1398/AB XX.GP
Anden
Herrn Präsidenten
des Nationalrates
Parlament
1017 Wien
Auf die - aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit in Kopie beigeschlossene - schriftliche
parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker. und Genossen vom
31. Oktober 1996, Nr. 1449/J, betreffend Ausgliederung des EDV-Bereiches des
Bundesrechenamtes, beehre ich mich folgendes mitzuteilen:
Zu 1.
Anfang der 7Oer Jahre wurde das Bundesrechenzentrum - aufgrund des EDV-Konzeptes der
Regierung - sukzessive zum Schwerpunktrechenzentrum des Bundes ausgebaut. 1992 be-
schloß der Ministerrat im Rahmen des lnformatikleitkonzeptes die ',betriebswirtschaftliche
Ausrichtung des lnformationstechnik-Einsatzes.
Für. die jetzige Ausgliederung waren die folgenden Überlegungen maßgebend:
Jene Arbeitsbereiche, die eine ausschließlich privatwirtschaftliche Funktion (Produktion
von IT-Dienstleistungen) haben, werden aus der staatlichen Hoheits-Verwaltung heraus-
gelöst und auf privatwirtschaftlicher Basis in einer bundeseigenen GmbH organisiert.
Die IT-Leistungen der Bundesrechenzentrum Gesellschaft m.b,H. (BRZ GmbH) für die
Verwaltung werden in einem Auftraggeber-Dienstleister.-Verhältnis abgewickelt, was der
verursachergerechten Kostenwahrheit und Transparenz dient.
Die BRZ GmbH soll in der Lage sein, lnfrastrukturimpulse für die Bundesverwaltung (und
darüber hinaus für die gesamte öffentliche Verwaltung) zu setzen, in Bereichen wie
Verwaltungsnetzwerk (Corporate Network), Telefonie, electronic goverriment.
Die erbringt Leistungen in acht Geschäftsfeldern.
-
Entwicklung, Wartung, Anwendersupport und Betrieb von ADV-Finanzverfahren
(z. B. Abgabeneinhebung);
-
Entwicklung, Wartung, Anwendersupport und Betrieb von ADV-Querschnittsaufgaben
wie Besoldung, Personalinformationssystem, Haushaltsverrechnung, Budgetapplika-
tionen;
-
Entwicklung, Wartung, Anwendersupport und Betrieb von ADV-Verfahren über Auftrag
anderer Ressorts (z.B. BMJ, BMwA, BMAS);
-
Betrieb der Rechenzentrums-lnfrastruktur inklusive Bereitstellung der. Netzwerkinfra-
struktur zum Betrieb von Applikationen im Auftrag Dritter;
-
Anbieten von Netzwerkdienstleistungen (Leitungskapazität, Netzwerkmanagement,
Basisdienste) flächendeckend im Bundesgebiet bis zu den Bezirkshauptstädten,Büroautomation/Arbeitsplatzausstattung
Design, Auswahl und Einführung von Gesamtarbeitsplatzlösungen inklusive lnfrastruk-
tur; -
-
Realisierung und Betrieb von Online-Diensten im Bereich der öffentlichen Verwaltung
(z.B. Rechtsdatenbank, Grundstücksdatenbank, Firmenbuch, Zentrales Gewerbe-
register, Finanz-Online);
- '
Vermarktung und Vertrieb, lmplementierung bestehender ADV-Verfahren
(Finanzverwaltung, Querschnittsaufgaben, Fremdressorts);
Die künftigen Aufgaben der des Bundesministeriums für Finanzen sind lnfor-
mationstechnologie - Strategieentwicklung der Finanzverwaltung, die Verfahrensorganisation
von Finanz- und Querschnittsapplikationen, die Beauftragung von Entwicklung und Betrieb
für Finanz- und Ouerschnittsapplikationen sowie die Unterstützung anderer Ressorts.
Die BRZ GmbH wird sich mit der Sicherstellung des Betriebes der derzeitigen
ADV-Verfahren, sowie Wartung, Betreuung und Weiterentwicklung, der Entwicklung von
neuen ADV-Verfahren im Bereich des Bundes, der Ausweitung und Schaffung neuer Ge-
Schäftsfelder. sowie der Vermarktung bestehender ADV-Verfahren im In- und Ausland be-
schäftigen.
Das Bundespensionsamt wird die Funktion einer Pensionsbehörde 1. Instanz für alle
Bundesbediensteten im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis haben. Weiters obliegt ihm die
Auszahlung der Pensionen für öffentlich rechtlich Bedienstete des Bundes und die Aus-
zahlung der Aktivbezüge für Bedienstete von Dienststellen des Bundes ohne eigene Buch-
haltung (Rechnungshof, Parlamentsdirektion etc.)
Durch privatwirtschaftliche Rahmenbedingungen entstehen wesentliche Effizienzsteige-
rungspotentiale in der Leistungserbringung der BRZ GmbH. So wird der Einsatz von
leistungsorientierten Anreiz (Entgelt-)systemen außerhalb des Bundesbesoldungsschemas
möglich. Weiters können die Geschäftsprozesse der Leistungserbringung unbürokratisch
nach Wertschöpfungskriterien neu organisiert werden. Auch durch die höhere Flexibilität der
Mitarbeiterverwendung nach den Notwendigkeiten der Geschäftsentwicklung der BRZ GmbH
(Ressourcen werden dort eingesetzt, wo sie am dringensten benötigt werden) können
Einsparungen erreicht werden.
Weitere Vorteile der Ausgliederung bestehen darin, daß bereits bestehende, in der Praxis
erprobte ADV-Verfahren der öffentlichen Verwaltung in anderen Bereichen der Bundesver.-
waltung eingesetzt werden (Vermeidung von Parallelentwicklungen / Mehrgleisigkeiten)
können. Darüber hinaus können Verwaltungslösungen auch am in- und ausländischen Markt
angeboten werden. Hinzu kommt, daß mit der Ausgliederung Strukturbereinigungen in der
Rechenzentrumsinfrastruktur des Bundes leichter umsetzbar werden. Noch zu erwähnen ist
in diesem Zusammenhang, daß durch eine gemeinsame Nutzung der Hard- und Software
der BRZ GmbH durch verschiedene Bundesdienststellen mittelfristig erhebliche Kostenvor-
teile im IT-Betrieb für den Bund erzielbar sind.
Durch die optimale Nutzung vorhandener Infrastrukturen (Rechenzentrum, Netzwerk, Post-
straße, Softwarelösungen) und von existierendem Know how werden Synergieeffekte erzielt.
Da gleichzeitig auch noch eine Neuorientierung der IT-Landschaft und eine strategische Aus-
richtung innerhalb des Bundes erfolgen soll, können nach Durchführung entsprechender
Kosten-Nutzen-Analysen in einzelnen Bereichen (z.B. ÖSTAT) Zusammenlegungen von
Rechenzentren sinnvoll sein.
Die BRZ GmbH wird auf 2 Arten auf dem Markt auftreten. Es sind dies die hoheitsrechtlich
übertragenen und die vertraglich vereinbarten Kundenbeziehungen.
Auf der Basis des 2 des BRZ-GmbH-Gesetzes kann per Gesetz oder. Verordnung eines
Bundesministers die BRZ GmbH beauftragt werden, eine bestimmte IT-Dienstleistung zu
erbringen, die Verrechnung der Leistung erfolgt dann nur nach dem Kostendeckungsprinzip.
ln diesem Fall besteht kein Wettbewerb. Für die GmbH besteht Betriebspflicht und
Umsatzsteuerbefreiung.
Bei den vertraglich vereinbarten Kundenbeziehungen steht die GmbH im Wettbewerb mit
den übrigen Marktteilnehmern.
Da die GmbH aber generell mehr als 2/3 der. eingesetzten Ressourcen vom Markt zukauft
und dabei selbst dem öffentlichen Vergaberecht unterliegt, kommt - direkt oder indirekt - der
Großteil des an die GmbH gerichteten Vergabevolumens auf den freien IT-Markt, und zwar
unter gesetzlich abgesicherten Wettbewerbsbedingungen.
Zu 8,. -
Die Personalaufteilung ist aus der nachfolgenden Aufstellung ersichtlich:
Tabelle nicht gescannt
Die Bestimmungen des 7 des BRZ GmbH-Gesetzes, der die Überleitung jener Beamten
und Vertragsbediensteten, die derzeit sowohl im Personalstand des Bundesministeriums für
Finanzen (lT-Sektion), als auch im Personalstand des Bundesrechenamtes im ADV und
Verwaltungsbereich tätig sind, regelt, sind vom Grundsatz beherrscht, daß die Änderung der
Rechtsform des Dienstgebers in keinem Fall zu einer Schlechterstellung der Bediensteten
führen darf. Diesbezügliche Bestimmungen finden sich im Absatz 4 (Wahrung der be-
stehenden Rechte), Absatz 7 (Beibehaltung bestehender Wohnungen), Absatz 8 (Haftung
des Bundes für. bezugsrechtliche Ansprüche), Absatz 10 (Übernahme von Anwartschaften
auf Abfertigungen und Jubiläumszuwendungen), Absatz 12 (Beibehaltung der. Dienstzeit-
regelung) und Absatz 13 (Anrechnung von bei der Gesellschaft verbrachten Dienstzeiten wie
Bundesdienstzeiten). ,
Die Möglichkeit einer späteren Dienstzuweisung gemäß 7 Absatz 2 ist unter der Prämisse
einer sinnvollen Personalbewirtschaftung zu verstehen und bedeutet keineswegs die Er-
öffnung eines Ermessensspielraumes für die Dienstbehörden, da der. Aufgabenbereich jedes
betroffenen Bediensteten im Hinblick auf das Überwiegen von sachbezogenen Tätigkeiten
genau zu prüfen sein wird.
Mit den Bestimmungen des 7 Absatz 8 des BRZ GmbH-Gesetzes wird dem Bund die Aus-
fallshaftung für die von der Gesellschaft zu übernehmenden Vertragsbediensteten und aus
dem Bundesdienst austretenden Beamten auferlegt. Die Beschränkung wird betragsmäßig
auf die im Zeitpunkt des Übertrittes erreichte besoldungsrechtliche Stellung zuzüglich der
Vorrückungen beschränkt.
Einschränkungen in der Anwendbarkeit des Arbeitnehmerlnnenschutzgesetzes gibt es nicht.
Zu 10:
Der weitaus überwiegende Teil der Aufgaben der BRZ GmbH in der nächsten Zeit wird die
Ausweitung bereits laufender Aktivitäten sein. Für den Einstieg in zusätzliche Geschäfts-
felder. ist vor allem der Vertriebsbereich neu aufzubauen. Darüber hinaus ist der. gesamte
Bereich des Rechnungswesens neu zu gestalten. Dafür werden voraussichtlich zwischen 3
bis 5 zusätzliche Bedienstete benötigt werden.
Zu 11. und 12,:
Sofort nach der Entscheidung, eine Ausgliederung in die BRZ GmbH vorzunehmen, erfolgte
eine persönliche lnformation aller Bediensteten. In der Folge wurden die zuständigen Organe
der Personalvertretung, und zwar der Dienststellenausschuß-BRA, der. Dienststellen-
ausschuß-BMF und der Zentralausschuß regelmäßig derart eingebunden, daß Ergebnisse
wesentlicher Phasen präsentiert und diskutiert werden konnten. Besonderes Augenmerk
wurde den Regelungen über die künftige dienst- und besoldungsrechtliche Stellung der Be-
diensteten zugewendet. Dies führte letztlich zu einer weitgehenden Übereinstimmung, sodaß
in einer Dienststellenversammlung der betroffenen Bediensteten mit deutlicher Mehrheit dem
Konzept samt seinen Rahmenbedingungen zugestimmt wurde.
Darüber hinaus wurde ein ',Ausgliederungsbüro,' als lnformationsstelle für alle Bediensteten
eingerichtet, welches für. Fragen, Beschwerden und Anregungen zur Verfügung steht.
Weiters wurde ein "Briefkasten', aufgestellt, über welchen auch unter Wahrung der Anonymi-
tät jede Art der Stellungnahme ermöglicht wurde.
Die Eigentümerfunktion wird von meinem Ressort wahrgenommen. Es besteht die Absicht, in
den Aufsichtsrat Vertreter der Beteiligungsverwaltung, der IT-Sektion und der Budgetsektion
zu entsenden.
Die Funktionen der Geschäftsführung sollen nach Inkrafttreten des Gesetzes öffentlich aus-
geschrieben werden. Da mit einem großen Interesse von Bewerbern aus der Privatwirtschaft
gerechnet werden kann, wird ein externer. Berater am Auswahlverfahren mitwirken.
Die Gründung der BRZ GmbH erfolgt in Form einer. "ex lege Sachgründung".
Das im § 1 des Gesetzes angeführte Stammkapital im Ausmaß von 30 Mio. Schilling wird
durch den Vermögensübergang vom Bundesrechenamt auf die Gesellschaft aufgebracht. Zu
diesen Vermögenswerten, die tatsächlich ein Vielfaches des Stammkapitals betragen, zählt
die gesamte technische Ausstattung des Bundesrechenamtes, die für die Abwicklung des
ADV-Betriebes benötigt wird.
Zu den Vermögenswerten zählen auch noch die Werknutzungsrechte und -bewilligungen,
insbesondere an den Computerprogrammen, die von Bediensteten des Bundesrechenamtes
im Auftrag des Bundesministeriums für Finanzen geschaffen worden sind.
Durch die Übernahme des Anlagevermögens hat die BRZ GmbH auch die bestehenden
Leasingverpflichtungen (für Hardware), die bisher eingegangen wurden, zu übernehmen,
deren Höhe für 1997 73,5 Mio. Schilling beträgt.
An Haftungen für Verbindlichkeiten der BRZ GmbH zählt lediglich die Verpflichtung des
Bundes für die bezugsrechtlichen Ansprüche der übernommenen Vertragsbediensteten wie
ein Ausfallsbürge (§ 1356 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches) zu haften. Die Höhe
der Haftung ist mit jenem Betrag begrenzt, der sich zum Stichtag 31. Dezember 1996 aus
der für die Bediensteten maßgeblich gewesenen besoldungsrechtlichen Stellung unter Be-
rücksichtigung ihrer Verwendung zu diesem Zeitpunkt ergibt, zuzüglich der nach diesem
Zeitpunkt zurückgelegten Dienstzeit, der vorgesehenen regelmäßigen Vorrückungen und
allgemeinen Gehaltserhöhungen.
Eine Übertragung der Liegenschaft ist nicht beabsichtigt. Derzeit laufen Verhandlungen mit
dem Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten über den Abschluß eines Be-
standvertrages zwischen diesem Ressort und der BRZ GmbH hinsichtlich der vom Unter-
nehmen gegen Entgelt genutzten Betrieb- und Büroräumlichkeiten.
Gemäß § 1 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die BRZ GmbH sind die Anteile der
Gesellschaft zu 100% dem Bund vorbehalten. Eine Veräußerung von Geschäftsanteilen des
Bundes ist nicht zulässig.
Das Bundesgesetz über die BRZ GmbH soll wie das Bundesgesetz über die Errichtung des
Bundespensionsamtes mit 1. Jänner 1997 in Kraft treten. Damit ist eine klare Trennung der
bisher vom Bundesrechenamt erbrachten ADV-Tätigkeiten und Agenden des Pensions-,
Besoldungs- und Buchhaltungswesens gegeben.
Der Gesellschaftsvertrag und die Vorbereitungen für die Eintragung der BRZ GmbH ins
Firmenbuch sind derzeit in Ausarbeitung. Die mit der Gesellschaftserrichtung verbundenen
organisatorischen Maßnahmen sind voll im Gange und werden zeitgerecht abgeschlossen.