1374/AB XX.GP

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr.

1459/J betreffend "der unvollständigen Umsetzung der Pauschal-

reiserichtlinie (90/314/EwG) durch die Reisebürosicherungsverord-

nung des Wirtschaftsministers" , welche die Abgeordneten Mag.

Johann Maier, Mag. Herbert Kaufmann, Rudolf Parnigoni und Ge-

nossen am 7. November 1996 an mich richteten und aus Gründen der

besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigelegt ist, stelle ich

fest:

Antwort zu Punkt 1. der Anfrage:

Die Arbeiten zur Erlassung einer Verordnung in Umsetzung des Art.

7 der EU-Pauschalreiserichtlinie wurden seitens des Bundesmini-

steriums für wirtschaftliche Angelegenheiten unverzüglich aufge-

nommen und zügig vorangetrieben. Da die umzusetzende Richtlinien-

bestimmung den Mitgliedstaaten jedoch keinerlei Anhaltspunkte an

 

die Hand gibt, ist es auf Grund der Neuartigkeit und Schwierig-

keit der Materie auch in den übrigen EU( EWR ) -Staaten zu praktisch

unvermeidbaren Verzögerungen gekommen. In diesem Zusammenhang ist

darauf hinzuweisen, daß am 1. Jänner 1994 erst drei der damals

zwölf EU-Staaten ( Dänemark, Großbritannien und Niederlande ) die

Richtlinie umgesetzt hatten, obwohl dieser Verpflichtung bis 31.

Dezember 1992 nachzukommen gewesen wäre. Auch Deutschland hatte

im Sommer 1994 noch keine entsprechende Regelung, sondern eine

solche erst für jene Reiseverträge getroffen, die ab 1 . Juli 1994

geschlossen wurden und deren Reiseantritt ab 1. Oktober 1994

erfolgte .

Die in Österreich zunächst favorisierte Variante eines richt-

linienkonformen Ausbaues des von der Reisebürowirtschaft auf

freiwilliger Basis eingerichteten Garantiefondsmodells mußte im

Zuge des Begutachtungsverfahrens zum ersten Entwurf einer Reise-

bürosicherungsverordnung wegen wettbewerbsrechtlicher, konsumen-

tenschutzrechtlicher und verfassungsrechtlicher Bedenken verwor-

fen werden. Für das dann letztlich gewählte Versicherungs- bzw.

Bankgarantiemodell mußte erst das zur Mitwirkung privater Dritter

(Versicherungsunternehmen und Kreditinstitute) an der Abwicklung

erforderliche Instrumentarium geschaffen werden. Eine frühere

Umsetzung des Art. 7 der Richtlinie war daher nicht möglich.

Antwort zu den Punkten 2 bis 4 der Anfrage:

Nach § 3 Abs . 3 Z 3 der Reisebürosicherungsverordnung ( RSV ) ist

im Versicherungsvertrag vorzusehen, daß § l58c Abs. 1 und 2 des

Versicherungsvertragsgesetzes sinngemäß anzuwenden ist, wobei

zuständige Stelle im Sinne des § l58a Abs. 2 der Bundesminister

für wirtschaftliche Angelegenheiten ist.

Gelangt eine Meldung eines Versicherungsunternehmens oder eines

Kreditinstitutes über das Nichtbestehen bzw. über die Beendigung

 

eines Versicherungs(Garantie)verhältnisses an das Bundesmini-

sterium für wirtschaftliche Angelegenheiten, wird unverzüglich

die zuständige Gewerbebehörde verständigt. Sofern der Veran-

stalter nicht nachweisen kann, daß eine anderweitige Risikoab-

deckung besteht, hat dieser seine Tätigkeit einzustellen, da eine

weitere Tätigkeit ohne Absicherung den Verlust der Zuverlässig-

keit zur Folge hat (§ 5 Abs. 2 RSV) und damit der Verlust der

Gewerbeberechtigung - durch Entziehung durch die Behörde - ver-

bunden ist. Bei Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen

steht den Gewerbebehörden auch die sofortige Schließung des ge-

samten Betriebes an Ort und Stelle zur Verfügung.

Die Kontrolle der Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften

fällt in den Zuständigkeitsbereich der Bezirksverwaltungsbehörden

und wird von diesen wahrgenommen, ohne daß es hiezu einer konkre-

ten Beauftragung durch den Bundesminister für wirtschaftliche

Angelegenheiten bedürfte .

Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:

Nein. Die Unterdeckung der Kundenforderungen hätte allerdings

auch keinesfalls durch eine der RSV entsprechende Garantiesumme

abgewendet werden können. Die Unterdeckung ist im wesentlichen

auf eine Verkettung völlig außergewöhnlicher - außerhalb der

gewöhnlichen Lebenserfahrung liegender - Umstände zurückzuführen.

Der Schaden beruht nämlich darauf, daß der größte Verleger von

Tageszeitungen in Österreich eine wettbewerbsrechtlich sitten-

widrige Gratisflugreiseaktion gestartet und sich dazu eines ei-

gens zu diesem Zweck gegründeten Reiseveranstalters bedient hat.

Durch entsprechende Bewerbung der Aktion seitens des Verlegers

hat sich eine explosionsartige Nachfrage entwickelt, der der

Veranstalter nicht gewachsen war und auch nicht annähernd gewach-

sen sein konnte.

 

Umstände, die außerhalb des Denkmöglichen liegen, können und

müssen vom Verordnungsgeber nicht in Betracht gezogen werden. Das

Vorschreiben von Versicherungssummen, die nicht annähernd vorher-

sehbaren Situationen entsprechen würden, würde zudem zu einem EU-

rechtlich bedenklichen Marktverdrängungsprozeß kleiner und mitt-

lerer Reiseveranstalter führen. Überdies ist zu bezweifeln, daß

sich in Kenntnis der gegenständlichen Flugreise-Gratisaktion

überhaupt ein Unternehmen der Versicherungs- oder Kreditwirt-

schaft bereitgefunden hätte, ein derartiges Risiko abzudecken.

Daß die RSV den - nach der Lebenserfahrung zu erwartenden - Er-

fordernissen durchaus gerecht wird, ist auch aus der hundertpro-

zentigen Befriedigung der Kundenforderungen im Fall Karthago

abzuleiten .

Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:

Ja. Siehe auch Antwort zu Frage 5.

Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:

Ja. Die Frage kann im gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht ab-

schließend beantwortet werden. Nach den vorliegenden Infor-

mationen ist jedoch anzunehmen, daß auch in diesem Fall eine

zumindest weitgehende Befriedigung der Kundenforderungen erfolgen

wird.

Antwort zu Punkt 8 der Anfrage:

Ja. Da die Überlegungen zu einer Novellierung des derzeitigen

Systems der Reisebüroinsolvenzabsicherung jedoch noch im Gange

sind, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu den Details einer Neu-

regelung noch keine Stellung bezogen werden.

 

Antwort zu Punkt 9 Anfrage:

Nein. Eine diesbezügliche Regelung oder Klarstellung ist der

EU-Pauschalreiserichtlinie nicht zu entnehmen, so daß keine inner-

staatliche Regelung dieses Inhalts zu treffen ist. Ein - über die

EU-Pauschalreiserichtlinie hinausgehender - Ersatz dieser Aufwen-

dungen würde zudem den verbraucherschutzrechtlichen Gedanken

zuwiderlaufen: Es wäre zu befürchten, daß in diesem Fall öster-

reichische Reisende bei Insolvenz des Veranstalters zum Freiwild

für ausländische Hoteliers würden, wenn diesen bekannt wird, daß

sie möglicherweise zweimal kassieren können und dem Reisenden

diese Aufwendungen durch eine Versicherung ersetzt werden.

Antwort zu den Punkten 10 bis 13 der Anfrage:

Im Einklang mit der EU-Pauschalreiserichtlinie legt die RSV in

ihrem § 3 Abs. 1 fest, daß von der vom Reiseveranstalter abzu-

schließenden Versicherung folgende Risiken erfaßt sind:

1. die bereits entrichteten Zahlungen, soweit die Reiseleistungen

gänzlich oder teilweise infolge Insolvenz des Reiseveranstal-

ters nicht erbracht wurden und

2. die notwendigen Aufwendungen für die Rückreise, die infolge

Insolvenz des Reiseveranstalters entstanden sind.

Bei den notwendigen Aufwendungen für die Rückreise im Sinne der

Z 2 kann es sich nur um solche Aufwendungen handeln, die in un-

mittelbarem Zusammenhang mit dem Rücktransport des Reisenden

stehen. (unrechtmäßige) Forderungen der Hoteliers an die Reisen-

den fallen daher nicht unter die versicherten Leistungen.

Siehe auch Antwort zu Frage 9.

 

Antwort zu den Punkten 14 bis 17 der Anfrage:

Nein. Änderungen der österreichischen Rechtslage haben sich an

den EU-rechtlichen Vorgaben zu orientieren. Die EU-Pauschalreise-

richtlinie sieht keine Absicherung dieser Ansprüche vor; insbe-

sondere wird dem Reisenden keinerlei Anspruch auf Fortsetzung

seines Aufenthaltes bei Insolvenz des Reiseveranstalters einge-

räumt.

Antwort zu den Punkten 18 und 19 der Anfrage:

Sollte sich im Zuge der laufenden Arbeiten das Erfordernis her-

auskristallisieren, zusätzlich zur individuellen Absicherung

durch den einzelnen Reiseveranstalter eine Schirmversicherung

vorzusehen, wird dieser Gedanke aufgegriffen werden. Die Frage,

wo diese Schirmversicherung einzurichten wäre, wäre zum gegebenen

Zeitpunkt zu klären.

Siehe auch Antwort zu Frage 8.

Antwort zu Punkt 20 der Anfrage:

Bevor Prognosen über die möglichen Auswirkungen einer Lizenzie-

rung anzustellen sind, bedarf es einer sorgfältigen Prüfung auf

die Vereinbarkeit einer Lizenzierung mit der verfassungsrecht-

lichen Erwerbsfreiheit, der Dienstleistungsfreiheit, dem EU-Kar-

tellrecht und mit den gegenwärtigen Deregulierungstendenzen.

Antwort zu Punkt 21. der Anfrage:

Im Zuge der Neuregelung des Sicherungssystems wird das Bundesmi-

nisterium für wirtschaftliche Angelegenheiten jedenfalls auch

bestrebt sein, allfällige Mißbräuche, die im Zusammenhang mit der

Ausgabe von Sicherungsscheinen auftreten können, hintanzuhalten.

 

Antwort zu Punkt 22 bis 24 der Anfrage:

Nein. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten

hat - sofern sein Zuständigkeitsbereich betroffen ist - der Ver-

pflichtung zur Umsetzung der bestehenden EU-Regelungen in das

innerstaatliche Recht nachzukommen. Das Initiativrecht für Richt-

linien(änderungs)vorschläge ist grundsätzlich der Kommission

vorbehalten .

Antwort zu Punkt 25 der Anfrage:

Diese Frage betrifft nicht den Vollzugsbereich des Bundesministe-

riums für wirtschaftliche Angelegenheiten, doch kann aus der

CELEX-Datenbank ersehen werden, daß zumindest Griechenland diese

Richtlinie noch nicht umgesetzt hat.

Antwort zu Punkt 26 der Anfrage:

Diese Frage betrifft nicht den Vollzugsbereich des Bundesministe-

riums für wirtschaftliche Angelegenheiten, doch kann aus dem 13.

Jahresbericht über die Kontrolle der Anwendung des Gemeinschafts-

rechts (1995) ersehen werden, daß die Kommission in 6 Fällen ein

Vertragsverletzungsverfahren gemäß Art. 169 EWG-Vertrag eingelei-

tet hatte.

 

 

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