1425/AB XX.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1406/J-NR/1996, betreffend Probleme bei der
Errichtung des Semmering-Basistunnels, die die Abgeordneten Schweitzer und Kollegen am
30.Oktober 1996 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
1.,2.,3.,4. In welchem Umfang bewegen sich die bislang entstandenen Mehrkosten beider
Errichtung des Sondierstollens genau?
Welche Forderungen seitens der Baufirma wurden bislang erhoben?
Wieviel wird demnach die Errichtung dieses Stollens nach aktuellen Stand ko
sten?
Wie und aus welchem Mitteln wird dieser Stollen genau finanziert, wer trägt die
nun entstehenden Mehrkosten?
Antwort:
Von der HL-AG wurden die Kosten für den Sondierstollen (Begleitstollen) bereits in der Kostenschät-
zung des Jahres 1992 erfaßt. Aufgrund des Ausschreibungsergebnisses im Jahre 1994 wurde der Son-
dierstollen mit einer Auftragssumme um mehr als 80 Mio S unter dem von der HL-AG in der Kosten-
schätzung angegebenen Wert vergeben.
Die auf Preisbasis 1/95 erstellte Kostenschätzung für den Sondierstollen (Begleitstollen) wurde auf-
grund der bisherigen Aufschlußergebnisse um 34 Mio S auf 570 Mio S angehoben. Die Folge-Kosten
des Wassereinbruches sowie für hinkünftige Abdichtungsmaßnahmen können erst nach Auspumpen
des Stollens realistisch eingeschätzt werden.
Die bisher insgesamt für das Projekt Neubauabschnitt Glogitz-Mürzzuschlag durchgeführten Bau-
arbeiten, Planungen, Grundeinlösungen, Bodenerkundungen, Vermessungen etc. sowie die noch
durchzuführenden diesbezüglichen Arbeiten für den Begleitstollen werden überwiegend aus Mitteln
der ASFINAG finanziert.
5. und 7. Ist es richtig, daß der jüngste große Wassereinbruch beim Bau des Sondier
stollens genau jene Edlachquelle betrifft, vor deren Beeinträchtigung die Tun
nelgegner stets gewarnt hatten?
lst lhnen bekannt, daß es noch eine Reihe weiterer, ebenfalls sehr starker und
zur Trinkwsssergewinnung genutzter bzw. geeigneter Quellen im Bereich des
geplanten Tunnels gibt, die im Falle des Weiterbaues gefährdet sind?
Antwort:
Im Auftrag der HL-AG wurden umfangreiche Untersuchungen zu den Bereichen Geologie und Hydro-
geologie im Projektsgebiet durchgeführt. Die Untersuchungsergebnisse waren auch Grundlage für die
Positiv abgeschlossenen Behördenverfahren.
Hiebei wurde größtes Augenmerk auf eine weitestgehende Minimierung der Auswirkungen auf die
Bergwasserverhältnisse gelegt. Die dazu erforderlichen Maßnahmen erfolgen während der Bauaus-
führung in laufender Abstimmung mit den behördlichen Sachverständigen und Bauaufsichten.
Die HL-AG wurde im eisenbahnrechtlichen Bescheid verpflichtet, konzentriert in den Tunnel ein-
tretenden Wasser gegebenenfalls einer späteren Trinkwassernutzung zugänglich zu machen.
Darüberhinaus wurden bzw. werden mit den berührten Gemeinden vorsorglich Maßnahmen zur Fas-
sung zusätzlicher Quellen oder Brunnen und zum Anschluß an das öffentliche Netz getroffen. Damit
wird die Bevölkerung keinerlei Gefährdung ihrer Trinkwassernutzung erfahren.
Die Edlachquelle ist eine Wasserreserve für die Stadt Mürzzuschlag. Von der HL-AG wurde - bereits
vor Baubeginn - eine andere Wasserreserve vorsorglich erschlossen.
Der Semmeringstunnel gefährdet somit keine Trinkwasserversorgung. Vielmehr kann der Sondier-
stollen bei Bedarf als ideale zusätzliche Trinkwasserfassung genützt werden.
6. Welche Zusatzkosten sind aufgrund dieser zusätzlichen Probleme nun zu erwar-
ten?
Antwort:
Für die durch den Wssserzutritt erforderlichen zusätzlichen Leistungen bei der Bauabwicklung werden
die dazu notwendigen technischen Konzepte zur Zeit erarbeitet und sodann von der bausausführenden
Firma Kostenangebote eingeholt.
8. Wie ist der aktuelle Stand der Finanzierung des Gesamtprojektes hinsichtlich
der Suche privater Investoren?
Antwort
Am 4. November 1996 fand ein Bietertag statt, bei dem mit Ausnahme von einem Unternehmen,
sämtliche im Vorverfahren für den Semmering-Basistunnel qualifzierten Bietergruppen teilgenommen
haben.
Die private Wirtschaft ist bereit, in ein PPP-Modell einzusteigen, an welchem seitens der Privatwirt-
schaft nach wie vor großes Interesse besteht.
9. Welcher Anteil der prognostizierten Gesamtkosten soll aus jeweils welcher Quel-
le finanziert werden?
Antwort:
Die Bekanntgabe des möglichen öffentlichen Anteils am PPP-Modell würde die Verhandlungsposition
des Bundes gegenüber den Bietern empfindlich schwächen, weshalb davon Abstand genommen wer-
den muß.
10. Wie hoch werden aufgrund dieser Kalkulationen die Benützungsentgelte für
den Tunnel sein?
Antwort:
Da die Finanzierungsangebote der Bieter noch nicht vorliegen können und daher auch die Anteile der
Prvatwirtschaft bzw. des Bundes im Rahmen des PPP-Modells noch nicht feststehen, ist auch die
Berechnung der Höhe des zu erwartenden Benützungsentgeltes derzeit nicht möglich.
11. Ist lhnen bekannt, daß der Generaldirektor der ÖBB kostendeckende Benüt-
zungsgebühren für den Semmeringtunnel bereits als nicht zu verdienen bezeich-
net hat und wie gedenken Sie unter solchen Umständen den Privatinvestoren die
für diese wohl unverzichtbare Rendite zu verschaffen?
Antwort:
Wie bereits aus der Antwort auf Frage 10 hervorgeht, kann dem Generaldirektor der ÖBB die Höhe
des zukünftigen Benützungsentgeltes für die Befahrung des Semmering-Basistunnels nicht bekannt
sein. Daß die ÖBB natürlich ein möglichst geringes Benutzungsentgelt verhandeln wollen, entspricht
ihrem kaufmännischen Auftrag und ist verständlich. Es ist in jedem Fall davon auszugehen, daß sei-
tens eines zukünftigen Konzessionärs ein erlösoptimales und kein überhöhtes Benützungsentgelt fest-
gelegt wird, welches auch zu einer entsprechenden Nachfrage führt. Die Sicherstellung einer entspre-
chenden Kapitalrendite für die Privatinvestoren kann nicht im Wege der Festlegung der Benützungs-
gebühren erfolgen, sondern wird
Bestandteil deren Kalkulation im Rahmen der Anbotlegung sein.
12., 13., 15. Welche konkreten Aktionen wurden seit der Erklärung der Südostspange zur
Hochleistungsstrecke im Nordabschnitt (Wien - Graz) bereits getätigt?
Wurden hier bereits Maßnahmen zur Trassensicherung zur Vermeidung von
Grundstückspekulationen getätigt, wenn nein, warum nicht?
Wie erklären Sie die Tatsache, daß die fragliche Strecke zwar einerseits so wich-
tig ist, daß sie von der Bundesregierung zur Hochleistungsstrecke erklärt wird,
andererseits diesem Rechtsakt aber so gut wie nichts folgte?
Antwort:
Die seitens der Länder Burgenland, Steiermark und Kärnten geforderte Erklärung der Süd-Ost-Spange
zur Hochleistungsstrecke im Sinne des § 1 Hochleistungsstreckengesetz 1989 ist auf Grundlage des
Ministerratsbeschlusses vom 25. Jänner 1994 durch Verordnung der Bundesregierung vom 4. Februar
1994 (BGBl.Nr.83/1994) erfolgt.
Ferner wurde die gesamte Süd-Ost-Spange Wien - Flughafen - Eisenstadt - Oberwart - Graz - Klagen-
furt - Tarvis in die "gemeinschaftliche Leitlinien für die transeuropäischen Netze" aufgenommen,
wodurch die Bedeutung dieser Hochleistungsverbindung für den langfristigen Ausbau des zentral-
europäischen Eisenbahnnetzes auch im Rahmen der EU festgehalten ist.
Als erster. Schritt zur Realisierung des wichtigsten Teilabschnittes dieser langfristigen Netzergänzung
wurde am 29. Mai 1995 zwischen dem Bund und den unmittelbar beteiligten Ländern Steiermark und
Kärnten vereinbart, daß die erforderlichen Planungsarbeiten für den Abschnitt Graz - Klagenfurt
("Koralmbahn" mit einem rd. 30 km langen "Koralmtunnel") unverzüglich begonnen werden. ln weite-
rer Folge wurden der HL-AG die Planungsarbeiten zur Vorbereitung einer Trassenverordnung samt
Umwelverträglichkeitsprüfung durch Verordnung im Sinne des § 8 Hochleistungsstreckengesetz 1989
übertragen (BGBl. Nr.597 vom 31.August 1995), welche nunmehr bereits intensiv durchgeführt
werden.
14. Teilen Sie die Ansicht der Anfragesteller, daß eine solche Bahnverbindung mit
der Erschließung der strukturschwachen Ostregion, der Anbindung des Flugha
fens Schwechat und als Parallelstrecke zur ständig verstopften Südautobahn
auch abgesehen von der Beschleunigung des Städteverkehrs Wien - Graz - Kla-
genfurt erhebliche Vorteile bringen könnte?
Antwort: .
In der Machbarkeitsstudie wurde aufgrund des erwarteten hohen Attraktivitätsniveaus dieser Neubsu-
strecke eine sehr starke Verlagerungswirkung
von der Straße auf die Schiene nachgewiesen.
Aspekte der regionalen Entwicklung und Erschließung, insbesondere im Reiseverkehr, sprechen ein-
deutig für die Realisierung einer Hochleistungsstrecke Wien - Graz als Ergänzung zur bestehenden
Südbahn und zum Semmeringbasistunnel, ebenso die langfristigen Prognosen für den Güterverkehr.
16. Wie sieht aus lhrer Sicht der weitere Zeitplan für die Südostspange aus?
Antwort:
Die HL-AG bereitet derzeit den Abschnitt Graz - Klagenfurt für die Durchführung der Umwelt.ver-
träglichkeitsprüfung auf. Ausgehend vom Ergebnis dieser Planungen erfolgen die weiteren Schritte.
Der Zeitablauf für die weitere Vorgehensweise ist auch von den künftigen Finanzierungsmöglichkeiten
abhängig, da die Errichtungskosten der Süd-Ost-Spange den derzeitigen Finanzierungsrahmen für
Schieneninfrastruktur bei weitem sprengt.
17. Welche Priorität genießt dieses Projekt in der vorläufigen Reihung bis
zur Vorlage des Bundesverkehrswegeplanes und wann werden diese Entschei-
dungsinstrumente endlich der Öffentlichkeit vorgestellt?
Antwort:
Mit der durch Verordnung der Bundesregierung erfolgten Erklärung zur Hochleistungsstrecke wurde
bereits zum Ausdruck gebracht, daß die Realisierung der gesamten Süd-Ost-Spange langfristig an-
zustreben ist. Mit der Übertragungsverordnung der Koralmbahn an die HL-AG wurde ein Priorisie-
rungsschritt gesetzt.
18. Sind Sie bereit, im Lichte der nun aufgetretenen finanziellen und technischen
Probleme die Bauarbeiten am Semmeringbssistunnel einstellen zu lassen um so
weiteren Schaden zu vermeiden?
Antwort:
Zu den aufgetretenen technischen Problemen wurde 1)bereits ausführlich Stellung genommen. Sie ge-
fährden nicht die Realisierbarkeit des Projektes. "Finanzielle Probleme" sind in keiner Weise "nun
aufgetreten", sondern ergeben sich in der Vorbereitungsphase eines Projektes von der Größenordnung
des Semmering-Basistunnels zwangsläufig. An der Findung einer budgetschonenden PPP-Finanzie-
nurgslösung wird intensiv gearbeitet und die Verhandlungen hierüber mit interessierten Privatinvesto-
ren sind weit gediehen. Es besteht daher keinerlei Veranlassung, "die Bauarbeiten am Semmerings-
basistunnel einsstellen zu lassen.
19. Sind Sie bereit, endlich für eine ernsthafte Planung und Prüfung der Alternati
ve einer neuen Südostspange in Angriff zu nehmen?
Antwort:
In der Machbarkeitsstudie hat das Expertenteam die grundsätzliche technische und wirtschafliche
Machbarkeit einer Hochleistungsstrecke unter bestmöglicher Berücksichtigung der Umweltauswirkun-
gen festgestellt. Auf Grundlage eines umfangreichen Kriterienkataloges wurde eine der zahlreichen
untersuchten Trassen als "Trassenband" (d.h. mit örtlichen Trassierungsspielräumen) vorgeschlagen,
für welche - insbesondere durch Minimierung der Umweltbeeinträchtigung - die insgesamt günstigsten
Wirkungen ermittelt wurden. Dieses Trassenband führt vorwiegend in Tunnel- und Brückenlage von
Oberwart direkt über Weiz nach Graz und schließt eine Güterumnfahrung von Graz über Gleisdorf ein.
ln der Machbarkeitsstudie wurde aufgrund des erwarteten hohen Attraktivitätsniveaus dieser Neubau-
strecke eine sehr starke Verlagerungswirkung von der Straße auf die Schiene nachgewiesen.