1355/AB XX.GP

 

An den

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Parlament

1017 Wien

Auf die aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigeschlossene - schriftliche

parlamentarische Anfrage Nr. 1366/J der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen

vom 17. Oktober 1996, betreffend Österreichs Beitritt zur europäischen Währungsunion und

die damit verbundenen Folgen für die Österreichische Nationalbank, beehre ich mich

folgendes mitzuteilen:

Zu1.:

Die Methode der Berechnung, aufgrund welcher monetäre Einkünfte bei der Europäischen

Zentralbank zu sammeln und an die beteiligten Notenbanken rückzuverteilen sind, wird

grundsätzlich durch Art. 32 des Protokolls über die Satzung des Europäischen Systems der

Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (EZB/ESZB-Statut) festgelegt und stellt

somit primäres Gemeinschaftsrecht dar.

Nach Auskunft der Österreichischen Nationalbank sind derzeit Arbeitsgruppen aus

Vertretern der einzelnen Zentralbanken mit der Evaluierung allfälliger Ertragsverschiebungen

sowie der Festlegung von Übergangsregeln befaßt. Die in dem zitierten Artikel des

Wirtschaftsblattes vom 5. Oktober 1996 angeführten Beträge der WestLB-Studie sind nicht

nachvollziehbar.

Die Größenordnung der einzubringenden Beträge und die sich aus der Rückverteilung erge-

benden Verschiebungen in der Ertragssituation der einzelnen Zentralbanken wird unter

anderem von Anzahl und Zusammensetzung der. teilnehmenden Länder wesentlich beein-

flußt aber auch durch eine Reihe ökonomischer Faktoren, wie das Verhältnis von Bargeld-

umlauf zu Wirtschaftsleistung. Da die tatsächlichen Teilnehmer erst 1998 bekannt sein

 

werden, kann heute auch aus diesem Grund keinerlei Aussage über die finanziellen Auswir-

kungen gemacht werden.

Zu 2.:

Diese Frage fällt in den autonomen Wirkungsbereich der Oesterreichischen Nationalbank

und betrifft somit keine in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Finanzen fallenden

Angelegenheiten der Vollziehung.

Zu 3.:

lm Zuge der Einführung des Euro werden die jeweiligen Landeswährungen der Teilnehmer-

staaten zur Binnenwährung, so daß die Forderungen gegenüber Schuldnern in Euro

ausgewiesen werden. Über eine allfällige Umwandlung dieser Forderungen in Devisen wird

seitens des EZB-Rates zu entscheiden sein.

Zu 4.:

Die Feststellung des tatsächlichen Bedarfes an Devisen und Valuten ab dem Zeitpunkt der

Einführung des Euro fällt ebenfalls in die alleinige Zuständigkeit der Österreichischen

Nationalbank bzw. der EZB. Ich ersuche daher um Verständnis, daß ich dazu im Hinblick auf

§ 90 des Geschäftsordnungsgesetzes 1975 nicht Stellung nehme.

Die Österreichische Nationalbank ist gemäß Art. 28 des EZB/ESZB-Statuts verpflichtet, an

der Europäischen Zentralbank Kapital zu zeichnen. Unter der Annahme von 15 Teilnehmern

an der 3. Stufe der WWU liegt dieser Anteil bei 2,3%von 5 Milliarden Euro. Er wurde nach

dem Beitritt der drei neuen EU-Mitglieder zum 1. Jänner 1995 errechnet und bezieht sich zur

Hälfte auf die Bevölkerungsanzahl und zur anderen Hälfte auf das Bruttoinlandsprodukt

eines Landes im Verhältnis zur gesamten EU. Nach jeweils fünf Jahren ist gemäß

Art. 29 ESZB-Satzung eine Anpassung dieser zugeteilten Gewichtsanteile vorgesehen.

Weiters sind alle nationalen Zentralbanken der Teilnehmerstaaten gemäß Art. 30 ESZB-

Satzung gemeinsam verpflichtet, die EZB mit Währungsreserven, die nicht aus Euro oder

Währungen der Mitgliedstaaten bzw. lWF-Reservepositionen und SZR bestehen dürfen, bis

zu einem Gegenwert von insgesamt 50 Milliarden Euro auszustatten. Der österreichische

Anteil bemißt sich nach dem Kapitalanteil.

Der EZB-Rat entscheidet über Höhe und Zeitpunkt(e) der einzufordernden Beträge. Im

Gegenzug für die einzubringenden Beträge erhält die Österreichische Nationalbank eine

Forderung gegen die EZB in gleicher Höhe in Euro. Daher handelt es sich ökonomisch um

 

die Übernahme einer Beteiligung, also um einen Aktiventausch, ähnlich wie bei der Beteili-

gung am lnternationalen Währungsfonds, an welchem die Österreichische Nationalbank

seit 1966 Anteile hält.

Wie bereits zu Punkt 3 ausgeführt, werden im Zuge der Einführung des Euro die jeweiligen

Landeswährungen der Teilnehmerstaaten zur Binnenwährung. Das bedeutet, daß mit Beginn

der 3. Stufe automatisch die Deviseneigenschaft, wie sie zuvor zwischen den Teilnehmer-

ländern bestanden hat, verloren geht. Damit stellt sich auch nicht die Frage nach allfälligen

Plänen der Bundesregierung.

Für derartige Maßnahmen seitens der Bundesregierung bestünde keine rechtliche Basis.

Zu 8. :

Die künftigen Aufgaben der Österreichischen Nationalbank ergeben sich insbesondere aus

dem Art. 105 §EG-Vertrag sowie aus dem Protokoll über die Satzung des Europäischen

Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank. Schon daraus geht - ohne

auf nähere Einzelheiten hinweisen zu müssen - hervor, daß die einzelnen nationalen

Zentralbanken ein integraler Bestandteil des ESZB und gemeinsam mit der Europäischen

Zentralbank für die Erreichung der Ziele und Erfüllung der Aufgaben dieses Systems

verantwortlich sein werden.

Zu 9 und 10 .:

Ich gehe davon aus, daß Österreich vom Beginn der 3. Stufe der WWU per 1. Jänner 1999

an zu den teilnehmenden Ländern zählen wird. Die Österreichische Nationalbank bereitet

sich daher bereits seit geraumer Zeit intensiv auf diese Aufgabe in all ihren Aspekten vor.

Die organisatorischen, strukturellen und personellen Maßnahmen innerhalb der Österreich-

schen Nationalbank fallen in deren autonome Zuständigkeit. lnsoweit gesetzliche Maß-

nahmen in diesem Bereich für erforderlich erachtet werden, wird sie die Bundesregierung

zum gegebenen Zeitpunkt dem Gesetzgeber vorschlagen.