1428/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Stoisits, Freundinnen und Freunde haben am

28. Oktober 1996 unter der Nr. 1377/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage be-

treffend Umsetzung des Bundesgesetzes über den Nationalfonds der Republik Österreich für

Opfer des Nationalsozialismus gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:

" 1. Wie hoch ist die Zahl der Leistungsberechtigten im Sinne der Bundesgesetze Nr. 432 und

Nr. 433, die 1945, unmittelbar nach Kriegsende noch am Leben waren?

2. Wie hoch ist die Zahl der Leistungsberechtigten im Sinne der Bundesgesetze Nr. 432 und

Nr. 433, die derzeit noch am Leben sind?

3. Wie hoch schätzen Sie die Zahl der Leistungsberechtigten im Sinne der Bundesgesetze

Nr.432 und Nr.433, die derzeit monatlich verstirbt?

4. Welche Anstrengungen unternimmt die Bundesregierung, um möglichst alle Opfer des Nation-

nalsozialismus, auch jene, die im Ausland leben, über eine eventuelle Leistungsberechtigung

zu informieren und ihnen den Zugang tatsächlich so leicht, "rasch und unbürokratisch" wie

möglich zu gestalten?

5. Gibt es Bestrebungen von seiten der Bundesregierung, jene Personen zu suchen, die vermut-

lich leistungsberechtigt sind, sich jedoch bisher nicht gemeldet haben? In welcher Weise, dem

Bestreben der Republik Österreich entsprechend, die Mitverantwortung am Leid der Opfer an-

zuerkennen, geht demnach die Republik Österreich auf die betroffenen Personen zu, sucht

diese und recherchiert wo immer dies möglich scheint, um Betroffene ausfindig zu machen?

6. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, wo die mit der Umsetzung des Gesetzes befaßten

österreichischen Behörden, insbesonders österreichische Vertretungsbehörden im Ausland,

nicht zu ihrer vollen Zufriedenheit miteinander und mit den Betroffenen kooperiert haben?

Liegen Beschwerden dahingehend vor und wie lauten diese?

7. Was unternimmt die Bundesregierung, um Vorfälle mangelnder Kooperation zu verhindern

und welche Konsequenzen hat dies für die betroffenen Behördenvertreter oder in anderer

Weise für die Republik Österreich tätigen Personen? Wie lautet der Bericht?"

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Im Bewußtsein der moralischen Mitverantwortung Österreichs an den Verbrechen des National-

sozialismus war und ist es mir seit Übernahme der Amtsgeschäfte ein besonderes Anliegen, daß

das heutige Österreich sich der dunklen Seite seiner Geschichte stellt und von der Bundesregie-

rung konkrete Maßnahmen zur Unterstützung der Opfer des Nationalsozialismus eingeleitet

werden. Eine der wichtigsten Maßnahmen der letzten Jahre, die auch international auf große

Anerkennung und Würdigung gestoßen ist, ist sicherlich die Einrichtung des Nationalfonds für

Opfer des Nationalsozialismus.

Da allerdings weder die Vollziehung des Bundesgesetzes über den Nationalfonds der Republik

Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, BGBl. Nr. 432/1995, noch die Vollziehung des

Bundesgesetzes, mit dem das Opferfürsorgegesetz und das Bundesgesetz betreffend Abänderung

und Ergänzung des Kleinrentnergesetzes geändert werden, BGBl. Nr. 433/1995, in meinen Auf-

gabenbereich fallen, ersuche ich jedoch um Verständnis, daß ich von einer Beantwortung dieser

Anfrage absehe.

Das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalso-

zialismus sieht vor, daß beim Nationalrat ein Fonds zur Erbringung von Leistungen an Opfern des

Nationalsozialismus eingerichtet wird. Als Organe des Fonds werden das Kuratorium

(§ 4 leg.cit.), das Komitee (§ 5 leg.cit.) und der Generalsekretär (§ 6 leg.cit) vorgesehen. Gemäß

§ 3 Abs. 4 leg.cit. wird die Verwaltung des Fonds unter der Leitung des Präsidenten des National-

rats bei der Parlamentsdirektion geführt. Dem Kuratorium gehört gemäß § 4 Abs. 2 leg.cit. - neben

zwölf Mitgliedern, die vom Hauptausschuß des Nationalrats gewählt werden - auch der Bundes-

kanzler an. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, daß die Vollziehung des Bundesge-

setzes über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus vom

Bundeskanzler zu vollziehen wäre. Im Hinblick darauf, daß die Vollziehung des genannten Ge-

setzes demnach nicht der Bundesregierung bzw. einem Mitglied der Bundesregierung übertragen

wurde, sind die im Zusammenhang mit diesem Bundesgesetz stehenden Angelegenheiten vom

§ 90 des Geschäftsordnungsgesetzes 1975 nicht erfaßt.

Im übrigen wird daraufhingewiesen, daß gemäß dem im Verfassungsrang stehenden § 4 des Bun-

desgesetzes über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus

der Vorsitzende des Kuratoriums (das ist der Präsident des Nationalrats) dem Hauptausschuß des

Nationalrats über jedes Geschäftsjahr einen Bericht zu erstatten hat. Diesem Bericht werden wohl

auch die Daten zu entnehmen sein, die den Gegenstand der Anfrage bilden.

Soweit die Fragen das Bundesgesetz BGBl.Nr.433/1995 (Novelle zum Opferfürsorgegesetz und

Novelle zum Kleinrentnergesetz) betreffen, weise ich darauf hin, daß die Vollziehung dieser

beiden Gesetze dem Bundesminister für Arbeit und Soziales obliegt.

Soweit die Frage die Umsetzung des Gesetzes durch österreichische Vertretungsbehörden im

Ausland betrifft. wären die Fragen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten zu

richten. Im Zusammenhang mit diesem Fragenkomplex weise ich jedoch darauf hin, daß gemäß

§ 6 des Bundesgesetzes über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des National-

sozialismus ein Generalsekretär den Vorsitzenden des Kuratoriums bei der Verwaltung des Fonds

unterstützt und auch die Beschlüsse und Entscheidungen des Kuratoriums und des Komitees vor-

zubereiten hat. Dieser Generalsekretär wird vom Präsidenten des Nationalrats nach Beratung in

der Präsidialkonferenz des Nationalrats bestellt. Diesem Generalsekretär kommt gemäß § 6 Abs. 3

leg.cit. auch die Aufgabe zu, die Verbindung zwischen Österreich und den im Ausland lebenden

Opfern des Nationalsozialismus zu pflegen.