1347/AB
Die Abgeordneten zum Nationalrat, Theresia HAIDLMAYR, Freundinnen und Freunde haben
am 31. Oktober 1996 unter der Zahl 1430/J-NR/1996 an mich eine schriftliche Anfrage
betreffend Einberufung von Doppelstaatsbürger, der bereits in Deutschland Zivildienst geleistet
hat, gerichtet, welche folgenden Wortlaut hat:
,,1) Auf welcher Rechtsgrundlage wurde Her M., der bereits in der Bundesrepublik Zivildienst
geleistet hat, in Österreich mit Einberufungsbefehl für den 2. Jänner (Zl.: 777.767/1-2.7/96
v. 16.09.1996) zur Militärdienstleistung in Österreich einberufen?
2) Stellt diese Einberufung nicht eine grundlegende Änderung der Anwendungspraxis und eine
Verletzung des Übereinkommens über die gegenseitige Anerkennung der Wehrpflicht dar?
3) Wann wurde die Auslegungspraxis bezüglich dieses Übereinkommens geändert und
Zivildienstleistung in einem anderen Staat nicht mehr als Erfüllung der Wehrpflicht
anerkannt?
4) Wann wurde das Übereinkommen mit der Bundesrepublik aufgekündigt?
5) Wird mit Staatsbürgern anderer Staaten in gleichgelagerten Fällen ebenso verfahren wie mit
deutsch-österreichischen Doppelstaatsbürgern?
6) Hat es bereits andere dem Fall M. vergleichbare Fälle gegeben?
7) Meinen Sie nicht, daß diese österreichischerseits offensichtlich einseitig erfolgte
Aufkündigung des Übereinkommens von gegenseitiger Anerkennung der
Wehrpflichtableistung unter Umständen diplomatische Schwierigkeiten zur Folge haben
wird?
8) Meinen Sie nicht, daß diese Auslegung des Übereinkommens von gegenseitiger
Anerkennung der Wehrpflichtableistung zuungunsten der Betroffenen, die damit einmal
Zivil- und einmal Wehrdienst leisten müssen, letztlich auch Östereicher, die eine deutsche
Staatsbürgerschaft annehmen, bald betreffen wird?
9) Erachten Sie im Sinne des Gleichheitssatzes den Fall M., der - geht es nach den
Militärbehörden Östereichs - nun seine Wehrpflicht doppelt abdienen soll, für
gerechtfertigt?
10) Her Majewski würde durch die Ableistung des Wehrdienstes in Österreich nicht nur doppelt
dienen müssen, sondern auch die deutsche Staatsbürgerschaft verlieren. Erachten Sie diese
Vorgangsweise der Ergänzungsabteilung des Militärkommandos Wien für angemessen?
11) Meinen Sie nicht, daß durch diese Vorgangsweise der Militärbehörden Österreichs, unter
Umständen jetzt auch (nach Amnesty und dem Europarat) die deutsche Bundesregierung auf
die abgeschaffte Gewissensfreiheit für Waffenverweigerer hierzulande aufmerksam werden
könnte, da Her M. im guten Glauben seine Wehrpflicht als Zivildienst bereits erfüllt zu
haben, genau nach Verstreichen der Monatsfrist zur Zivildienstantragstellung, den völlig
unüblichen und überaschenden Einberufungsbefehl zugestellt bekommen hat und nun nicht
einmaI mehr die Chance hat, einen Zivildienstantrag zu stellen?"
Ich beehre mich, diese Anfrage wie folgt zu beantworten:
Zu Puukt 1, Puukt 6. Punkt 9 uud Puukt 11:
Die Beantwortung dieser Fragen fällt nicht in meine Zuständigkeit.
Zu Punkt 2:
Das ,,Übereinkommen über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über
die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit" vom 6. Mai 1963 (BGBl.
471/1975) bezieht sich ausschließlich auf die MiIitärdienstpflicht und ist daher auf den Fall von
Thomas Gerhard MAJEWSKI, dem Gegenstand dieser Anfrage, nicht anzuwenden. Ein
Änderungsprotokoll zum ,,Übereinkommen über die Verminderung der FäIle mehrfacher
Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in FälIen mehrfacher Staatsangehörigkeit"
vom 24. November 1977, demzufolge die Erfüllung der Militärdienstpflicht u.a. anerkannt wird,
wenn ein Doppelbürger in einem Land, dessen Staatsbürgerschaft er ebenfaIls besitzt, als Ersatz
einen Zivildienst geleistet hat, ist nicht anwendbar, da dieses weder von Östereich noch von der
Bundesrepublik Deutschland ratifiziert wurde.
Zu Punkt 3 und Puukt-8:
Die Auslegungspraxis des ,,Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher
Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit"
hat sich nicht geändert.
Zu Punkt 4 uud Punkt 7:
Sowohl Österreich als auch die Bundesrepublik Deutschland sind weiterhin Vertragsparteien des
,,Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über
die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit", sodaß dieses auch weiterhin
zwischen den beiden Ländern in Geltung steht.
Zu Puukt 5:
Sofern es sich um Staatsangehörige solcher Länder handelt, die ebenfaIls Vertragsparteien des
,,Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über
die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit" sind, erfolgt die gleiche
Behandlung wie bei deutsch-österreichischen Doppelstaatsbürgern.
Zu Punkt 10:
Im deutschen Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz gibt es keine Bestimmung, wonach ein
deutscher Staatsangehöriger seine Staatsangehörigkeit durch den Eintritt in den Militärdienst
eines fremden Staates verliert.