1637/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Kier, Schmidt und Partnerlnnen haben am 13. Dezember

1996 unter der Nr. 1653/J an mich sowie unter der Nummer 1654/J an die damalige Bundes-

ministerin für Frauenangelegenheiten gleichlautende schriftliche parlamentarische Anfragen

betreffend die Praxis für die Vergabe von Werkverträgen und freien Dienstverträgen im res-

sortinternen Bereich sowie im Bereich der dem Ressort nachgeordneten Dienststellen ge-

richtet, die folgenden Wortlaut haben:

"1. Wie viele Aufträge in Form von Verträgen gemäß § 4 Abs. 4 und 5 ASVG wurden im

Jahre 1995 im Bereich Ihres Ressorts sowie der nachgeordneten Dienststellen vergeben

und wie hoch war das Auftragsvolumen, - jeweils nach Monaten aufgegliedert?

2. In welchem zahlenmäßigen Verhältnis stand im Jahre 1995 die Vergabe von derartigen

Verträgen an private Auftragnehmer mit Wohnsitz in Österreich zur Vergabe an Werk-

vertragener mit Wohnsitz im Ausland, bzw. zur Vergabe von Aufträgen an juristische

Personen, Angehörige freier Berufe und Inhaber von Gewerbeberechtigungen, - jeweils

nach Monaten aufgegliedert ?

3. Wie viele solcher Aufträge wurden im ersten Halbjahr 1996 im Bereich Ihres Ressorts

sowie der nachgeordneten Dienststellen vergeben und wie hoch war das Auftragsvo-

lumen, - jeweils nach Monaten aufgegliedert?

4. In welchem zahlenmäßigen Verhältnis stand im ersten Halbjahr 1996 die Vergabe an pri-

vate Auftragnehmer mit Wohnsitz in Österreich zur Vergabe an Auftragnehmer mit

Wohnsitz im Ausland, bzw, zur Vergabe von Aufträgen an juristische Personen, Angehö-

rige freier Berufe und Inhaber von Gewerbeberechtigungen?

5. Wie viele Aufträge in Form von Verträgen gemäß § 4 Abs. 4 und 5 ASVG wurden von

1 . Juli 1 996 bis zum Tag der Anfragebeantwortung im Bereich Ihres Ressorts sowie der

nachgeordneten Dienststellen vergeben und wie hoch war das Auftragsvolumen?

6. In welchem zahlenmäßigen Verhältnis steht seit 1. Juli 1996 die Vergabe an private Auf-

tragnehmer mit Wohnsitz in Österreich zur Vergabe an Auftragnehmer mit Wohnsitz im

Ausland, bzw. zur Vergabe von Aufträgen an juristische Personen, Angehörige freier Be-

rufe und Inhaber von Gewerbeberechtigungen, - jeweils nach Monaten aufgegliedert?

7. Wie hoch waren die in Ihrem Ressort sowie den nachgeordneten Dienststellen für derarti-

ge Auftragsvergaben vorgesehenen Budgetansätze in den Jahren 1995 und 1996; wie

hoch ist der für das Jahr 1997 vorgesehene Budgetansatz?

8. Besteht im Bereich Ihres Ressorts sowie in den nachgeordneten Dienststellen die Absicht,

anstelle der Vergabe von Werkverträgen oder freien Dienstverträgen künftig auf andere

Beschäftigungsverhältnisse bzw. Auftragsvergaben ins Ausland auszuweichen?

Wenn ja, können Sie die dafür vorgesehenen Volumina beziffern? Existiert außerdem im

Bereich Ihres Ressorts eine diesbezügliche Weisung oder interne Richtlinie?

9. Halten Sie die sogenannte Werkvertragsregelung in ihrer derzeitigen Form für eine ziel-

gerechte, praktikable und faire Lösung, um zu einer Versicherungspflicht für alle oder

doch möglichst alle Erwerbstätigen zu gelangen?"

Diese Anfragen beantworte ich unter einem wie folgt,

Zu den Fragen 1 bis 4:

Die maßgeblichen Bestimmungen (Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201/1996, So-

zialrechtsänderungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 411/1996 bzw. Nr. 600/1996) sind mit 1. Juli

1996 in Kraft getreten. Da auf Verträge, die vor diesem Zeitpunkt geschlossen wurden, die

zitierten gesetzlichen Bestimmungen nicht anzuwenden waren, wurden auch die in § 4 Abs. 4

und 5 ASVG angeführten Kriterien nicht erhoben. Sie stehen mir daher nicht zur Verfügung.

Eine Beantwortung dieser Fragen ist mir daher nicht möglich.

Zu frage 5:

Seit Inkrafttreten der oben genannten Bestimmungen mit 1.Juli 1996 wurden nach den vor-

liegenden Unterlagen im Bereich des Bundeskanzleramts bis zum Stichtag 1. Jänner 1997

121 in den nachgeordneten Dienststellen des Bundeskanzleramts 70 Aufträge in Form von

Verträgen nach § 4 Abs. 4 und 5 ASVG vergeben.

Bezüglich der Höhe des Auftragsvolumens weise ich darauf hin, daß Werkverträgen bei Auf-

tragsvergabe häufig Rahmenbeträge zugrunde gelegt werden, die Honorarlegung durch den

Auftragnehmer aber erst nach Durchführung des Auftrags erfolgt. Ich ersuche daher um Ver-

ständnis, daß eine gesicherte Angabe über die Höhe des Auftragsvolumens derzeit nicht mög-

lich ist.

Zu Frage 6:

Sämtliche in Beantwortung der Frage 5 angeführten Aufträge wurden an private Auftragneh-

mer mit Wohnsitz in Österreich vergeben.

Aufträge an juristische Personen, Angehörige freier Berufe sowie an Inhaber von Gewerbe-

berechtigungen fallen nicht unter die Legaldefinition des § 4 Abs. 4 und 5 ASVG. Sollte sich

die Frage auf sämtliche Aufträge aus dem Ressortbereich des Bundeskanzleramts an diesen

Adressatenkreis beziehen, ist ihre Beantwortung mit einem vertretbaren Arbeitsaufwand nicht

möglich.

Zu Frage 7:

Bei den für Verträge nach § 4 Abs. 4 und 5 ASVG vorgesehenen Budgetansätzen erfolgte für

die Jahre 1995 bis 1997 keine Dotierung, da die in Rede stehende Regelung erst durch das

Strukturanpassungsgesetz 1996 und die nachfolgenden Novellen geschaffen wurde.

Da die Budgets 1996 und 1997 gemeinsam beschlossen wurden, konnte keine konkrete Ver-

anschlagung erfolgen; dies nicht zuletzt deshalb, weil auch die erforderlichen Verrechnungs-

posten vom Bundesrechenamt erst im Herbst 1996 eröffnet wurden.

Die finanzielle Bedeckung für derartige Verträge erfolgt derzeit daher im Wege von Um-

schichtungen innerhalb der hiefür vorgesehenen Budgetansätze. Erst im Zuge der Erstellung

des Bundesvoranschlags 1 998 wird erstmals aufgrund der bis zu diesem Zeitpunkt vorliegen-

den Erfahrungswerte eine Dotierung der eröffneten Verrechnungsposten erfolgen kön-

nen.

Zu Frage 8:

Nein. Die Vergabe von Werkverträgen bzw. freien Dienstverträgen orientiert sich an den

Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit unter Einhaltung der

einschlägigen Rechts- und Vergabevorschriften.

Im übrigen existiert im Bereich meines Ressorts weder eine Weisung noch eine Richtlinie der

in der Anfrage angesprochenen Art.

Zu Frage 9:

Die Einbeziehung der im Rahmen eines freien Dienstvertrags tätigen Personen und der dienst-

nehmerähnlich Beschäftigten in die Pflichtversichenung nach dem Allgemeinen Sozialver-

sichenungsgesetz ist eine Maßnahme zur Verhinderung der Umgehung der Pflichtversicherung

in der Sozialversicherung. Sie war aus sozialpolitischer Sicht angezeigt, da immer häufiger

zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten in der Weise ausgenutzt wurden, daß die

Versicherungspflicht zum Nachteil der betroffenen Dienstnehmer und der

Versichertengemeinschaft umgangen wurde. Die Einbeziehung erfolgte im Interesse des

Schutzes der Solidargemeinschaft der Versicherten und des Einzelnen und um der

Sozialversicherung eine breitere Finanzierungsbasis zu sichern.

Darüber hinaus liegt das Schließen von Lücken im Sozialversicherungsrecht letztlich auch im

Sinn der überwiegenden Anzahl der Betriebe, deren Wettbewerbsnachteile gegenüber Unter-

nehmen, die ihre Arbeiten bislang über unechte Werkverträge vergeben hatten, anstatt ihre

Mitarbeiter korrekt als unselbständig Beschäftigte anzumelden, beseitigt werden.

Zudem wurden durch die Einbeziehung von Werkverträgen in die Sozialversicherung

"Gestaltungsmöglichkeiten" im Pensionsbereich beseitigt, die darin bestanden haben, daß

Mitarbeitern, die ihre "besten" 15 Jahre für die Pensionshöhe schon beisammen hatten,

nahegelegt wurde, weiterhin knapp über der Geringfügigkeitsgrenze von S 3.740,-- (Wert

1 997) monatlich angestellt zu bleiben, den großen "Rest" ihrer Arbeitsleistung jedoch über

einen freien Dienstvertrag abgelten zu lassen. Damit war die hohe Pension gesichert, die

Beiträge im Sinne der Betriebe auf ein Minimum reduziert. Diese Verhaltensweise ist seit 1 .

Juli 1 996 nicht mehr möglich.

Aufgrund der Differenziertheit der Problemstellung kann es sich jedoch nur um eine erste

Maßnahme handeln, der weitere Überlegungen folgen müssen. Daher hat auch der Nationalrat

in einer Entschließung vom 2. Oktober 1996 diese Meinung bestätigt und die Bundesregie-

rung ersucht, unter Einbeziehung von Sozialpartnern und Experten im Rahmen einer Arbeits-

gruppe die Weiterentwicklung des österreichischen Sozialversicherungssystems mit dem Ziel

einer breiten und fairen Einbeziehung einer möglichst großen Bandbreite von Erwerbsein-

kommen von einer gewissen Mindesthöhe bis zur Höchstbeitragsgrundlage sowie einer ein-

heitlichen Sozialversicherung bis Ende 1997 zu erarbeiten.

Die zentralen Ideen der österreichischen Sozialversicherung, insbesondere die Prinzipien der

Pflichtversicherung sowie die Anknüpfung an die Erwerbstätigkeit, werden auch bei neuen

Lösungsansätzen im Zentrum der Überlegungen stehen.