1616/AB XX.GP
BEANTWORTUNG
der Parlamentarischen Anfrage der Abgeordneten Mag. Franz Steindl
und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit und Soziales betreffend
praxisgerechte Regelung für kurzfristige Beschäftigung von
Grenzgängern und Saisonarbeitern in der Landwirtschaft
Nr. 1712/J
In lhrer Anfrage wenden Sie sich gegen die geltenden Regelungen über die kurzfristige
Beschäftigung von Saisonarbeitskräften und schlagen für den Bereich der Landwirtschaft
eine großzügige Zulassung von zusätzlichen ausländischen Saisonarbeitskräften und
Grenzgängern sowie eine Befreiung von Gebühren und Abgaben und von der Anmeldung
zur Pensions- und Krankenversicherung vor.
Sie gehen unzutreffender Weise davon aus, daß nach Ausschöpfung der gesetzlichen
Ausländerhöchstzahl die Vergabe von Beschäftigungsbewilligungen für Saisonarbeitskräfte
in der Landwirtschaft generell nicht mehr möglich sei. Richtig ist vielmehr, daß die Fest-
setzung eigener Bewilligungskontingente für bestimmte Wirtschaftszweige mit kurzfristigem
bzw. vorübergehendem Arbeitskräftebedarf, der aus dem im Inland vorhandenen Arbeits-
kräftepotential nicht abgedeckt werden kann, trotz Überschreitung der sogenannten Bun-
deshöchstzahl zulässig ist. Aufgrund eben dieser gesetzlichen Ermächtigung wurden in den
letzten Jahren auch laufend per Verordnung Bewilligungskontingente für die zusätzliche Be-
schäftigung ausländischer Saisonarbeitskräfte in den Bereichen Land- und Forstwirtschaft
und Fremdenverkehr festgesetzt. Der zulässige Kontingentrahmen wird dabei nicht durch
die Bundeshöchstzahlenverordnung, sondern durch die jährlich von der Bundesregierung
erlassene Verordnung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz
(kurz: sog. "Quotenverordnung',) vorgegeben. Die im Rahmen dieser Kontingente bis zu
einer Laufzeit von sechs Monaten erteilten Beschäftigungsbewilligungen haben den Vorteil,
daß die auf ihrer Grundlage beschäftigten ausländischen Arbeitskräfte keine Aufenthalts-
bewilligung für die Dauer ihrer
Beschäftigung benötigen.
Trotz dieser Erleichterungen fordern Sie weiters, Ausländer für eine kurzfristige Beschäfti-
gung überhaupt ohne Bewilligung zuzulassen. lch erlaube mir hiezu zu bemerken, daß
damit jegliche Kontrolle über das tatsächliche Ausmaß der in Österreich beschäftigten aus-
ländischen Arbeitskräfte aufgegeben und daher nicht zu verantworten wäre. Auch der von
Ihnen verlangten zusätzlichen Ausweitung der Grenzgängerbeschäftigung kann angesichts
der gegenwärtigen Situation am österreichischen Arbeitsmarkt, insbesondere in den wirt-
schaftlich schwach strukturierten Grenzgebieten zu den östlichen Nachbarstaaten, nicht
nähergetreten werden.
Als die für die Arbeitsmarktpolitik zuständige Ressortchefin bin ich an einer möglichst guten
Beschäftigungslage im Bereich der Landwirtschaft interessiert und dementsprechend be-
müht, mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln dafür zu sorgen, daß tatsächliche Eng-
pässe bei Saisonarbeitskräften so weit wie möglich vermieden werden. lch halte es aber
auch für dringend geboten, einer großzügigen und nicht mehr kontrollierbaren Zulassung
von Saisonarbeitskräften und Grenzgängern aus dem Ausland entgegenzutreten und den
Einsatz des ohnedies ausreichend vorhandenen inländischen Arbeitskräftepotentials zu
fördern.
Frage 1:
Kann die Bundesverordnungshöchstzahl nicht zu einem früheren Zeitpunkt erlassen wer-
den, um die benötigten Arbeitskräfte zu beschäftigen?
Antwort:
Mein Amtsvorgänger hat am 16. Jänner 1997 einen entsprechenden Verordnungsentwurf
zur Begutachtung ausgesandt und den betreffenden Landeshauptmännern zur gesetzlich
vorgesehenen Anhörung vorgelegt. Unmittelbar nach Ablauf der Begutachtungs- und Anhö-
rungsfrist wurden die Kontingente im zulässigen Höchstausmaß festgelegt. Die Verordnung
wurde bereits dem Bundeskanzleramt zur Kundmachung übermittelt.
Die Bewilligungskontingente stehen somit rechtzeitig vor den ersten Saisonarbeiten in der
Landwirtschaft zur Verfügung, zumal die Interessenvertreter der Landwirtschaft erst zu Jah-
resbeginn einen voraussichtlichen zusätzlichen Bedarf an ausländischen Saisonarbeitern
gemeldet haben.
Frage 2:
Kann nicht eine Senkung der momentan geregelten Arbeitszeit von mindestens 20 Stunden
in der Woche herbeigeführt werden ?
Antwort:
Eine Regelung, die vorschreibt, daß eine Beschäftigung aufgrund einer § 7-Saisonbewilli-
gung mindestens 20 Wochenstunden betragen muß, existiert in Österreich nicht. Sehr wohl
kann aber der Umstand, daß einer neu angeworbenen Saisonarbeitskraft nur eine sehr ge-
ringfügige und die Lebenshaltungskosten nicht deckende Saisonbeschäftigung angeboten
wird, zu einer Ablehnung eines konkreten Antrages im sozialpartnerschaftlich besetzen Re-
gionalbeirat führen. Für Arbeitskräfte, die auch über andere Einkünfte verfügen, und
Grenzgänger, die täglich in ihr Herkunftsland zurückkehren, werden in der Praxis aber auch
Beschäftigungsbewilligungen für eine Beschäftigung unter 20 Wochenstunden erteilt.
In der Bundesrepublik Deutschland wurde zu Beginn d.J. die Regelung getroffen, daß Sai-
sonbewilligungen nur für Tätigkeiten im Ausmaß von mindestens 30 Wochenstunden zu-
lässig sind und zwar unabhängig von der Situation im Einzelfall.
Frage 3:
Gedenken Sie ein Modell wie das der Bundesrepublik Deutschland zu entwickeln und viel-
leicht auch einzuführen ?
Antwort:
Das von Ihnen vorgeschlagene deutsche Modell ist bei genauerer Betrachtung - vor allem,
wenn man auch die kürzlich als Folge der hohen Arbeitslosigkeit vorgenommenen Ände-
rungen beachtet - in wesentlichen Punkten weniger flexibel als die österreichische Rege-
lung. So dürfen deutsche Saisonbetriebe seit 1997 ausländische Saisonarbeitskräfte nur
mehr in einem zeitlichen Rahmen von sechs Monaten und 1998 sogar nur mehr von fünf
Monaten im Jahr (nicht Kalenderjahr) jeweils für maximal drei Monate beschäftigen. Im Be-
reich Obst- und Gemüseanbau ist sogar eine Übergangsbestimmung vorgesehen, derzu-
folge der mögliche Beschäftigungsrahmen bis 1999 von derzeit acht auf sechs Monate pro
Jahr reduziert wird, wobei auch hier der Saisonnier selbst maximal nur drei Monate be-
schäftigt werden darf. Im Gegensatz dazu bietet die österreichische Regelung für die ge-
samten Bereiche Land- und Forstwirtschaft innerhalb eines zeitlichen Rahmens von zehn
Monaten die Möglichkeit einer
sechsmonatigen Beschäftigung.
Auch hinsichtlich der Verfahrensdauer für die Erteilung einer Saisonbewilligung, welche in
der Bundesrepublik nach Auskunft der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg im Normalfall
mindestens acht bis zwölf Wochen beträgt, ist die österreichische Regelung vorteilhafter.
lch erinnere daran, daß das Arbeitsmarktservice Österreich in aller Regel seine Entschei-
dungen innerhalb der schon per Gesetz knappest bemessenen Entscheidungsfristen trifft
und Bewilligungen im Wissen um die Dringlichkeit von Ernteeinsätzen in der Landwirtschaft
sogar binnen Tagen, oft noch am Tag der Antragstellung erteilt.
lch sehe daher in der deutschen Regelung keine Vorteile für die Betroffenen und daher
auch keine Veranlassung, sie deckungsgleich zu übernehmen.
Frage 4:
Wenn nein, wären Sie bereit die vorgeschlagenen Maßnahmen umzusetzen ?
Antwort:
Die von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen, betreffen u.a. die Kosten für die Beschäfti-
gung von Saisonkräften.
Wenn Sie die Verfahrenskosten kritisieren, möchte ich darauf hinweisen, daß in Österreich
auch in anderen Verwaltungsbereichen entsprechende Beträge für Stempelmarken und
Gebühren zu entrichten sind. Das ist auch in anderen vergleichbaren Ländern so. ln der
Bundesrepublik beispielsweise betragen die vergleichbaren Kosten unabhängig von der
Dauer der Beschäftigung DM 100,-- und sind demnach sogar etwas höher als in Österreich.
Was den Entfall der Pflicht zur Pensions- und Krankenversicherung bei der Beschäftigung
von Saisonarbeitern anbelangt, der im übrigen auch in Deutschland nur bei Schülern, Stu-
denten, Hausfrauen u.ä. zutrifft, wenn die Beschäftigung nicht länger als zwei Monate im
Jahr dauert, möchte ich an das Prinzip der Gleichbehandlung von Arbeitnehmern erinnern.
Würde man dieses Gleichbehandlungsgebot für Saisonarbeitskräfte eliminieren, hätte man
Arbeitskräfte mit minderen Rechten, welche die Substitutionsprozesse am Arbeitsmarkt nur
fördern würden.
Frage 5 :
Können die Kosten für Sichtvermerk und Arbeitsbewilligung nicht nach der Anzah/ der Ar-
beitstage gestaffelt werden ?
Antwort:
Sofern eine kontrollierte genehmigungsbedürftige Zulassung von ausländischen Saisonar-
beitskräften grundsätzlich aufrecht erhalten wird, wird ein gewisses Maß an Administration
und damit verbundenen Kosten notwendig sein. Wenngleich mir Ihr Vorschlag einer Staffe-
lung der Kosten nach der Anzahl der Arbeitstage im Prinzip verständlich ist, kann ich ihm
schon deshalb nichts abgewinnen, weil der Aufwand für die Prüfung eines Antrages - un-
abhängig von der Dauer der Beschäftigung - in der Regel immer der gleiche ist und die Ko-
sten eben diesen Aufwand abdecken sollen.
Frage 6:
Würden Sie sich einsetzen, neben den momentan beschäftigten Dauer- und Saisonarbei-
tern auch Grenzgänger kurzfristig zu beschäftigen ?
Antwort:
Soweit es sich um Stammarbeitskräfte handelt, gehören Grenzgänger zum bevorzugten
Personenkreis der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung, der auch trotz Über-
schreitung der Bundeshöchstzahl zur Arbeit zugelassen werden kann. Ist dies nicht der Fall,
erachte ich auch in diesem Fall eine Prüfung der Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes so-
wie der Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen wie bei allen anderen Drittstaatsan-
gehörigen für erforderlich. Es ist aber keinesfalls ausgeschlossen, auch Grenzgänger, die
nicht von der Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung erfaßt sind, im Rahmen des
Saisonkontingents zu beschäftigen.
Frage 7:
Wie sehen Sie die Forderung, Ausländer, die zwar eine Aufenthaltsbewilligung besitzen
aber keine Beschäftigungsbewilligung, für kurzfristige Arbeiten zu beschäftigen ?
Antwort:
Auch hier erachte ich vor einer Beschäftigungsaufnahme die Prüfung der o.a. Vorausset-
zungen für erforderlich.
Frage 8:
Gedenken Sie den oben genannten "Pauschalbetrag" einzuführen ?
Antwort:
Da die Einführung eines "Pauschalbetrages" nicht losgelöst von der vorgeschlagenen Ertei-
lung von Beschäftigungsbewilligungen in Form von sog. "Tagesgutscheinen" beurteilt wer-
den kann, möchte ich hierzu im Zuge der Beantwortung der Frage 9 Stellung nehmen.
Frage 9:
Wie stehen Sie zu der Einführung eines "Tagesgutscheines" laut Vorschlag ?
Antwort:
Dieser Vorschlag ist - abgesehen von den bereits oben erwähnten Bedenken und den sich
daraus ergebenden Problemen im Bereich des Aufenthaltsrechtes - in der vorgeschlagenen
Form mit dem Prinzip des Aufnahmestopps nicht vereinbar, da mangels vorgesehener Kon-
tingentierung der Neuzugang ausländischer Arbeitskräfte nicht ausreichend kontrollierbar
wäre. Würde man hingegen auch hier Kontingente (von Tagesgutscheinen) vorsehen, so
käme es zu einer gravierenden Verschlechterung gegenüber dem derzeitigen System, da
ein "Tagesgutschein", welcher in Reserve erworben und nicht gleich "verbraucht" wird, not-
wendigerweise einen Kontingentplatz binden würde, obgleich tatsächlich kein zusätzlicher
Arbeitskräftebedarf besteht, wogegen derzeit gesichert ist, daß durch Nichtinanspruchnah-
me einer Saisonbewilligung ein Kontingentplatz zur Abdeckung eines Arbeitskräftebedarfs
sofort frei wird.
Abschließend möchte ich betonen, daß ich eine kritische Betrachtung der gegebenen Pra-
xis unter dem Aspekt möglicher Verbesserungen selbstverständlich stets für sinnvoll und
notwendig halte. So haben meine Mitarbeiter mit Vertretern der Präsidentenkonferenz der
Landwirtschaftskammern Möglichkeiten einer weiteren Straffung der administrativen Ab-
läufe erörtert. Das Ergebnis der Arbeitsgruppe ist jedoch, daß auch die Vertreter der Land-
wirtschaft erkennen mußten, daß - wenn das bestehende Zulassungssystem grundsätzlich
aufrecht erhalten werden soll - die Grenzen der möglichen Verwaltungsvereinfachungen
beinahe erreicht sein dürften.