1463/AB XX.GP
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Ewald STADLER und Kollegen
haben am 19 . Dezember 1996 unter der Nummer 1724/J an mich die
schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend "rechts- und
tatsachenwidrige Beantwortung der Anfrage 1204/J" gerichtet, die
folgenden Wortlaut hat:
"Sind Sie vor dem Hintergrund der widerlegten Behauptungen in
Ihrer Anfragebeantwortung vom 19 . September 1996 zu Nr. 1204/J
bereit, für eine baldige, ordnungsgemäße und umfassende Behand-
lung des vom ehemaligen SPÖ-Abgeordneten zum Nationalrat,
Dipl . -Vw. Mag. DDr . Stephan TULL, am 16 . Februar 1996 eingebrach-
ten Anbringens an die zuständige Vereinsbehörde zu sorgen? - Wenn
nein, warum nicht?"
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Es kann weder von einer unzureichenden Behandlung des Anbringens
DDr. TULL vom 16. Februar 1996 noch von einer rechts- und tatsa-
chenwidrigen Beantwortung der Anfrage 1204/,J
die Rede sein.
Die Statuten eines Vereins sind die grundsätzlichen Normen, die
sich der Verein bezüglich seiner Organisation selbst gibt. Im
zivilrechtlichen Sinn sind die Statuten als Vertrag anzusehen,
sie regeln die privatrechtlichen Beziehungen der Mitglieder unter-
einander und zum Verein. Das Vereinsgesetz schreibt im Zusammen-
hang vor, daß in den Statuten etwa die Art der Schlichtung von
Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis (§ 4 Abs 2 lit j ) oder
die Rechte und Pflichten der Vereinsmitglieder (§ 4 Abs 2 lit f)
zu regeln sind. Es normiert außerdem selbst eine Informations-
pflicht des Leitungsorgans eines Vereins ge9enüber den Mitglie-
dern über die Tätigkeit und die finanzielle Gebarung des Vereins
bzw ein dieser Pflicht korrespondierendes Recht der Mitglieder
auf entsprechende Information ( § 13 ) . Darum, daß bzw ob diese
Informationspflicht auch gegenüber der die Allgemeinheit repräsen-
tierenden Vereinsbehörde besteht, geht es im gegenständlichen
Fall nicht.
Der Wunsch des Herrn Dipl . -Vw. Mag. DDr . TULL nach Einleitung
eines vereinsinternen " Schiedsgerichtsverfahrens " gegen den vor-
sitzenden des Vereinsvorstands , deren Verweigerung er gegenüber
der Vereinsbehörde moniert, gründet sich nach der Aktenlage sei-
nerseits auf die behauptete Verweigerung eines ihm zustehenden
Rechts auf Anhörung durch den "Obersten Rat" (als Vereinsorgan) .
Dabei handelt es sich meines Erachtens aber um ein subjektives,
aus dem Vereinsverhältnis entspringendes Recht, das letztlich im
Zivilrechtsweg geltend zu machen wäre. Insoferne gilt dies auch
für die - nach der neueren Judikatur des oGH zuvor gebotene -
zumindest versuchte Beschreitung bzw Ausschöpfung des vereinsin-
ternen "Rechtszuges" im Sinne des § 4 Abs 2 lit j VereinsG (wobei
im Fall der tatsächlichen, von dem betreffenden Verein allerdings
in Abrede gestellten Verweigerung eines vereinsinternen "Schieds-
spruches" die Zulässigkeit einer Anrufung der Gerichte gegeben
sein sollte) .
Das subjektive Recht von Vereinsmitgliedern' auf Information durch
das Leitungsorgan im Sinne von § 13
VereinsG wäre meiner Ansicht
nach in gleicher Weise bei den Zivilgerichten geltend zu machen
(worauf übrigens auch auf Seite 93 des wiederholt erwähnten Kom-
mentare zum Österreichischen Vereinsrecht von Peter Fessler und
Christine Keller hingewiesen wird) .
Ich sehe vorerst keine Veranlassung, von der aus meiner Sicht
durchaus vertretbaren Rechtsauffassung abzugehen . Von der Möglich-
keit, diese auf dem hiefür vorgesehenen Weg einer abschließenden
Prüfung durch die hiezu berufenen Einrichtungen aus deren aktuel-
ler Sicht zuzuführen, hat der Einschreiter bisher nicht Gebrauch
gemacht .