1564/AB XX.GP
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1522/J-NR/1 996, betreffend Probleme mit
den Kraftfahrlinienkonzessionen, die die Abgeordneten Rosenstingl und Kollegen am
27. November 1 996. an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beant-
worten-
1 . Halten Sie das bestehende Konzessionssystem bei den Kraftfahrlinien für zeitgemäß
Das bestehende Konzessionssystem ist EU-Konform und in jeder Weise zeitgemäß.
2. Ist Ihnen bewußt, daß dieses Konzessionssystem eine sinnvolle Verkehrsnetzplanung - etwa
in Verbünden weitgehend behindert, wenn nicht unmöglich macht und auch eine wesentli-
che Ursache für die Kostenexplosion im Bereich der Verbände darstellt?
Das Kraftfahrlinienkonzessionssystem hat von jeher die Entstehung überaus sinnvoller
und nutzbringender Netze bewirkt. Eine Ver- oder Behinderung einer Verkehrsnetz-
planung - wie von Ihrer Seite angenommen wird - war und ist unmöglich. Vielmehr kann
jeder Kraftfahrlinienunternehmer um Konzessionierung jeder beliebigen Strecke ansu-
chen. Abgesehen vom Mangel persönlicher Konzessionsvoraussetzungen (Zuverläs-
sigkeit, Eignung, finanzielle Leistungsfähigkeit) kann die Konzession nur verweigert
werden, wenn durch das Ermittlungsverfahren die mangelnde Straßeneignung fest-
gestellt wird oder von bestehenden
Verkehrsunternehmen (keineswegs also von
Kraftfahrlinienunternehmern allein !) aufgrund der ihnen erteilten Konzessionen einge-
wendet wird, daß die neue Kraftfahrlinie die Erfüllung ihrer Verkehrsaufgaben gefähr-
den würde, dies auch tatsächlich der Fall ist und durch die Vorschreibung von Auflagen
nicht verhindert werden kann.
Die Gefährdung der Erfüllung von Verkehrsaufgaben ist nach ständiger Spruchpraxis
des Verwaltungsgerichtshofes dann anzunehmen, wenn ein Verkehrsunternehmer in
der Führung seiner (Eisenbahn-, Straßenbahn- oder Kraftfahr-)Linien einschneidend
beeinträchtigt wird, im allgemeinen also dann, wenn er einen die wirtschaftliche Be-
triebsführung in Frage stellenden Einnahmenausfall erleidet. (Anhaltspunkt für die
Beurteilung der Frage für das Vorliegen oder Nichtvorliegen dieses Ausschließungs-
grundes ergeben sich aus den Ermittlungen und Feststellungen über den Fahrgastaus-
fall, der durch die Erteilung einer neuen Kraftfahrlinie zu erwarten ist.)
Sieht im Konkurrenzfall der Fahrplanentwurf für eine neubeantragte Kraftfahrlinie eine
dichtere Kursfolge oder ein umfangreicheres Betriebsprogramm als der Fahrplan einer
bereits bestehenden Kraftfahrlinie vor, so kann der Konzessionsinhaber die durch die
beantragte Kraftfahrlinie bewirkte Konkurrenz durch entsprechende Ausgestaltung des
Betriebes seiner Kraftfahrlinie verhindern. Es steht ihm diesfalls aber nicht zu, einen die
wirtschaftliche Betriebsführung in Frage stellenden Einnahmenausfall geltend zu
machen. Es ist davon auszugehen, daß der Konzessionsinhaber diese Fahrplan-
ausgestaltung nur vornehmen wird, wenn er die Kraftfahrlinie nicht schon bisher in
nennenswertem Umfang betrieben hat.
Hat er die Kraftfahrlinie jedoch - wie dies das Kraftfahrliniengesetz fordert - in nach-
fragegerechtem Umfang bedient, so soll eine Konkurrenz in Form eines hinzutretenden
Verkehrsangebotes nicht verhindert werden, sofern dieses verkehrspolitisch einen zu-
sätzlichen Nutzen stiftet.
Ein ruinöser Wettbewerb, der keinen neuen Nutzen bewirkt, die Wirtschaftlichkeit
bestehender Verkehre aber aushöhlt, wird eine einschneidende Beeinträchtigung der
wirtschaftlichen Betriebsführung bestehender Verkehre durch rückläufige Einnahmen
bewirken und im Effekt zur Einstellung des Betriebes der Kraftfahrlinie durch einen oder
durch beide Konzessionsinhaber führen. Damit wäre für die Fahrgäste nichts gewon-
nen, unter Umständen würde ihnen sogar die einzige Möglichkeit einer Beförderung mit
öffentlichen Verkehrsmitteln genommen.
Die bestehende rechtliche Regelung behindert daher weder eine Verkehrsnetzplanung ,
noch stellt sie die Ursache für eine Kostenexplosion in den Verkehrsverbünden dar.
3., 4. Ist es richtig, daß eine Konzession durch einen symbolischen Minimalbetrieb, der keinerlei
Verkehrsfunktion erfüllen kann (einmal im Jahr) vom Inhaber blockiert werden kann, sodaß
auch interessierte Konkurrenten keine Möglichkeit haben, hier eine Leistung anzubieten?
Wieviele Konzessionen werden derzeit auf diese Art "genützt"?
Wie aus dem eben Gesagten hervorgeht, kann ein "symbolischer Minimalbetrieb ohne
Verkehrsfunktion" (also etwa ein das vorliegende Verkehrsbedürfnis nicht ausreichend
befriedigender Betrieb) keine Blockade hinzutretender Angebote bewirken.
Er wäre überdies auch unsinnig, da das Kraftfahrlinienrecht dem Konzessionsinhaber
die Möglichkeit bietet, sich bei minderem Verkehrsbedürfnis vorübergehend von der
Betriebspflicht entheben zu lassen. Dies bewirkt zwar ebenfalls keine Blockade neu
hinzutretender Kraftfahrlinienkonkurrenz, ist aber sicherlich billiger und zweckmäßiger
als der erwähnte Minimalbetrieb.
Sowohl der von der Betriebspflicht vorübergehend enthobene als auch der in zu
geringem Umfang produzierende Kraftfahrlinienunternehmer kann eine Antragskon-
kurrenz also nur durch Aufnahme des Betriebes oder durch Ausgestaltung des Verkeh-
res in zumindest gleichem Umfang abwehren.
6.-7. Halten Sie es für sinnvoll, daß Konzessionen an andere Unternehmen - entgeltlich - weiterge-
geben bzw. verpachtet werden können?
Ist Ihnen bekannt, daß die ÖBB auf diesem Weg eigenes Personal "einsparen" und anderer-
seits bisherige Arbeitsplätze von Österreichern durch Ausländer besetzt werden?
ln wievielen Fällen werden derzeit Konzessionen von anderen Unternehmen als dem
Konzessionsinhaber genützt?
Konzessionen können als höchstpersönliche subjektive Rechte weder "weitergegeben"
noch "verpachtet" werden. Das geltende Kraftfahrlinienrecht sieht jedoch zwei Möglich-
keiten der Durchführung des Betriebes einer Kraftfahrlinie durch andere Omnibus-
unternehmer als den Konzessionsinhaber vor, der sonst den Betrieb immer selbst zu
führen hat:
- Übertragung der Führung des Betriebes' Der Betriebsführer übernimmt den
eigenwirtschaftlichen Betrieb der gesamten Kraftfahrlinie. Er betreibt die Kraft-
fahrlinie diesfalls im fremden Namen und auf eigene Rechnung. Die Betriebs-
führerübertragung steht unter Genehmigungsvorbehalt.
- Die Durchführung von Fahrten im Auftrag eines Konzessioninhabers durch einen
anderen Omnibusunternehmer (im Namen und auf Rechnung des Konzessions-
inhabers) ist zulässig. Diesfalls besteht kein Genehmigungsvorbehalt.
Die Praxis macht von diesen beiden Rechtsinstituten nach wirtschaftlicher Vernunft
Gebrauch. Dies gilt selbstverständlich auch für Kraftfahrlinienunternehmen, die im
Eigentum des Bundes stehen, wie etwa für die ÖBB oder für den Postautodienst. ln
diesem Zusammenhang ist jedoch festzustellen, daß hiedurch keineswegs "bisherige
Arbeitsplätze von Österreichern durch Ausländer besetzt werden", weil auch bei
privaten Kraftfahrlinienunternehmen ausländische Lenker durchaus nicht den Regelfall
darstellen.
Da nur die Betriebsführerübertragung, nicht aber der Betrieb - selbst der gesamten
Kraftfahrlinie - durch einen Auftragsnehmer unter Genehmigungsvorbehalt steht, kann
die Gesamtanzahl der Führung einer Kraftfahrlinie durch andere Omnibusunternehmer
als den Konzessioninhaber nicht angegeben
werden.
8. Halten Sie die bestehende Regelung hinsichtlich der bahnparallelen Buslinien für sinnvoll,
die mangels Schutzmechanismus die Bahnunternehmen geradezu zwingt, selbst einen
Parallelverkehr zu betreiben?
Die bestehende gesetzliche Regelung zwingt Eisenbahnunternehmen keineswegs zu
bahnparallelen Kraftfahrlinienverkehren, weshalb auch die wenigsten bahnparallelen
Kraftfahrlinien von Eisenbahnunternehmen betrieben werden.
Die Aufgabe einer Kraftfahrlinie die nach teilweiser Parallelführung zur Bahn Fahrgäste
von der Bahnstrecke abzweigend in andere Gebiete befördert, ist auch die Zubringung
von Fahrgästen der Bahn. Die Aufgabe dieser Kraftfahrlinien im bahnparallelen Betrieb
besteht in der Feinverteilung der Fahrgäste, die im Bahnbetrieb wegen des größeren
Haltestellen- bzw. Bahnhofabstandes nicht möglich ist.
Ein Eisenbahnunternehmen ist in das Ermittlungsverfahren über ein Ansuchen des
Kraftfahrlinienunternehmers auf Erteilung einer Konzession selbst dann - und zwar bei
sonstiger Nichtigkeit des Verfahrens - einzubinden, wenn die beantragte Kraftfahrlinie
auch nur in einer kleinen Relation bahnparallel geführt werden soll. Es kann daher
dann, wenn die Konkurrenz der beantragten Kraftfahrlinien größer wäre als deren
Dienste durch Zubringung und Feinverteilung die Beeinträchtigung des wirtschaftlichen
Betriebes des Eisenbahnverkehres einwenden, was entweder zur Vorschreibung von -
die Konkurrenz verhindernden oder minimierenden - Auflagen im Konzessionsbescheid
oder zur Abweisung des Ansuchens führt.
9. Halten Sie den Standard des Kraftfahrliniengesetzes hinsichtlich der Liberalisierung des
Verkehrsmarktes - mittlerweile ist es auch für Private leichter, auf der Bahn eine neue Linie
einzuführen, als auf der Straße
für zeitgemäß?
Gemäß Eisenbahngesetz hat ein Eisenbahnunternehmer die Mitbenützung seiner
Anlagen durch andere Eisenbahnunternehmen auf deren Kosten zu gestatten (so-
genannter Péageverkehr). Es trifft also nicht zu, daß der Bahnbetrieb durch andere
Eisenbahnunternehmer leichter wäre als der Kraftfahrlinienbetrieb auf der Strecke einer
bereits bestehenden Kraftfahrlinie.
10.-12.Warum wurden - entgegen manchen Versprechungen Ihrer Vorgänger - bislang keine
konkreten Novellierungsvorschläge für dieses antiquierte Kraftfahrliniengesetz vorgelegt?
Welche konkreten Veränderungen im Kraftfahrlinienkonzessionswesen planen Sie, um die
erwähnten Mißstände zu bekämpfen?
Wann ist mit einem Entwurf für eine entsprechende Novelle aus Ihrem Haus zu rechnen?
Das Kraftfahrliniengesetz wurde allein in diesem Jahrzehnt dreimal novelliert. Die letzte
Novelle im Jahre 1993 bewirkte die volle Anpassung an alle EU-Standards. Das
Kraftfahrliniengesetz kann daher weder als antiquiert bezeichnet werden, noch er-
scheint es erforderlich, Mißstände irgendwelcher Art durch eine Novellierung bekämp-
fen zu müssen.
Dessen ungeachtet wird zur Zeit ein Enwurf eines neuen Kraftfahrliniengesetzes
erarbeitet, der im Frühjahr dieses Jahres zur Begutachtung ausgesendet werden soll.