1370/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Petrovic, Wabl, Freunde und

Freundinnen haben am 28. Oktober 1996 unter der Nr. 1386/J an

mich beiliegende schriftliche parlamentarische Anfrage

betreffend Importe von gentechnisch verändertem Soja, sowie die

Informationspolitik des Gesundheitsministeriums hinsichtlich

EU-weiter Inverkehrbringungsanträge für gentechnisch veränderte

Nutzpflanzen und Lebensmittel gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu den Fragen 1 und 2:

Gemäß Artikel 16 der Freisetzungsrichtlinie 90/220/EWG kann ein

Mitgliedstaat den Einsatz und/oder Verkauf eines Produkts, das

nach dieser Richtlinie vorschriftsmäßig angemeldet wurde und

für das eine schriftliche Zustimmung erteilt worden ist, in

seinem Gebiet vorübergehend einschränken oder verbieten, sofern

 

er berechtigten Grund zur Annahme hat, daß dieses Produkt eine

Gefahr für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt

darstellt.

Voraussetzung für eine solche Maßnahme ist das Vorliegen von

wissenschaftlichen Argumenten, die bei der Beurteilung im

Rahmen des vorangegangenen Zulassungsverfahrens noch nicht

vorlagen und daher nicht beurteilt werden konnten oder für die

sich die Grundlage für ihre Bewertung geändert hat.

Wissenschaftlich fundierte Hinweise, daß die in Rede stehenden

gentechnisch veränderten Sojabohnen der Firma Monsanto oder

deren Folgeprodukte eine Gefahr für die Gesundheit von Menschen

oder für die Umwelt darstellen, lagen aber zum Zeitpunkt des

Eu-Zulassungsverfahrens nicht vor und sind auch derzeit nicht

zu erbringen.

Im Hinblick auf die gegebene Sachlage kann somit ein nationales

Verbot auf Grundlage der Freisetzungsrichtlinie derzeit nicht

begründet werden .

Da ich darüber hinaus nur die Sojabohne selbst, nicht aber deren

Verarbeitungsprodukte verbieten könnte, ginge ein solches

Importverbot - ohne die Verarbeitungsprodukte zu treffen -

völlig ins Leere.

Zu Frage 3:

Rechtliche Basis für mein Vorgehen ist das Lebensmittelgesetz

(LMG).

Dieses regelt u.a. auch das Inverkehrbringen von Lebensmitteln.

Unter Inverkehrbringen ist gemäß § 1 Abs 2 das Gewinnen,

Herstellen, Behandeln . . . . Feilhalten . . . Verkaufen, Jedes

sonstige Überlassen und das Verwenden für andere zu verstehen,

sofern es zu Erwerbszwecken oder für Zwecke der

Gemeinschaftsversorgung geschieht. Gentechnisch veränderte

Sojabohnen sind dann als unter das Lebensmittelgesetz fallende

Ware einzustufen, wenn sie dazu bestimmt sind, daraus

Lebensmittel herzustellen. Maßnahmen gegen das Inverkehrbringen

 

dieser Ware sind nur dann möglich, wenn sie nicht den

lebensmittelrechtlichen Voraussetzungen entspricht.

waren des Lebensmittelgesetzes sind dann nicht verkehrsfähig,

wenn sie verpönte Eigenschaften aufweisen ( zB.

gesundheitsschädlich, verdorben . . . sind) . Ein Verbot, Gen-Soja

in Österreich in Verkehr zu bringen, ist daher nach den

Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes nur dann möglich, wenn

diese Ware als zB. gesundheitsschädlich eingestuft wurde.

Zu den Fragen 4 und 5:

Ich bin nach wie vor der Meinung, daß der einzig gangbare Weg,

den Konsumenten, die keine Gentechnikware verwenden wollen, die

Möglichkeit zu einer bewußten Kaufentscheidung gegen

Gentechnikprodukte zu geben, in einer eindeutigen Kennzeichnung

dieser Waren liegt.

Diese Auffassung hat sich auch auf EU-Ebene durchgesetzt. Durch

die am 27. November 1996 im Vermittlungsausschuß erzielte

Einigung zur Novel-Food-Verordnung ist allen wichtigen

Postulaten Österreichs Rechnung getragen worden. Das

Inkrafttreten der Novel-Food-Verordnung ist voraussichtlich im

April des Jahres 1997 zu erwarten.

Ich bin darüber hinaus der Auffassung, daß auch für den Bereich

Futtermittel, Saatgut, Pflanzenschutzmittel und für sonstige

gewerblich in Verkehr gebrachte Gentechnikerzeugnisse eine

klare Kennzeichnung notwendig ist. Daher habe ich am

5. November 1996 auch die Verordnung über die Kennzeichnung von

Erzeugnissen, die aus gentechnisch veränderten Organismen

bestehen, solche enthalten oder aus solchen hergestellt werden

( Gentechnik-Kennzeichnungs-Verordnung ), unterschrieben, die

diesen Bereich abdeckt. Das Einvernehmen des Bundesministers

für wirtschaftliche Angelegenheiten und des Bundesministers für

Umwelt, Jugend und Familie bezüglich dieser Verordnung wurde

bis heute verweigert.

 

Die Verordnung tritt nach Einvernehmensherstellung und

Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft; es ist keine

Übergangsfrist vorgesehen.

Zu den Fragen 6 und 7:

1995 und 1996 wurden 10 Produkte gem. Teil C der RL 90/220/EWG

für das EU-weite Inverkehrbringen beantragt und von den

österreichischen Behörden begutachtet:

1 . Insektenresistenter Mais/Ciba-Geigy

2./3. Herbizidresistenter Raps/Plant Genetic System; 2

verschiedene Dossiers, davon eines für Lebensmittelzwecke

4. Herbizid- und kanamycinresistenter Raps/AgrEVo

5 . Herbizidresistenter Mais/AgrEVo

6. Insektenresistenter Mais/Monsanto

7. Testkit für Antibiotikarückstände in der Milch/Valio Oy

8. Insektengeschützter Mais (line MON 809) Pioneer

9. Männlich sterile Chicorée/BeJo Zaden BV, für Futter- und

Lebensmittelzwecke

10. Glyphosinat-toleranter Raps/AgrEVo

Eine Entscheidung über die Zulassung dieser Produkte ist noch

nicht ergangen .

1996 hat die Kommission drei Produkte zugelassen:

1 . Herbizidresistenter Raps/Plant Genetic Systems

2. Glyphosattolerante Sojabohnen/Monsanto; für

Weiterverarbeitungszwecke zur Verwendung als Lebens- und

Futtermittel

3. Männlich-sterile herbizidtolerante Chicorée/Bejo-Zaden BV

Zu den Fragen 8 bis 10:

Ich habe meine Auffassung hierzu - wie in der Präambel der

Anfrage selbst zitiert - in meinen früheren

Anfragebeantwortungen dargelegt und sehe im übrigen zwischen

 

beiden Antworten keinerlei Widerspruch und auch keine Änderung

der Argumentationsweise, betrifft doch das erstgenannte Zitat

die Frage des Übermittlungsmodus der Kommission für

Inverkehrbringungsdossiers an die Mitgliedstaaten und die dabei

von ihr einzuhaltenden Regeln über die vertrauliche Behandlung

der unterlagen, die zweite Antwort dann zusätzlich die Frage,

ob die RL 90/220/EWG bzw. das österreichische Gentechnikgesetz

eine aktive Einbindung der Bevölkerung, zB. im Rahmen eines

Anhörungsverfahrens, vorsieht. Leider ist dieses zweite Zitat

unvollständig wiedergegeben. So fehlt auch meine damalige

Mitteilung, daß seitens meines Ressorts aufgrund konkreter

Anfragen selbstverständlich entsprechende Auskünfte erteilt

wurden .

Zu Frage 11:

Ich habe mit meiner seinerzeitigen Ankündigung in der Presse

vor allem eine intensive Diskussionsphase angeregt, in der über

die bei den bisherigen Freisetzungsanträgen aufgetretenen

offenen Fragen betreffend die Sicherheit für Mensch und Umwelt

ein Konsens gesucht werden sollte. Die dabei ins Gespräch

gebrachte Frist von zwei Jahren ist eine Interpretation der

Medien, stammt nicht von mir und entspricht auch nicht meinen

Absichten, denn diese Frist könnte dahingehend mißverstanden

werden, daß ich mit dem Ablauf von zwei Jahren dem Nachdenken

und Diskutieren ein Ende setzen möchte.

Zu den Fragen 12 und 13:

Als mutiges, die Vorreiterpolitik Österreichs in der EU

unterstreichendes Handeln, habe ich unser engagiertes Eintreten

für die Kennzeichnung gentechnisch veränderter Produkte

verstanden. In diesem Vorgehen und dem Vorlegen von

Verordnungen - wie vorher erwähnt - sehe ich ein Mittel, den

Mehrheitswillen der Bevölkerung ( 97 % der Österreicherinnen und

Österreicher sind für eine Kennzeichnung) umzusetzen.