1583/AB XX.GP

 

B e a n t w o r t u n g

der Anfrage der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde an den

Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend Werkvertragsregelung,

Nr.1629/J.

Bevor ich auf die Beantwortung der einzelnen Fragen eingehe, möchte

ich vorher grundsätzlich folgendes bemerken :

Mit der gegenständlichen Regelung erhielten viele arbeitende Menschen

in den unterschiedlichsten Bereichen erstmals im Rahmen ihrer Tätigkeit einen

Versicherungsschutz. ln den letzten Jahren war zunehmend festzustellen, daß

Unternehmen vermehrt dazu übergegangen sind, "unechte Werkverträge" statt

regulärer Dienstverhältnisses abzuschließen. Mit dieser Umgehung wurden

auch der Sozialversicherung Beiträge vorenthalten. Darüber hinaus verschafften

sich diejenigen Unternehmen, die ihre Arbeiten bislang über "unechte Werkver-

träge" vergeben hatten, gegenüber allen anderen Unternehmen Wettbewerbs-

vorteile.

Mein Ziel war es, alle Erwerbseinkommen innerhalb bestimmter Grenzen

in die Sozialversicherung einzubeziehen und eine gerechte Aufteilung der

Beitragsleistungen auf alle Gruppen von Erwerbstätigen bzw. ihre Dienstgeber

sicherzustellen.

Diese Intentionen habe ich mehrmals im Parlament bzw. in der Öffent-

lichkeit dargelegt, wobei die nunmehrige Regelung das Ergebnis eines politisch

notwendigen Kompromisses ist. Für mich kann diese Regelung nur ein erster

Schritt in die richtige Richtung sein.

ln diesem Sinn hat auch der Nationalrat am 2.10.1996 eine Entschlie-

ßung betreffend die Weiterentwicklung der Sozialversicherung gefaßt. ln dieser

Entschließung wird die Bundesregierung ersucht, unter Beiziehung von Sozial-

partnern und Experten im Rahmen einer Arbeitsgruppe die Weiterentwicklung

des österreichischen Sozialversicherungssystems mit dem Ziel einer breiten

und fairen Einbeziehung aller Erwerbseinkommen und einer einheitlichen So-

zialversicherung bis Ende 1997 zu erarbeiten. ln Entsprechung dieser Ent-

schließung habe ich bereits die arbeits- und sozialrechtlichen Institute der Uni-

versitäten Wien und Salzburg mit der unabhängigen Erstellung von Gutachten

über die vorliegenden Fragen beauftragt.

Letztlich möchte ich der Beantwortung der einzelnen Fragen voranstel-

len, daß das dargestellte Zahlenmaterial nicht berücksichtigen kann, um wieviel

die Zahl der Dienstverhältnisse durch die "neue Werkvertragsregelung" gestie-

gen ist. Ein gewisser Trend in diese Richtung läßt sich jedenfalls feststellen.

Das entspricht unserer Absicht, jedes Erwerbseinkommen ab einer bestimmten

Höhe und bis zu einer bestimmten Höchstgrenze in die Sozialversicherung

einzubeziehen.

Zu den einzelnen Fragen führe ich folgendes aus:

Zu den Fragen 1 und 2:

Die Gebietskrankenkassen gaben mir zur Anzahl der Auftragnehmer, die

seit Inkrafttreten der Werkvertragsregelung mit 1.7.1996 zu einem freien

Dienstvertrag oder dienstnehmerähnlichen Werkvertrag zur Sozialversicherung

gemeldet wurden, folgende Daten bekannt:

Wiener Gebietskrankenkasse: § 4 Abs.4 und 5 ASVG

Juli 1996:                                    191

August 1996:                            532

September 1996:        919

Oktober 1996:                         2.852

November 1996:                     6.598

Dezember 1996:                      1.393

Gesamt:                 12.485

Niederösterreichische Gebietskrankenkasse: § 4 Abs.4 und 5 ASVG

Juli 1996:                                   174

August 1996:                           400

September 1996:       406

Oktober 1996:                           655

November 1996:                       994

Dezember 1996.                        246

Gesamt:                  2.875

Salzburger Gebietskrankenkasse: § 4 Abs.4 und 5 ASVG

Juli 1996:                                  398

August 1996:                            61

Septemberl996:                         81

Oktober 1996:                            57

November 1996:                        74

Dezember 1996:                         17

Gesamt:                    688

Oberösterreichische Gebietskrankenkasse: § 4 Abs.4 und 5 ASVG

Juli 1996:                                    22

August 1996:                             97

September 1996:     175

Oktober 1996:                          446

November 1996:                      493

Dezember 1996:                       590

Gesamt:                                1.823

Samt Jänner 1997 sind 2.675 Meldungen von "Werkvertragsnehmern" einge-

langt.

Vorarlberger Gebietskrankenkasse: § 4 Abs.4 und 5 ASVG

Juli 1996:                                     7

August 1996:                             4

September 1996:         9

Oktober 1996:                           67

November 1996:                       77

Dezember 1996:                        18

Gesamt:                   182

Insgesamt sind bis dato 332 Meldungen eingelangt.

Burgenländische Gebietskrankenkasse: § 4 Abs.4 und 5 ASVG

Juli 1996:                                     0

August 1996:                             3

September 1996:       11

Oktober 1996:                           73

November 1996:                       93

Dezember 1996:                      140

Gesamt:                   320

Steiermärkische Gebietskrankenkasse: § 4 Abs.4 und 5 ASVG

November 1996:                                  151

Dezember 1996:                                   227

Insgesamt sind bislang 1.425 Meldungen durchgeführt worden. Laufend ge-

meldet sind derzeit 946 "Werkvertragsnehmer".

Kärntner Gebietskrankenkasse: § 4 Abs.4 und 5 ASVG

Insgesamt sind 457 Meldungen eingelangt. Laufend gemeldet sind derzeit 350

"Werkvertragsnehmer". Die Zahl der in den Monaten Juli bis Oktober 1 996 ein-

getroffenen Meldungen ist nicht feststellbar, da einerseits durch die Verlänge-

rung der Meldefrist bis 31.10.1996 nur ein geringer Meldungsanfall zu ver-

zeichnen war und die EDV-mäßige Speicherung erst im November 1996 er-

folgte.

Tiroler Gebietskrankenkasse: § 4 Abs.4 und 5 ASVG

Insgesamt sind 1.049 Anmeldungen eingelangt. Eine monatliche Zuordnung

der angemeldeten Auftragnehmer war seitens der Tiroler Gebietskrankenkasse

aus verwaltungstechnischen Gründen nicht möglich.

Zu den Fragen 3 und 4:

Aus den in den Fragen 1, 2 und 5 angeführten Auflistungen ergibt sich,

daß bis 31 . Dezember 1996 rund 22.300 Anmeldungen von Werkverträgen

erfolgt sind. Aus den genannten Daten geht zudem hervor, daß die Zahl der

angemeldeten Fälle seit Juli 1996 stetig steigt: Dieser Trend wird sich aufgrund

der bisherigen Erfahrungen in den kommenden Monaten vermutlich noch fort-

setzen, sodaß man mit einer Zahl von 30.000 bis 50.000 Werkvertragsanmel-

dungen im Zeitraum 1996 und 1997 rechnen kann.

Die in den Medien und in der Öffentlichkeit immer wieder zu findenden

Behauptungen, daß von der Werkvertragsregelung bis zu 300.000 Personen

betroffen wären, wurden von meinem Ressort nie geteilt. Im Gegenteil - das

Bundesministerium für Arbeit und Soziales ging immer von einer bewußt vor-

sichtigen Schätzung aus (man vergleiche dazu die Finanziellen Erläuterungen

zum Strukturanpassungsgesetz 1996, wo man von einer Schätzung von 30.000

Werkverträgen ausging). Selbst in Zeiten stetig neuer Pressemeldungen über

eine möglicherweise sehr hohe Zahl von Werkverträgen, gingen die Schätzun-

gen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales nie über 50.000 einzube-

ziehende Werkverträge hinaus, eine Zahl die zudem noch infolge der Hinauf-

setzung der "Versicherungsgrenze" nach unten korrigiert wurde.

Die bisherigen Anmeldungen von 22.300 Werkverträgen liegen daher

genau im Plan, zumal man noch berücksichtigen muß, daß aufgrund der Werk-

vertragsregelung ca. 5.000 neue Versicherte bei der Sozialversicherung der

gewerblichen Wirtschaft zu verzeichnen sind.

Die in der Begründung zur Anfrage enthaltenen Behauptung, daß es

bisher zu weit geringeren Anmeldungen bei der Sozialversicherung gekommen

ist, als erwartet wurde, ist daher nachweisbar unrichtig.

Zu Frage 5:

Seitens des Bundes der Länder und Gemeinden sind die aus nach-

stehender Tabelle ersichtlichen Anmeldungen zur Pflichtversicherung gemäß

§ 4 Abs.4 und 5 erfolgt:

 

 

   GKK                       Bund                      Land                      Gemeinden

Wien                         103                          36                                0

Niederösterreich   150                            27                              82

Burgenland                1                              5                                3

Oberösterreich          7                          285                              28

Steiermark                 11                           22                              38

Kärnten                      5                            11                                 6

Salzburg                     1                            28                              17

Tirol                            9                              2                              11

Vorarlberg                  2                            12                               7


 

Zu Frage 6:

Die Bestätigung oder Widerlegung der in Medien geäußerten Ver-

dachtsmomente ist nicht Gegenstand der Beantwortung einer Parlamenta-

rischen Anfrage. Jedenfalls kann erst im Zuge von Beitragsprüfungen durch die

Gebietskrankenkassen zweifelsfrei festgestellt werden, ob die geäußerte Ver-

mutung zutrifft.

Zu Frage 7:

Der Endbericht über die "Studie über atypische Beschäftigungsverhält-

nisse - Formen wirtschaftlich abhängiger Beschäftigung, die nicht im Rahmen

eines Arbeitsvertrags stattfinden" wurde Ende 1996 abgegeben und wird zur

Zeit überarbeitet und mit den Ergebnissen der Studie "Empirische Befunde zur

Scheinselbständigkeit - freie Mitarbeiter und selbständige Einzelunternehmer

mit persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit" aus Deutschland (Institut für

Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit, 1996) ver-

glichen.