1361/AB XX.GP
An den
Präsidenten des Nationalrates
Parlament
1017 Wien, am 13. Dezember 1996
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Grollitsch, Rosenstingl, DI
Hoffmann, Dr. Povysil und Kollegen haben am 29. November 1996 unter
der Nr. 1587/J-NR/1996 an mich eine schriftliche parlamentarische
Anfrage betr. "Einschränkungen im Flugrettungswesen" gerichtet, die
folgenden Wortlaut hat:
1 . ) wurde in der vom Bundesministerium für Inneres angeforderten,
von Frau Mag. Susanne GEYER durchgeführten Studie eine Effek-
tivitätsteigerung bzw. höhere Ökonimisierung im Flugrettungs-
wesen als mögliche Alternative zur Kürzung der Flugstunden ins
Auge gefaßt ?
2. ) Wurde erwogen, auch die Einsatzpläne zu durchforsten und auf der
Basis von Erfahrungswerten effektiver und ökonomischer zu ge-
stalten ?
3. ) Ist in der in Rede stehenden BMI-Studie berücksichtigt, daß ein
großer Teil der Gemeindekosten, etwa für die Hangarisierung, die
Instandhaltung, den administrativen Betrieb und die Flugeinsatz-
stellen, die mit 40 % der Flugrettung zugerechnet werden, auch
nach der eventuellen Einstellung des Flurettungswesens aufge-
wendet werden müßte?
4 . ) Ist es richtig, daß die Kosten für die Ausbildung der Piloten
und Techniker in die Kostenrechnung der Studie einbezogen
wurden, obwohl auch ausgebildetes Personal aufgenommen werden
könnte/sollte bzw. bestimmte Wartungsarbeiten von privaten
Unternehmen besser und billiger besorgt werden könnten?
5. ) Ist es richtig, daß trotz rückläufiger Flugleistung in der Flug-
rettung und vermehrter EDV-unterstüzung der Personalstand im
administrativen Bereich der Zentralstellen - nicht etwa bei
Piloten und Technikern ! - von 17 Beschäftigten im Jahre 1994
auf 27 Beschäftigte im Jahre 1997 aufgestockt wurde?
6. ) wie erklären Sie sich die Diskrepanz in der Berechnung der kal-
kulatorischen Risken bzw. in der Dokumentation der Anzahl
der Schadensfälle zwischen der offiziellen Kostenrechnung der
BMI-Studie und den Aufzeichnungen der Pilotenvereingigungen, die
sich wie folgt ergibt:
BMI-Studie: 11 Unfälle in 17 Jahren Flugrettungsbetrieb
Pilotenvereingung: 2 Unfälle in 10 Jahren Flugrettungsbetrieb.
7. ) Welche anderen sachkundigen Stellungnahmen außer der BMI-Studie
haben Sie für Ihre diesbezüglichen Entscheidungen herangezogen?
8. ) Wurden in der vom BMI-Studie auch die gesundheitlichen Folge-
schäden in die volkswirtschaftliche Beurteilung miteinbezogen?
9. ) Die öffentliche Hand ersparte sich z. B. allein durch einen
rechtzeitig versorgten Herzinfarkt-Patienten viermal soviel Geld
wie ein Jahr Pilotenstunden kosten. Ist sich das Ministerium
bei seiner Argumentation gegen die Auftrechterhal tung des Ret-
tungsflugwesens bewußt, daß die Nichtberücksichtigung volks-
wirtschaftlicher Nutzenrechnungen die vorgebliche Sparabsicht
konterkariert ?
10. ) Am 2. März 1996, knapp nach 17 Uhr, hatte sich ein zwölf-
jähriger Judenburger nach einem Snowboardunfall eine Gehirn-
blutungen zugezogen. Sein Leben konnte nur durch einen neuro-
chirurgischen Eingriff in Graz infolge eines spontanen Rettungs-
hubschraubereinsatzes unmittelbar nach der "bürgerlichen
Abenddämmerung" gerettet werden.
Sind dem Ministerium dieser und ähnliche Fälle bekannt, wo die
Kürzung der Flugeinsatzstunden nachweislich zum Tod oder zur
drastischen verschlimmerung eines Krankheitsbildes geführt
hätte ?
l0a. ) Wenn ja, wieviele und welche?
10b. ) wenn nein, finden solche Fälle in der "entwicklungsorientierten
Problembeschreibung" keine Berücksichtigung?
11 . ) In den Fremdenverkehrsregionen werden in der Regel die Schilifte
erst nach 16 Uhr gesperrt, und man weiß, daß gewöhnlich die
meisten und schlimmsten Unfälle auf der Piste bei der letzten
Abfahrt, häufig nach 16 Uhr passieren. Mit Beginn der Winter-
zeit dürften aber in den betroffenen Gebieten Rettungshub-
schrauberpiloten nur mehr von acht bis 16 Uhr fliegen.
wie rechtfertigt das Ministerium diesen sowohl volkswirtschaft-
lich als auch ethisch-moralischen schildbürgerstreich?
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1.:
Bei der von Ihnen genannten Studie handelt es sich um eine Kosten-
rechnung, die durch eine unabhängige gerichtlich beeidete Sachver-
ständige erstellt wurde . Zweck dieser Arbeit war die Schaffung von
Transparenz im Kostenbereich, insbesondere auch für unsere Partner in
der Flugrettung .
Zu Frage 2.:
Ja . Die Verkürzung der Bereitstellungszeiten ist nur eine .von mehr-
eren innerbetrieblichen Maßnahmen zur Kostenminimierung.
Zu Frage 3.:
Die Beurteilung dieser Frage hängt davon ab, wie der Flugbetrieb nach
einer eventuellen Einstellung der Flugrettung strukturiert wird.
Zu Frage 4.:
Ja . Die Piloten des BMI werden im Mischbetrieb ( Flugpolizei und
Flugrettung) eingesetzt und müssen daher Exekutivbeamte sein. In
Österreich besteht keine ausreichende Infrastruktur im privatwirtschaftlichen-
Bereich, um die Wartung von 19 Hubschraubern des BMI
sicherzustellen.
Zu Frage 5.:
Nein. Im genannten Zeitraum erfolgte in der Zentralstelle
(administrativer Bereich) eine Reduktion um eine Planstelle auf der-
zeit 21 .
Zu Frage 6.:
In der Kostenrechnung sind alle Unfälle im Flugbetrieb über einen
Zeitraum von 17 Jahren erfaßt. In den vergangen 10 Jahren ereigneten
sich 5 Unfälle, hievon 2 im Bereich der Flugrettung. unter Unfällen
werden hier Totalschäden (mit und ohne Personenschaden) verstanden.
Zu Frage 7
Die Verkürzung der Bereitstellungszeiten erfolgte in weitgehendem
schriftlichen Einvernehmen mit den für das Rettungswesen zuständigen
Ländern. Als Entscheidungsgrundlage wurden insbesondere auch Statis-
tiken herangezogen, die für den Zeitraum der Verkürzung ein starkes
Absinken der Einsatzhäufigkeit zeigen.
Zu Frage 8.:
Aufgrund des unter 1 . angeführten Zweckes dieser Kostenrechnung
nicht .
Zu Frage 9.:
Laut Information der für das Rettungswesen zuständigen Bundesländer
beträgt der Schlüssel hinsichtlich des Kosten-Nutzen-Verhältnisses
zwischen 1:2 bis 1:5,48 der aufgewendeten Mittel. Das BMI ist sich
dieser volkswirtschaftlichen Nutzenrechnung bewußt, muß aber mit den
vorhandenen Budgetmitteln das Auslangen finden.
Zu den Fragen 10, 10a, 10b, und 11.:
In den zwischen dem Bund und den Ländern abgeschlossenen Vereinba-
rungen nach Art. 15a B-VG wurde der Hubschrauber-Rettungsdienst als
Ergänzung zum bodengebundenen Rettungsdienst, insbesondere zur Versor-
gung schwer zugänglicher Gebiete eingerichtet (§ 3 Z. 1 der Art.
15a-Verträge) . Nicht zuletzt die Mißachtung dieses Vertragsinhaltes
hat zu einem überaus starken Anstieg der Kosten geführt. Verhand-
lungen mit den Ländern auf höhere Kostenbeteiligung sind aber bisher
am Widerstand der Länder gescheitert.
Die Länder haben aber einer Verkürzung der Bereitstellungszeiten zur
Kostenminimierung zugestimmt und es liegt in ihrem Verantwortungsbe-
reich, für diesen Zeitraum Vorsorge zu treffen. Erwähnt sei auch, daß
die Verträge nach Art. 15a B-VG die Bereitstellungszeiten nicht
regeln.