Problematik?
Ist diese Vorgangsweise der Infrastrukturerrichtung mit § 2 ( 2) ÖBB Gesetz und dem Nichtvorhandensein des Verkehrswegeplanes vereinbar?
Die im Bundesbahngesetz 1992 vorgesehene Mittelbereitstellung für die Infrastruktur nach verkehrspolitischen Grundsätzen bedeutet nicht, dass diese Grundsätze nur aus einem einzigen Bundesverkehrswegeplan erfließen können, obwohl das Vorliegen eines solchen Verkehrswegeplanes hilfreich wäre. Es kann jedoch nicht davon die Rede sein, daß durch dessen Fehlen eine wesentliche gesetzliche Voraussetzung für den Schienenausbau nicht gegeben ist. Ebensowenig widerspricht die getroffene Vereinbarung dem §2 (2) Bundesbahngesetz, der vorsieht, dass der Bund die Kosten für die Bereitstellung und den Ausbau jener Eisenbahninfrastruktur, die zur Erfüllung des Betriebszweckes gem §1 Abs.<3 notwendig ist.
trägt, soweit die Kosten nicht durch Dritte aufgebracht werden können, da das Bundesbahngesetz 1992 an keiner Stelle vorschreibt, wie die dafür erforderlichen Mittel aufzubringen sind.
Wien, am 28. März 1996
Der Bundesminister