1641/AB XX.GP

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier und Genossen haben an

mich eine schriftliche Anfrage, betreffend Überwachung des Fernmeldeverkehrs, ge-

richtet und folgende Fragen gestellt:

"1. Entsprechen diese (nämlich in der Anfragebegründung erwähnte) "Anforde-

rungen" der österreichischen Rechtslage?

2. Wenn nein, in welchen Rechtsmaterien (z.B. StPO, DSG) nicht?

3. Werden Sie daher Maßnahmen im legistischen Bereich vorschlagen, um eine

Ausgleichung der österreichischen Rechtslage an diese "Anforderungen,' zu

erreichen?

4. Wenn ja, welche Maßnahmen und wann sollen sie realisiert werden?

5. Unterstützen Sie diese Anforderungen und werden Sie mit den für Wissen-

schaft, Verkehr und Kunst und Inneres verantwortlichen Ministern mit dem

Ziel einer Umsetzung der "Anforderungen" gegenüber den Netzbetrei-

bern/Dienste-Anbietern zusammenarbeiten?

6. Wenn ja, sind diesbezügliche Maßnahmen bereits gesetzt worden?,'

Ich beantworte diese Fragen wie folgt:

Zu 1 bis 6:

Das Bundesministerium für Justiz hat schon vor geraumer Zeit mit Sorge wahrge-

nommen, daß die technische Entwicklung auf dem Sektor der Telekommunikation

die operativen Möglichkeiten der Überwachung eines Fernmeldeverkehrs nach den

Bestimmungen der §§ l49a ff. StPO zum Teil überholt hatte. Eine Überwachung von

Mobiltelefonen ist mit den derzeit zur Verfügung stehenden technischen Mitteln -

wenn überhaupt - nur mit hohem Personal- und Kostenaufwand möglich. Überdies

kam es zur Ausgliederung dieses Bereichs aus der Bundesverwaltung, die deshalb

zu Defiziten in den Rechtsgrundlagen führte, weil die geltenden Regelungen sowohl

in der Strafprozeßordnung als auch im Fernmeldegesetz 1993 darauf abstellen, daß

nur Behörden mit der Durchführung einer Telefonüberwachung befaßt sind.

Da die kriminalpolitische Notwendigkeit, den Einsatz dieses Ermittlungsinstruments

weiterhin sicherzustellen, außer Zweifel steht, schlug das Bundesministerium für Ju-

stiz noch vor Veröffentlichung der in der Anfrage genannten Entschließung des Ra-

tes vom 17. Jänner 1995 über die rechtmäßige Überwachung des Fernmeldever-

kehrs (96/C 329/01 ) in der Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes über besonde-

re Ermittlungsmaßnahmen, 49 BlgNR XX. GP, eine Erweiterung der im Fernmelde-

gesetz verankerten Verordnungsermächtigung des Bundesministers für Wissen-

schaft, Verkehr und Kunst vor (Art. VZ1; § 18a FMG). Dadurch soll die Möglichkeit

eröffnet werden, die in der erwähnten Entschließung des Rates aufgezählten techni-

schen Anforderungen für die Erbringer öffentlicher Fernmeldedienste verbindlich

festzulegen. Mit einer solchen Verordnung soll jedem Erbringer öffentlicher Fernmel-

dedienste - unabhängig davon, ob es sich um einen öffentlichen oder einen privaten

Diensterbringer handelt - die Bereithaltung jener Vorrichtungen auferlegt werden

können, die nach dem jeweiligen Stand der Technik für eine Überwachung jeder

Form des Telekommunikationsverkehrs im Sinn der §§ 149a ff StPO erforderlich

sind.

Da sich die erwähnte Regierungsvorlage 49 BlgNR XX. GP noch im Stadium der

parlamentarischen Vorbehandlung befindet und nicht absehbar war, wann eine Be-

schlußfassung im Nationalrat erfolgen wird, regte das Bundesministerium für Justiz

im Begutachtungsverfahren zum Entwurf des Bundesministeriums für Wissenschaft,

Verkehr und Kunst für eine Novelle zum Fernmeldegesetz 1993 mit Stellungnahme

vom 9. Juli 1996 an, die Bestimmungen des Art.V der Regierungsvorlage in diese

Novelle einzuarbeiten. ln der Begründung zu dieser Anregung wurde ausgeführt,

daß es im Hinblick auf die technische Fortentwicklung und die bevorstehende Ver-

gabe einer weiteren GSM-Konzession dringend erforderlich scheine, die weitere An-

wendbarkeit der geltenden Vorschriften über die Überwachung des Fernmeldever-

kehrs sicherzustellen.

In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, daß das Bundesministerium für Justiz

bereits zu dem in der vergangenen Legislaturperiode ausgesandten Entwurf eines

Poststrukturgesetzes mit Stellungnahme vom 25. September 1995 darauf hingewie-

sen hatte, daß nach der Ausgliederung der PTV aus der staatlichen Verwaltung und

ihrer Verselbständigung als unabhängige Aktiengesellschaft unter allen Umständen

die reibungslose und für die betroffenen Ressorts (nämlich die Bundesministerien

für Justiz und für Inneres) finanzierbare Überwachung des Fernmeldeverkehrs nach

den §§ 149a ff. StPO sowie die Übermittlung aller dafür erforderlichen Daten ge-

währleistet bleiben müssen. Es sollte die Verpflichtung der Post- und Telekom

Aktiengesellschaft, die allgemeinen technischen Voraussetzungen für eine Überwa-

chung des Fernmeldeverkehrs zu schaffen und diese der Justiz bzw. den Sicher-

heitsbehörden zur Verfügung zu stellen, klar zum Ausdruck gebracht werden. Ent-

sprechende Textvorschläge wurden der zuständigen Fachsektion des Bundesmini-

steriums für Wissenschaft, Verkehr und Kunst mit weiterem Schreiben des Bundes-

ministeriums für Justiz vom 19. Oktober 1995 übermittelt.

In der Folge wurde jedoch das Poststrukturgesetz als Artikel 95 des Strukturanpas-

sungsgesetzes, BGBl.Nr. 201/1996, ohne Berücksichtigung der vom Bundesministe-

rium für Justiz erstatteten Vorschläge beschlossen. Ich habe deshalb in einem

Schreiben an den damaligen Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst

Dr. Rudolf Scholten vom 26. Juli 1996 neuerlich die Notwendigkeit unterstrichen, im

Fernmelderecht ehestens die erforderlichen Rechtsgrundlagen für die Überwachung

des Fernmeldeverkehrs nach den Bestimmungen der Strafprozeßordnung zu schaf-

fen. Zur Dringlichkeit dieses Anliegens habe ich einerseits auf die von der Anfrage

angesprochene Entschließung des Rates vom 17. Jänner 1995, andererseits auf die

vom Ministerkomitee des Europarates am 11. September 1995 angenommene

Empfehlung Nr. R (95)1 3 über strafverfahrensrechtliche Probleme durch den Ein-

satz von Informationstechnikverwiesen, in deren Punkten III.11 und 12 die Mitglied-

staaten aufgefordert werden, Betreibern von öffentlichen und privaten Netzwerken,

die Telekommunikationsdienste anbieten, die Verpflichtung aufzuerlegen, die erfor-

derlichen technischen Vorkehrungen zur Ermöglichung der Überwachung des Fern-

meldeverkehrs sowie zur Bekanntgabe der Identität der Benutzer dieser Dienste

einzurichten.

In seinem Antwortschreiben verwies Bundesminister Dr. Scholten auf die bevorste-

hende Neuordnung des Telekommunikationswesens durch den Entwurf eines Tele-

kommunikationsgesetzes, in dessen Rahmen auch die dargestellten Anliegen mei-

nes Ressorts berücksichtigt werden sollten. Nach § 1O.3. Abs. 1 des nunmehr vorlie-

genden Ministerialentwurfs eines Bundesgesetzes betreffend die Telekommunika-

tion (Telekommunikationsgesetz - TKG) soll der Betreiber von Telekommunikations-

diensten verpflichtet sein, gemäß einer noch zu erlassenden Verordnung alle Ein-

richtungen bereitzustellen, die zur Überwachung des Fernmeldeverkehrs nach den

Bestimmungen der Strafprozeßordnung erforderlich sind; durch Abs. 2 dieser Be-

stimmung soll der Betreiber ferner verpflichtet werden, im Einzelfall an der Überwa-

chung des Fernmeldeverkehrs im erforderlichen Ausmaß mitzuwirken. Die Anliegen

der in der Anfrage erwähnten Entschließung des Rates sowie des Bundesministe-

riums für Justiz werden dadurch im wesentlichen aufgegriffen, sodaß - die baldige

Erstellung einer Regierungsvorlage und die rechtzeitige parlamentarische Beschluß-

fassung vorausgesetzt - davon ausgegangen kann, daß die entsprechenden

Rechtsgrundlagen noch vor der Ausschreibung bzw. Vergabe eines dritten "GSM-

Netzes" zur Verfügung stehen werden.