1457/AB XX.GP
Die Abgeordneten Gredler, Schmidt , Motter und Partner/innen
haben an mich am 28 . November 1996 unter Zl . 1546/J-NR/1996
eine schriftliche Anfrage bezüglich der österreichischen
Haltung zur Menschenrechtssituation in Myanmar (früher
Burma) gerichtet, die folgenden Wortlaut hat:
1. Wie ist Ihre Einschätzung der Menschenrechtssituation und
des Funktionierens demokratischer Institutionen in Burma?
2 . In welchen Punkten unterscheidet sich diesbezüglich Ihre
Haltung von den von Staatssekretärin Ferrero-Waldner in dem
erwähnten Interview getroffenen Aussagen?
3 . Meinen Sie - ebenso wie Ihre Staatssekretärin - , daß man
die Lage in Burma realistischer einschätzen müßte und
"Geduld mit dem Militärregime in Rangun" haben müsse?
4 . Was hat sich bezüglich Demokratie und Menschenrechte in
Burma seit den 8Oer Jahren verbessert , wie von
Staatssekretärin Ferrero-Waldner behauptet?
5 . Inwiefern hat sich die Lage der Minderheiten in Burma
verbessert?
6 . Staatssekretärin Ferrero-Waldner meinte in dem zitierten
PRESSE-Interview: "Wir dürfen nicht zu weit gehen mit
unseren Maßnahmen gegen Burma, damit wir den Dialog
aufrecht erhalten. " Wie ist diese Aussage zu interpretieren?
7 . Meinen Sie, daß die Ausführungen Ferrero-Waldners für die
Lage der Menschenrechte, besonders aber für die burmesische
Opposition förderlich sind? Wenn ja,
warum?
8. Hat Staatssekretärin Ferrero-Waldner während ihrer
Asien-Reise versucht , mit Vertretern der burmesischen
Opposition oder ihrer Vorsitzenden Suu Kyi in Kontakt zu
treten? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, was waren die
Ergebnisse dieser Gespräche?
9 . Welche Maßnahmen wird Österreich ergreifen - entweder
bilateral oder im Rahmen der EU - wenn sich die Situation
der Menschenrechte in Burma in absehbarer Zeit nicht
bessert bzw. verschlechtert? Werden auch
wirtschaftssanktionen oder der Abbruch der diplomatischen
Beziehungen erwogen?
Ich beehre mich, die Anfrage wie folgt zu beantworten:
Zu 1), 2), 3) und 4):
In der Einschätzung der Menschenrechtslage in der Union
Myanmar gibt es zwischen mir und der Frau Staatssekretärin im
Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten keine
Unterschiede, weil unsere Position auf den einschlägigen
Standpunkten, Entschließungen und Deklarationen der
Europäischen Union ruht, an deren Ausgestaltung auch
Österreich mitgewirkt hat . Darin wird die große Besorgnis der
EU über die Menschenrechtslage in Myanmar zum Ausdruck
gebracht und gleichzeitig das Militärregime in diesem Land
u.a. aufgefordert, möglichst umgehend einen konstruktiven
Dialog mit den demokratischen Kräften des Landes im Hinblick
auf eine nationale Aussöhnung zu beginnen.
In gleicher Weise haben auch die Vereinten Nationen zu
wiederholten Malen ihre tiefe Besorgnis über die Menschen-
rechtslage in Myanmar unterstrichen, wobei die jüngste
Verweigerung einer Zusammenarbeit mit dem für Myanmar
eingesetzten Sonderberichterstatter der UN-Menschenrechts-
kommission und mit dem Vertreter des UN-Generalsekretärs
besonders kritisiert wird. Auch im UN-Rahmen wird nach-
drücklich vom Militärregime in Myanmar ein konstruktiver
Dialog mit dem Ziel einer nationalen Versöhnung gefordert.
Diese Forderungen gilt es, mit Geduld, Festigkeit und
realistischer Zielorientiertheit immer wieder
vorzubringen.
Nichts in den von der Anfrage relevierten Äußerungen der Frau
Staatssekretärin läßt den Schluß zu, daß
österreichischerseits auf die Erhebung dieser Forderungen
sowohl im Rahmen der EU wie auch im Rahmen der Vereinten
Nationen in Zukunft verzichtet werden würde.
Zu 5)
In Myanmar leben mehr als 60 nationale Minderheiten. Manche
dieser nationalen Minderheiten sind auch militärisch
organisiert und waren bis vor kurzem in bürgerkriegsartige
Auseinandersetzungen mit der Zentralregierung von Myanmar
verwickelt. Die faktische Beendigung dieser seit Jahrzehnten
andauernden Kämpfe mit 15 von 16 solchen militärischen
Organisationen ist ein Umstand, der Anlaß zur Hoffnung geben
kann, daß in Myanmar künftighin positive Entwicklungen für
den Schutz nationaler Minderheiten möglich werden.
Zu 6):
Die EU ist seit geraumer Zeit bestrebt, durch einen
kritischen Dialog mit dem Militärregime in Myanmar auch auf
Besserungen im Bereich der Menschenrechte hinzuwirken. Die
Äußerungen der Frau Staatssekretärin sind in diesem Sinne zu
verstehen.
Zu7):
Die Äußerungen der Frau Staatsekretärin liegen völlig im
Rahmen der EU- Linie , die auf die Förderung und Unterstützung
der Menschenrechte ausgerichtet ist, und wirkt sich daher auf
die Lage der Menschenrechte im allgemeinen oder speziell für
die Opposition in Myanmar nicht nachteilig aus .
Zu 8):
In Übereinstimmung mit der derzeit bestehenden EU-Haltung
gegenüber dem Militärregime in Myanmar war eine Reise der
Frau Staatssekretärin nach Myanmar nicht beabsichtigt,
weshalb auch Kontakte mit Vertretern der Opposition in
Myanmar nicht möglich waren. In diesem
Zusammenhang ist
allerdings auf regelmäßige Besuche mitakkreditierter
EU-Botschafter bei Frau Aung San Suu Kyi hinzuweisen; die
Besuche gehen auf eine österreichische Anregung zurück.
Zu 9):
Österreich wird sowohl im Rahmen der EU wie auch im Rahmen
der vereinten Nationen auf eine Verbesserung der
Menschenrechtslage in Myanmar drängen. Der Idee von
Wirtschaftssanktionen oder dem Abbruch der diplomatischen
Beziehungen stehe ich reserviert gegenüber, wobei
Insbesondere in Rechnung zu stellen ist, daß die
österreichischen Wirtschaftsbeziehungen mit Myanmar nicht
stark entwickelt sind und Österreich in Myanmar nicht durch
einen residenten Botschafter vertreten ist.