1431/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Petrovic, Freundinnen und Freunde haben am
14. November 1996 unter der Nr. 1465/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage
betreffend Friedensprozeß von Dayton und österreichische IFOR-Soldaten in Bosnien
gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:
" 1 . In welcher Weise wurde sichergestellt, daß die österreichischen IFOR-Soldaten über den
Inhalt des Vertragswerkes von Dayton informiert werden und sich dementsprechend
gegenüber mutmaßlichen Kriegsverbrechern verhalten? (Bitte detaillierte Darstellung
der zur Einschulung verwendeten Materialien)
2. Welche Erklärung haben Sie dafür, daß die mutmaßlichen Anführer bei Kriegsver-
brechen ungehindert mehrmals täglich den von österreichischen Soldaten abgesicherten
IFOR-Stützpunkt passieren können?
3 . Teilen Sie die Meinung, daß eine Heimkehr von Vertriebenen und Flüchtlingen absolut
unzumutbar ist, solange international berüchtigte mutmaßliche Kriegsverbrecher ihre
Funktionen völlig ungehindert weiter ausüben können?
4. Befürchten Sie auch, daß die Untätigkeit der österreichischen IFOR-Soldaten zu ähnlich
negativen öffentlichen Reaktionen führen kann wie die Untätigkeit der damaligen UNO-
Truppen bei den Massakern an Zivilisten in Srebrenica und anderen bosnischen Orten?
Was gedenken Sie daher zu tun?
5 . Was tun die österreichischen IFOR-Soldaten, die neuralgische Straßenzüge in Bosnien
überwachen, wenn sie nicht einmal die berüchtigsten mutmaßlichen Kriegsverbrecher
anhalten und festnehmen? Was ist der Inhalt ihres Auftrages und wer überwacht den
korrekten Vollzug?
6. Sind Sie bereit, über die bisherigen Erfahrungen mit dem Bosnien-Einsatz noch vor einer
Verlängerung des Mandates für österreichische IFOR-Soldaten das Parlament zu
befassen und dabei auch über die Versäumnisse bei der Umsetzung des Dayton-
Prozesses zu berichten? Wenn ja, wann gedenken Sie dies zu tun, wenn nein, warum
nicht?"
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 bis 6:
Die Beantwortung dieser Fragen fällt nicht in meinen Vollzugsbereich. Der Vollständigkeit
halber weise ich daraufhin, daß gemäß § 6 erster Satz des Bundesverfassungsgesetzes über die
Entsendung österreichischer Einheiten zur Hilfeleistung in das Ausland auf Ersuchen
internationaler Organisationen, BGBl. Nr. 173/1965, der Vorgesetzte einer entsendeten Einheit
der Bundesregierung nach Beendigung des Einsatzes einen zusammenfassenden Bericht über
den Einsatz vorzulegen hat.
Darüber hinaus ist festzuhalten, daß die Bundesregierung über Einladung der NATO am
12. Dezember 1995 beschlossen hat, daß sich Österreich an der multinationalen Friedens-
operation in Bosnien und Herzegowina (IFOR) - unter der Voraussetzung des Vorliegens einer
Resolution des UN-Sicherheitsrats zur Autorisierung dieses Friedenseinsatzes - durch die
Entsendung einer verstärkten Transporteinheit und von Pionieren in einer Gesamtstärke von
bis zu 300 Mann für die Dauer eines Jahrs beteiligen wird. Über diesen Beschluß ist am
1 5 . Dezember 1 995 das verfassungsgesetzlich erforderliche Einvernehmen mit dem Haupt-
ausschuß des Nationalrats hergestellt
worden.
In dem auf der Grundlage eines Notenwechsels durchgeführten Regierungsübereinkommen
zwischen der österreichischen Bundesregierung und dem Generalsekretär der NATO wurde
hinsichtlich der Modalitäten der österreichischen Teilnahme an IFOR unter anderem folgen-
des festgehalten:
"With reference to the Peace Agreement, 1 seek your agreement that national contingents pro-
vided to the IFOR, having fully arrived in the Theatre Area of Operations and having been
assessed as capable of performing its assigned IFOR mission, shall be placed under the
operational control ofthe Supreme Allied Commander Europe (SACEUR) and subject to
NATO Rules of Engagement. SACEUR will assume overall authority for the operation and
operational command or control, designating the Commander in Chief Southern Europe
(CINCSOUTH) as the Commander in Theatre ofthe IFOR. The COMIFOR (Commander,
IFOR) will issue orders to the national contingents through the chain of command established
by him. Non-NATO nations will retain na.tional command of their own contingents."
Überdies hat die Bundesregierung anläßlich der Entsendung in Übereinstimmung mit § 2
Abs. 2 letzter Satz des Bundesverfassungsgesetzes über die Entsendung österreichischer
Einheiten zur Hilfeleistung in das Ausland auf Ersuchen internationaler Organisationen,
BGBl. Nr. 173/1965, dem vom Bundesminister für Landesverteidigung zu bestellenden
Vorgesetzten der Einheit die Weisung erteilt, " die Einheit im Rahmen von IFOR einzusetzen
und die mit diesem Einsatz in Zusammenhang stehenden Anordnungen der zuständigen
IFOR-Kommanden zu befolgen".